In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass eine im Original unterzeichnete Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift, die eingescannt und im Anhang einer elektronischen Nachricht als PDF-Datei übermittelt wird, in schriftlicher Form erst bei Gericht eingereicht ist, sobald dem Gericht ein Ausdruck der den vollständigen Schriftsatz enthaltenden PDF-Datei vorliegt.

Denn erst der Ausdruck erfüllt die Schriftform, weil durch ihn die Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift in einem Schriftstück verkörpert wird und dieses mit der Unterschrift des Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten abgeschlossen wird.
Dass die Unterschrift nur in Kopie wiedergegeben ist, ist entsprechend § 130 Nr. 6 Alt. 2 ZPO unschädlich, weil der im Original unterzeichnete Schriftsatz elektronisch übermittelt und von der Geschäftsstelle entgegengenommen worden ist1.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Übermittlung einer Rechtsmittelschrift per Telefax herleiten. Danach kommt es für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes zwar allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind2. Diese Rechtsprechung kann jedoch auf die Übermittlung einer E-Mail mit einem eingescannten Schriftsatz, die die Voraussetzungen für ein elektronisches Dokument nach § 130a ZPO nicht erfüllt, nicht übertragen werden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 08.05.2019 Bezug genommen3.
Der Berufungskläger trägt die Beweislast dafür, dass seine Berufungsbegründungsschrift rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist4. Dabei erbringt gemäß § 418 Abs. 1 ZPO der gerichtliche Eingangsstempel den vollen Beweis für einen an diesem Tag erfolgten Eingang der Berufungsbegründung5.
Ein auf den Ausdrucken der E-Mail und der Berufungsbegründung als deren Anhang angebrachte Eingangsstempel mit dem Vermerk „- per E-Mail -“ und dem Datum „05.SEP.2019“ beweist nicht gemäß § 418 Abs. 1 ZPO, dass – wie erforderlich – die Berufungsbegründung dem Berufungsgericht am 5.09.2019 in ausgedruckter Form zugegangen ist. Der Stempel beweist vielmehr lediglich einen Eingang der Dokumente am 5.09.2019 „- per E-Mail -„. Zum Zeitpunkt ihres Ausdrucks verhält er sich dagegen nicht6.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – III ZB 31/20
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 08.05.2019 – XII ZB 8/19, NJW 2019, 2096 Rn. 12; vom 04.11.2014 – II ZB 25/13, NJW 2015, 1027 Rn. 17; vom 04.12.2008 – IX ZB 41/08, NJW-RR 2009, 357 Rn. 9 f; und vom 15.07.2008 – X ZB 8/08, NJW 2008, 2649 Rn. 12 f; BAG, NZA 2013, 983 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 25.04.2006 – IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 Rn. 16 ff; und vom 15.07.2008 aaO Rn. 11 mwN[↩]
- aaO Rn. 14 ff; zustimmend Bacher, MDR 2019, 851, 852; Degen, LMK 2009, 276151; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 519 Rn. 18a; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl., § 519 Rn. 29[↩]
- Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 520 Rn. 4 mwN; vgl. zur Beweislast betreffend die Einhaltung der Berufungsfrist BGH, Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZB 39/19, NJW-RR 2020, 499 Rn. 13[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2020 aaO zum Eingang der Berufungsschrift[↩]
- vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation BAG, NZA 2013, 983 [Eingangstempel vom 29.11.2012; Ausdruck der E-Mail am 30.11.2012][↩]
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