Alternative Urteilsgründe – und die Berufungsbegründung

Mit den Anforderungen an eine Berufungsbegründung hatte sich der Bundesgerichtshof jetzt für den Fall zu befassen, dass das Ersturteil auf zwei selbständig tragende Erwägungen gestützt ist:

Alternative Urteilsgründe – und die Berufungsbegründung

Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet1.

Jedoch bestehen grundsätzlich nicht besondere formale Anforderungen für die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit ergeben (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

Gleiches gilt für die Bezeichnung der konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO). Insbesondere ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsklägers schlüssig, hinreichend substantiiert und rechtlich haltbar sind.

Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, lediglich auf das Vorbringen in der ersten Instanz zu verweisen. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche und weshalb der Berufungskläger bestimmte Punkte des angefochtenen Urteils bekämpft2.

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Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig3.

Diesen Anforderungen genügt eine Berufungsbegründung, wenn sie sich mit beiden die Klageabweisung tragenden Erwägungen des Erstgerichts verfahrensrechtlich ordnungsgemäß auseinandersetzt. Dabei muss Insoweit der Kläger keine inhaltliche Trennung nach den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung vornehmen4.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Juli 2016 – IX ZB 104/15

  1. BGH, Beschluss vom 04.11.2015 – XII ZB 12/14, NJW-RR 2016, 80 Rn. 6; vom 10.12 2015 – IX ZB 35/15, ZInsO 2016, 410 Rn. 7[]
  2. BGH, Beschluss vom 20.10.2015 – VI ZB 18/15, NJW-RR 2015, 1532 Rn. 8; vom 10.12 2015, aaO[]
  3. BGH, Beschluss vom 23.10.2012 – XI ZB 25/11, NJW 2013, 174 Rn. 11[]
  4. BGH, Urteil vom 13.11.2001 – VI ZR 414/00, NJW 2002, 682, 683; Beschluss vom 17.10.2013 – V ZB 28/13, Rn. 8[]