Die Ankündigung der Rücksendung – als Widerrufserklärung

Eine Widerrufserklärung muss nach § 355 Abs. 1 Satz 4 BGB nicht mit Gründen versehen sein; ihr muss allerdings nach § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung eindeutig entnommen werden können.

Die Ankündigung der Rücksendung – als Widerrufserklärung

Die Auslegung einer Individualerklärung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten und darf revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt worden sind, wesentlicher Auslegungsstoff unbeachtet geblieben ist oder die Auslegung auf von der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht1.

Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht hier nicht unterlaufen. Die EMail vom 09.12 2014 ist als empfangsbedürftige Willenserklärung aus der Sicht des Empfängers (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Die an diesem Maßstab ausgerichtete Annahme des Berufungsgerichts, die Verkäuferin habe die Erklärung so verstehen müssen, dass der Käufer nicht habe an dem Vertrag festhalten wollen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, dass sich der Erklärungstatbestand vorliegend in der Ankündigung der Rücksendung der Ware erschöpft. Denn die Rücksendung der Ware hätte nach Auffassung der Revision auch den Grund einer erbetenen Mangelüberprüfung haben können, so dass der Erklärungsinhalt nicht eindeutig im Sinne eines Widerrufs zu verstehen sei. Damit setzt sie indes revisionsrechtlich unbehelflich nur die von ihr erstrebte Auslegung der Erklärung an die Stelle derjenigen, die das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung vorgenommen hat. Abgesehen davon bietet die EMail für ein auf eine Mängelrüge hindeutendes Verständnis der Erklärung keinen Anlass. Von einem Mangel ist dort ebenso wenig die Rede wie von einer fehlenden Gebrauchstauglichkeit. Auch ist nicht festgestellt, dass der Käufer gegenüber der Verkäuferin Mängelrügen erhoben hätte, auf die die EMail dann gegebenenfalls stillschweigend hätte Bezug nehmen können. Übergangenen Sachvortrag, der ihr Verständnis des Inhalts der EMail stützen könnte, zeigt die Revision nicht auf.

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Da ein weiterer Anlass, die Matratze zurückzusenden, nicht ersichtlich ist, liegt es vielmehr nahe, die Wendung „…ich muss die Matratze aus der Bestellung 1. leider an Sie zurücksenden“ als Widerruf der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung zu verstehen, zumal für die Annahme eines Widerrufswillens keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB, nach der aus der Erklärung des Verbrauchers sein Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgehen muss, bedeutet nicht, dass der Widerruf ausdrücklich als solcher bezeichnet werden muss2. Auch die Verkäuferin selbst hat, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, die EMail des Käufers als Widerruf aufgefasst. Ein Verstoß gegen Denkgesetze, wie ihn die Revision dem Berufungsgericht in diesem Begründungskontext unterstellt, liegt in der Wertung nicht. Denn die in der Antwortmail vom 10.12 2014 aufgeworfenen Fragen nach dem neuwertigen Zustand und nach der noch vorhandenen Verpackung der Matratze lassen sich nur dadurch erklären, dass die Verkäuferin die Erklärung des Käufers als Widerruf und nicht als Mangelrüge verstanden hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Juli 2019 – VIII ZR 194/16

  1. st. Rspr.; BGH, Urteile vom 12.10.2016 – VIII ZR 55/15, NJW 2017, 878 Rn. 35; vom 10.06.2015 – VIII ZR 99/14, NJW 2015, 2324 Rn. 13; jeweils mwN[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 02.05.2007 XII ZR 109/04, NJW 2007, 2110 Rn. 28; vom 21.10.1992 – VIII ZR 143/91, NJW 1993, 128 unter – II 2 b; jeweils mwN[]
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