Fristenkontrolle bei der Aktenvorlage

Werden dem Rechtsanwalt zur Abfassung der Beschwerdebegründung die Handakten vorgelegt, hat er auch zu prüfen, ob die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden ist.

Fristenkontrolle bei der Aktenvorlage

Die Kontrolle, ob die Rechtsmittelschrift innerhalb der gesetzlichen Frist beim Rechtsmittelgericht eingegangen ist, stellt mit der Vorlage der Handakten an den Anwalt zur Vorbereitung oder Durchführung einer fristgebundenen Prozesshandlung keine routinemäßige Büroarbeit mehr dar, sondern erfordert die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für das beabsichtigte oder bereits eingelegte Rechtsmittel, die in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts fällt1. Diese Prüfung beschränkt sich, wenn die Akten beispielsweise zur Abfassung der Berufungsbegründung vorgelegt werden, nicht auf die Kontrolle, ob die hierfür laufende Frist noch gewahrt ist. Da dies nur eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist, hat sich der Rechtsanwalt auch zu vergewissern, dass schon zuvor die Berufung rechtzeitig eingelegt worden war2. Dadurch, dass nunmehr gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nF die Berufungsbegründungsfrist mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten erstinstanzlichen Urteils beginnt, hat sich an der Pflicht des Rechtsanwalts, die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Berufung insgesamt zu prüfen, wenn ihm die Handakten zur Fertigung der Berufungsbegründung vorgelegt werden, nichts geändert3.

Diese Grundsätze gelten auch für die hier in Rede stehende Anfertigung einer Beschwerdebegründung. Auch hierfür hat der Anwalt vor Abfassung der Begründung den Inhalt seiner Handakte durchzuarbeiten und ist daher in der Lage, den Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses, der mit der Beschwerde angefochten wird, festzustellen. Bei der weiteren Durchsicht der Akte kann er die – regelmäßig kurz hinter der Durchschrift der Beschwerdeschrift abgeheftete – Mitteilung des Amtsgerichts oder Beschwerdegerichts über deren Eingang ohne weiteres in den Blick nehmen4. Im Übrigen ergibt sich die Prüfungspflicht des Anwalts auch daraus, dass er gehalten ist, seinen Mandanten von der Durchführung eines aussichtslosen Rechtsmittels abzuraten5.

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Gesamtschuldnerische Haftung - und die Nebenintervention

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Dezember 2013 – IX ZB 291/11

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 25.05.1994 – XII ZB 57/94, VersR 1995, 69, 70; vom 21.03.1990 – XII ZB 131/89, VersR 1991, 119, 120; vom 16.10.2008 – III ZB 31/08, NJW 2008, 3706 Rn. 8[]
  2. BGH, Beschluss vom 25.05.1994, aaO; vom 16.10.2008, aaO[]
  3. BGH, Beschluss vom 16.10.2008, aaO Rn. 9[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 16.10.2008, aaO Rn. 10[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 18.04.1958 – IV ZB 44/58, MDR 1958, 496, 497; Urteil vom 17.04.1986 – IX ZR 200/85, BGHZ 97, 372, 376; vom 26.09.2013 – IX ZR 51/13, WM 2014, 89 Rn. 11[]