Ist vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin ein überwiegend unklarer Antrag gestellt worden mit der Bitte, der Verfassungsgerichtshof möge den zulässigen Inhalt selbst bestimmen, ist die Klage als unzulässig abzuweisen, da das auch im Verfassungsprozess nicht Aufgabe des Gerichts ist. Im Organstreitverfahren muss ein hinreichend klarer Gegenstand zur Prüfung unterbreitet werden.

Mit dieser Begründung hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin in dem hier vorliegenden Fall die Organklage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus gegen den Senat von Berlin abgewiesen. Mit ihrem Antrag wandte sich die Antragstellerin gegen die Weigerung des Senats von Berlin, jährlich Energieberichte nach dem Berliner Energiespargesetz vorzulegen.
In seiner Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin ausgeführt, dass die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof einen überwiegend unklaren Antrag gestellt und den Verfassungsgerichtshof gebeten hat, er möge den zulässigen Inhalt selbst bestimmen. Das ist auch im Verfassungsprozess nicht Aufgabe des Gerichts. Gerade im Organstreitverfahren, in dem der Antragsteller selbst frei disponieren kann, über welche Meinungsverschiedenheiten zwischen Verfassungsorganen das Verfassungsgericht entscheiden soll, muss ein hinreichend klarer Gegenstand zur Prüfung unterbreitet werden. Auch ist es nicht zulässig, ohne besondere Gründe den Streit während des Verfahrens zu erweitern und – wie hier die Antragstellerin mit Art. 44 Abs. 4 der Verfassung von Berlin (VvB) – eine weitere Verfassungsnorm mit anderen Voraussetzungen als verletzt zu rügen. Im Organstreitverfahren ist es ferner unzulässig, vorbeugend gegen ein künftiges Unterlassen (hier: die Weigerung zur Vorlage von jährlichen Energieberichten auch für künftige Jahre) vorzugehen. Daher hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag in erster Linie als unzulässig zurückgewiesen.
Hinsichtlich der Nichtvorlage eines Energieberichts für das Kalenderjahr 2011 hätte der Antrag nach Meinung des Verfassungsgerichtshofs allenfalls als zulässig beurteilt werden können, soweit damit eine Verletzung von Art. 40 und Art. 50 Abs. 1 Satz 1 VvB geltend gemacht wurde. Auch mit diesem Inhalt hätte der Antrag jedoch keinen Erfolg haben können. Zwar setzt eine wirksame Wahrnehmung parlamentarischer Kontrolle voraus, dass die Regierung ihren gesetzlichen Berichtspflichten nachkommt. Im Organstreitverfahren können aber nur verfassungsrechtlich verankerte Berichtspflichten durchgesetzt werden. Die allgemeinen Rechte der Fraktionen nach Art. 40 VvB begründen keine Berichtspflicht des Senats, sie beschränken sich auf den innerparlamentarischen Raum und erfassen nicht das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Auch Art. 50 Abs. 1 VvB ist nicht verletzt. Danach unterrichtet der Senat das Abgeordnetenhaus frühzeitig und vollständig über alle in seine Zuständigkeit fallenden „Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung“. Dazu zählen die nach § 16 Berliner Energiespargesetz jährlich rückblickend auf der Grundlage des Landesenergieprogramms zu erstattenden Energieberichte nicht.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Urteil vom 11. April 2014 – VerfGH 134/12