Notarztfahrzeug als Mietfahrzeug

Ein Autovermieter erhält für ein Fahrzeug, das als Notarzteinsatzfahrzeug vermietet werden soll, keine Zulassung. Nach §§ 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO darf ein Notarzteinsatzfahrzeug mit Blaulichtanlage und Signalhorn nur auf einen Träger oder Betrieb des Rettungsdienstes selbst, nicht aber als Vermietfahrzeug auf einen gewerblichen Autovermieter unter der Maßgabe zugelassen werden, dass eine Nutzung nur durch anerkannte Organisationen und Einheiten des Rettungsdienstes erfolgen dürfe.

Notarztfahrzeug als Mietfahrzeug

Nach § 5 Abs. 1 FZV kann die Zulassungsbehörde, sofern sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach dieser Verordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erweist, dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.

Im zu entscheidenden Fall des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ist das streitgegenständliche Fahrzeug des Klägers (ein Autovermieter) nicht vorschriftsmäßig nach den Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Denn das Fahrzeug besitzt entgegen § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO eine Blaulichtanlage und entgegen § 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO ein Signalhorn.

Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO dürfen Einsatz- und Kommando-Kraftfahrzeuge der Feuerwehren und der anderen Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes mit einer oder mehreren Kennleuchten für blaues Blinklicht (Rundumlicht) ausgerüstet sein.

Bei dem Fahrzeug des Klägers handelt es sich bei seiner Verwendung als Notarzteinsatzfahrzeug um ein Einsatzfahrzeug im Sinne dieser Norm. So hat bereits das Verwaltungsgericht1, gestützt auf die amtliche Begründung zur 15. Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 22. Juni 19882, zutreffend ausgeführt, dass ein Notarzteinsatzfahrzeug, das im „Rendezvous-System“ einen Notarzt bei Einsätzen zur Unfallstelle transportiert, ein Einsatzfahrzeug im System der Notfallrettung ist.

Das Fahrzeug ist aber kein Notarzteinsatzfahrzeug (einer Einheit) des Rettungsdienstes. Der Kläger ist als privater Autovermieter selbst nicht Teil des Rettungsdienstes oder ein Rettungsdienst, da er nicht an der Notfallrettung oder dem Krankentransport im Sinne der §§ 1, 6 ff. des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes3 teilnimmt. Zu den Einheiten des (öffentlichen) Rettungsdienstes in Hamburg gehört allerdings das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. Das Bundeswehrkrankenhaus ist außerhalb seines Sanitätsdienstes für die Bundeswehr, auf den das Hamburgische Rettungsdienstgesetz keine Anwendung findet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HmbRDG), in Hamburg aufgrund einer mit der Feuerwehr Hamburg getroffenen Vereinbarung nach § 8 HmbRDG mit Aufgaben im Rettungsdienst im zivilen Bereich Notfallrettung und Krankentransport betraut und in diesem Rahmen von der Genehmigungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 HmbRDG ausgenommen.

Das Oberverwaltungsgericht sieht das Fahrzeug des Klägers nach dem maßgeblichen konkret-institutionellen Begriff des Rettungsdienstes weder bei einer dauerhaften noch bei einer sporadischen Vermietung an das Bundeswehrkrankenhaus als ein Fahrzeug „des Rettungsdienstes“ an, das regelhaft mit einer Blaulichtanlage zugelassen werden darf. In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung hält das Berufungsgericht vielmehr an seiner Auslegung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO fest, wonach eine konkrete organisatorische Einbindung des Einsatzfahrzeugs nach landesrechtlichen Vorgaben in den Betrieb eines Rettungsdienstes gegeben sein muss4, die nur bei einer Haltereigenschaft des Rettungsdienstes besteht.

Dagegen ist eine abstrakt-funktionale Betrachtungsweise, nach der es ausreicht, dass das Blaulichtfahrzeug als Vermietfahrzeug für den Einsatz eines zugelassenen Rettungsdienstes vorgesehen ist, in keinster Weise mit den geltenden Bestimmungen des Straßenverkehrszulassungsrechts in Einklang zu bringen; im Gegensatz zu einer konkret-funktionale Auslegung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO, die auf den tatsächlichen Schwerpunkt der Nutzung des Fahrzeugs im Einzelfall abstellt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Verordnungsgeschichte, dem Sinn und Zweck der Vorschrift und der Systematik.

Das Erfordernis der regelmäßig nötigen Haltereigenschaft des Rettungsdienstes nach dem konkret-institutionellen Begriff des Rettungsdienstes stellt auch keinen Verstoß gegen die Berufsfreiheit des Klägers nach Art. 12 Abs. 1 GG dar. Die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Klägers kann eine funktionale Auslegung über den Wortlaut der Norm hinaus und entgegen dem Willen des Verordnungsgebers nicht rechtfertigen. Raum für eine verfassungskonforme Auslegung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO besteht insoweit nicht.

§ 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO verletzt mit dem festgestellten Regelungsgehalt Art. 12 Abs. 1 GG nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers erkennt das Berufungsgericht in der gebotenen restriktiven Auslegung des § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO keine unzulässige objektive Berufszulassungsbeschränkung für die privaten Vermieter von Sonderkraftfahrzeugen. Ein selbständiger Beruf des Vermieters von Sonderkraftfahrzeugen existiert nicht. Gegeben ist eine Berufsausübungsregelung, da private Autovermieter nach § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVZO nur diese Fahrzeuge regelhaft nicht zulassen und vermieten dürfen, da sie kein Rettungsdienst sind. Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung müssen durch vernünftige Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt sein. Die oben beschriebenen Erwägungen des Verordnungsgebers, die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge mit Sonderrechtsanlagen möglichst gering zu halten, um die Akzeptanz der Blaulichteinsätze in der Bevölkerung nicht zu schwächen und um das Risiko des Fehlgebrauchs und des Missbrauchs zu verringern, sind wegen des Schutzgutes der Gesundheit der Verkehrsteilnehmer auf die Wahrnehmung vernünftiger Gemeinwohlinteressen gerichtet. Hinzu kommt, dass die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO eine Möglichkeit vorsieht, der Berufsfreiheit der privaten Autovermieter in Abwägung mit den öffentlichen Interessen im Ausnahmewege Rechnung zu tragen.

Nach Meinung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts verstößt auch die Ausstattung des klägerischen Fahrzeugs mit einem Signalhorn gegen § 5 Abs. 1 FZV. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 StVZO müssen Kraftfahrzeuge, die auf Grund des § 52 Abs. 3 StVZO Kennleuchten für blaues Blinklicht führen, mit mindestens einer Warneinrichtung mit einer Folge von Klängen verschiedener Grundfrequenz (Einsatzhorn) ausgerüstet sein. § 55 Abs. 3 Satz 3 StVZO bestimmt, dass andere als die in Satz 1 genannten Kraftfahrzeuge mit einem Einsatzhorn nicht ausgerüstet sein dürfen. Da das Fahrzeug des Klägers – wie oben dargestellt – nicht mit einer Blaulichtanlage ausgestattet sein darf, ist auch der Einbau des Signalhorns nicht vorschriftsmäßig. Denn auch diesbezüglich besitzt er keine Ausnahmegenehmigung.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 02. November 2010 – 3 Bf 82/09

  1. VG Hamburg, Beschluss v. 22.12.2008 – 15 E 1663/08[]
  2. VkBl 1988 S. 450, 474[]
  3. HmbRDG,v. 09.06.1992, HmbGVBl. S. 17 m. Änd.[]
  4. OVG Hamburg, Beschluss v. 24.05.2006, NordÖR 2006, 408; ebenso OVG Saarlouis, Beschluss v. 29.08.2006 – 1 Q 12/06; OVG Bremen, Urteil v. 21.01.2001 – 1 A 361/00; OVG Münster, Urteil v. 12.05.2000 – 8 A 2698/99[]