Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO entfällt nicht durch den Erlass eines Teil- oder Endschiedsspruchs1.

Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden, § 1032 Abs. 2 ZPO.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 1040 ZPO) weder mit dem Erlass eines Teilschiedsspruchs noch mit dem Erlass eines Endschiedsspruchs.
An der abweichenden Auffassung des zuvor für die Rechtsstreitigkeiten über Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche zuständigen III. Zivilsenats hat der nunmehr für diese Rechtsstreitigkeiten zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht festgehalten2. Maßgeblich dafür waren Gründe der Verfahrensökonomie und des Interesses der Beteiligten, die auf das gerichtliche Verfahren über den Zwischenentscheid aufgewandten Kosten und Mühen nicht weitgehend zu entwerten, die nach Ansicht des Bundesgerichtshofs größeres Gewicht haben als die gegen eine Fortführung des Verfahrens nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestehenden Bedenken.
Ein etwaiger Konflikt zwischen einer früheren Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache und einer späteren die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneinenden Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts kann dadurch aufgelöst werden, dass das Oberlandesgericht den Endschiedsspruch auf einen entsprechenden Antrag einer Partei nach § 1059 Abs. 1 und 2 ZPO aufhebt2.
Auch im Fall eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 1032 ZPO) ist keine abweichende Beurteilung geboten.
Die Gegenansicht meint, die vom Bundesgerichtshof für die Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses bei zwischenzeitlichem Erlass eines Schiedsspruchs angeführten Gründe der Verfahrensökonomie und des Interesses der Beteiligten, aufgewandte Kosten und Mühen nicht zu entwerten, könnten nur gelten, wenn Ausgangspunkt für den Zwischenstreit die Entscheidung des Schiedsgerichts nach § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO sei. Bei einer Zuständigkeitsrüge nach § 1040 Abs. 2 Satz 1 ZPO habe das Schiedsgericht die Möglichkeit, einen Zwischenentscheid zu treffen (§ 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO) oder über die Rüge erst im Schiedsspruch zu befinden. Dabei werde das Schiedsgericht die gegenseitigen Interessen der Schiedsparteien abwägen und das Interesse des Schiedsklägers berücksichtigen, finanzielle Einbußen durch eine längere Verfahrensdauer zu vermeiden. Demgegenüber liege es bei einem Feststellungsantrag gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO allein in der Hand des Schiedsbeklagten, das Verfahren zu verzögern.
Dieser Sichtweise kann nicht zugestimmt werden. Berechtigten Interessen des Schiedsklägers, ungerechtfertigte Verzögerungen des Schiedsverfahrens zu vermeiden, trägt die Bestimmung des § 1032 Abs. 3 ZPO Rechnung. Sie ermöglicht es dem Schiedsgericht, das Schiedsverfahren ungeachtet eines Feststellungsantrags vor dem staatlichen Gericht gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zu betreiben und durch Schiedsspruch abzuschließen. In jedem Fall muss es dem Schiedsbeklagten aber möglich sein, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung von einem staatlichen Gericht nachprüfen zu lassen. Ist ein entsprechendes Verfahren bereits beim Oberlandesgericht oder Rechtsbeschwerdegericht anhängig, wird diese Frage regelmäßig schneller durch Fortsetzung dieses Verfahrens zu klären sein als in einem erst nach Erlass des Schiedsspruchs eingeleiteten Aufhebungsverfahren. Die Grundsätze der Verfahrensökonomie sprechen daher im Fall des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht weniger als im Fall des § 1040 ZPO gegen einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nach Erlass des Schiedsspruchs. Dasselbe gilt für die von den Parteien aufgewandten Kosten und Mühen. Ebenso wie im Fall des § 1040 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO beginnt die Frist für den Aufhebungsantrag bei einer abschließenden Entscheidung nach § 1032 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Gerichts empfangen hat.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Mai 2017 – I ZB 75/16