Die unvorgesehen Erkrankung des Rechtsanwalts

Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. An einer schuldhaften Fristversäumung fehlt es nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte; dies ist glaubhaft zu machen1.

Die unvorgesehen Erkrankung des Rechtsanwalts

Ein Rechtsanwalt, der die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss er sich aber auch in diesem Fall nur durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Er ist daher selbst dann, wenn er eine Frist bis zum letzten Tag ausschöpfen will, nicht gehalten, für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung vorsorglich einen Vertreter zu bestellen2.

Auch bei einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Rechtsanwalt aber alle ihm dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen3. Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertigt für sich genommen deshalb eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehlt es an einem dem Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte4. Auch dies ist glaubhaft zu machen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – XII ZB 257/14

  1. im Anschluss an BGH Beschluss vom 07.03.2013 – I ZB 67/12 NJW-RR 2013, 1011[]
  2. BGH Beschlüsse vom 07.03.2013 – I ZB 67/12 , NJW-RR 2013, 1011 Rn. 7; und vom 18.09.2008 – V ZB 32/08 , FamRZ 2008, 2271 Rn. 9, jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 05.03.2014 – XII ZB 736/12 , FamRZ 2014, 829 Rn. 9; und vom 07.08.2013 – XII ZB 533/10 , FamRZ 2013, 1722 Rn. 10[]
  3. BGH Beschlüsse vom 07.03.2013 – I ZB 67/12 , NJW-RR 2013, 1011 Rn. 8; und vom 18.09.2008 – V ZB 32/08 , FamRZ 2008, 2271 Rn. 12[]
  4. BGH Beschluss vom 07.03.2013 – I ZB 67/12 , NJW-RR 2013, 1011 Rn. 8; Musielak/Grandel ZPO 11. Aufl. § 233 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 05.03.2014 – XII ZB 736/12 , FamRZ 2014, 829 Rn. 9[]