Ordnungsbehördliche Notbestattung

Nach dem Landesrecht Schleswig Holsteins sind die Rechte der Gemeinde im Falle eines säumigen Bestattungspflichtigen auf die Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug beschränkt.

Ordnungsbehördliche Notbestattung

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG liegen auch dann vor, wenn zwar die gemäß § 13 ABs. 2 Satz 1 BestattG Bestattungspflichtigen – etwa aufgrund entsprechender Ermittlungen – bekannt sind, diese ihrer Pflicht jedoch nicht innerhalb der gem. § 16 Abs. 3 BestattG für eine Urnenbeisetzung geltenden Frist nachgekommen sind. In einem solchen Fall hat die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde entsprechend §§ 230 und 238 des Landesverwaltungsgesetzes für die Bestattung zu sorgen.

Diese gesetzliche Formulierung führt dazu, dass die Gemeinde auch bei Vorhandensein eines Bestattungspflichtigen ihn zur Wahrnehmung seiner Pflicht nicht mit Bescheid verpflichten, sondern die gemeindlichen Befugnisse bei dessen Weigerung darauf beschränkt sind, die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen und dann die Kosten dem an sich Bestattungspflichtigen auferlegen zu dürfen.

Die Frage, ob im Falle des unbestatteten Leichnams die im Bestattungsgesetz benannte Behörde lediglich in den dort ausdrücklich vorgesehenen Formen oder aber auch mit dem Mittel der verpflichtenden Ordnungsverfügung handeln darf, wird in der bestattungsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Umstritten ist bereits, wie diese in den Bestattungsgesetzen enthaltenen Bestimmungen zu den Regeln des Allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts stehen, ob hier die speziellen Normen die allgemeinen verdrängen oder wie sie sich sonst zueinander verhalten. Dabei ist zu beachten, dass die Rechtslandschaften der einzelnen Bundesländer unterschiedliche rechtliche Konstruktionen zur behördlichen Ersatzbestattung vorsehen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Verfahrensabläufe, die einzuhaltenden Vorgehensschritte und das einzusetzende Instrumentarium.

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Einige Bundesländer wie Berlin (§16 Abs. 3 BestattG), Brandenburg (§ 20 Abs. 2 BbgBestG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 9 Abs. 3 BestattG M-V), Nordrhein-Westfalen (§ 8 Abs. 1 BestattG), Rheinland-Pfalz (§ 9 i.V.m. § 19 Nr. 5 BestattG) weisen für diese Fälle die Zuständigkeit den örtlichen Ordnungsbehörden zu und verweisen auch mit Blick auf die materiell-rechtliche Ausformung, den verfahrensrechtlichen Anforderungen und vor allem auch hinsichtlich des rechtlichen Instrumentariums auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht. Dies erscheint bereits deshalb als zweckmäßig, weil die Nichtbefolgung einer bestehenden Bestattungspflicht nach den Bestattungsgesetzen den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, damit im polizeirechtlichen Sinne eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellt und damit der Tatbestand verwirklicht wird, der nach der polizeirechtlichen Generalklausel zum Einschreiten der örtlichen Polizeibehörde berechtigt.

Einige andere Bundesländer – Baden-Württemberg in § 31 Abs. 2 BestattG, das Saarland in § 26 Abs. 2 BestattG und nach einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen auch Sachsen in § 10 Abs. 3 BestattG – weisen die Zuständigkeit zur Aufgabenwahrnehmung durch besondere Regelung zwar auch der örtlichen Polizeibehörde zu, enthalten auf der Sekundärebene, also auf der Stufe der Kostenerstattung durch den Bestattungspflichtigen jedoch eigenständige Regelungen.

In Bayern sind die Gemeinden und die Landratsämter als staatliche Verwaltungsbehörden gem. Art. 14 Abs. 1 BestG befugt, bei Nichtbeachtung der bestattungsrechtlichen Vorschriften die erforderlichen Anordnungen für den Einzelfall zu treffen. In Eilfällen darf gem. Abs. 2 unmittelbar eingeschritten werden. In Niedersachsen hat in den Fällen, in denen niemand für die Bestattung sorgt, gem. § 8 Abs. 4 BestattG die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde die Bestattung zu veranlassen. Sachsen-Anhalt bestimmt in § 14 Abs. 2 Satz 2, dass in dem Falle, in dem ein Bestattungspflichtiger nicht vorhanden, nicht bekannt oder nicht zu ermitteln ist und kein anderer die Bestattung veranlasst, die Gemeinde des Sterbeortes dafür zu sorgen hat.

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Schleswig-Holstein hat in seinem § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG allerdings eine Formulierung gewählt, die in den Bestattungsgesetzen der anderen Bundesländer kein Vorbild hat, und bestimmt, dass die Gemeinde bei Erfüllung des Tatbestandes „entsprechend §§ 230 und 238 des Landesverwaltungsgesetzes“ für die Bestattung zu sorgen hat. Mit dieser Regelung werden die Befugnisse auf ein Handeln im Wege einer Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug, d.h. ohne vorausgegangenen (Grund-)Verwaltungsakt begrenzt. Der so gefasste Wortlaut der Regelung lässt es nicht zu, die Rechtsprechung z.B. des OVG Niedersachsen auf das schleswig-holsteinische Recht zu übertragen, nach der der dortige Gesetzgeber mit den Regelungen in § 8 Abs. 4 NBestG die generell eröffnete Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung ordnungsrechtlicher Pflichten der Bestattungspflichtigen nicht beschränken wollte1. Anders als in allen anderen Bundesländern verbietet die in Schleswig-Holstein formulierte Vorschrift mit dem (Rechtsfolgen-) Verweis auf die §§ 230 und 238 LVwG die Deutung, dass eine andere Maßnahme als die Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug statthaft sein solle.

Gegen diese Regelung mag eingewandt werden können, dass Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit es angezeigt sein ließen, auf den säumigen Bestattungspflichtigen zunächst durch Ordnungsverfügung einzuwirken zu versuchen, statt ihm das Bestimmungsrecht über die Bestattungsmodalitäten sofort aus der Hand zu nehmen und ihn auf den Rechtsschutz gegen die Maßnahmen auf der Sekundärebene zu verweisen. Darauf kommt es angesichts der Gesetzeslage jedoch nicht entscheidungserheblich an.

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Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig -Holstein, Urteil vom 27. April 2015 – 2 LB 10/14

  1. Nds. OVG, Urteil vom 10.11.2011 – 8 LB 238/10, NdsVBl 2012, 74 = NordÖR 2012, 146 = FamRZ 2012, 1093[]