Das Gebot des fairen Verfahrens (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, Art.20 Abs. 3 GG) verbietet es, einer Partei nach Versäumung einer Rechtsmittelfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflicht zu versagen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen konnte1.

Nach ständiger Rechtsprechung war ein Zivilgericht bis zum Inkrafttreten des § 232 ZPO am 1.01.2014 nicht gehalten, eine nicht anwaltlich vertretene Prozesspartei nach Erlass einer für sie nachteiligen Entscheidung über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten und deren Erfordernisse zu unterrichten.
Vielmehr war es Sache der Partei, sich nach Form und Frist der Anfechtung zu erkundigen2.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – IX ZB 63/13
- vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f; vom 13.05.2003 – VI ZB 76/02, VersR 2003, 1458, 1459; vom 13.09.2005 – VI ZB 19/05, NJW-RR 2005, 1726, 1727[↩]
- vgl. BVerfG, NJW 1995, 3173, 3175; BGH, Beschluss vom 19.03.1997 – XII ZB 139/96, NJW 1997, 1989; vom 13.09.2005, aaO; Münch-Komm-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 233 Rn. 33; Musielak/Grandel, ZPO, 11. Aufl., § 233 Rn. 43[↩]