Hat sich der Nutzer eines sozialen Netzwerks mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklärt, muss er sich daran auch halten, wenn sie weder gegen das Transparenzverbot noch gegen den Grundsatz der Meinungsfreiheit verstoßen. Für Hassreden muss das Netzwerk auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit nicht zur Verfügung gestellt werden.

Mit dieser Begründung hat das Landgericht Koblenz in dem hier vorliegenden Fall die Klage eines Nutzers abgewiesen, der sich gegen seine Sperrung gewehrt hat. Der Kläger ist Nutzer eines sozialen Netzwerks der Beklagten. Diese änderte im Jahr 2018 ihre Nutzungsbedingungen, denen der Kläger per Mausklick zustimmte, um den Dienst der Beklagten weiter nutzen zu können. Die Beklagte entfernte in der Folgezeit zunächst zwei politisch motivierte gegen Menschen mit Migrationshintergrund gerichtete Posts wegen Verstoßes gegen diese Nutzungsbedingungen, weil sie von ihr als Hassrede eingestuft wurden und sperrte das Konto für bestimmte Funktionen. Nach weiteren ähnlich gelagerten Posts, die die Beklagte ebenfalls als Hassrede einstufte, entfernte sie die durch den Kläger betriebene Seite und sperrte das private Profil des Klägers zweimal vorläufig für 30 Tage. Der Kläger hält die Nutzungsbedingungen für unwirksam und die Löschung sowie Sperrung für rechtswidrig. Er klagt deshalb auf Freischaltung und Wiederherstellung der Seite.
In seiner Urteilsbegründung hat das Landgericht Koblenz ausgeführt, dass der Kläger durch die Registrierung im sozialen Netzwerk einen Vertrag mit der Beklagten unter Einschluss der Nutzungsbedingungen geschlossen hat. Es gelten auch die aktuellen (verschärften) Nutzungsbedingungen zur „Hassrede“, nachdem der Kläger durch Bestätigung per Mausklick diesen zugestimmt hat. Daran ändert nichts, dass dem Kläger keine andere Möglichkeit als die Bestätigung geblieben ist, wenn er sein Konto weiter nutzen wollte. Ihm wäre nämlich die Nutzung eines anderen sozialen Netzwerks ebenso möglich gewesen wie der völlige Verzicht auf die Nutzung eines solchen Netzwerks, da die Pflege von Beziehungen mit Freunden auch offline möglich ist.
Nach Ansicht des Landgerichts Koblenz handelt es sich bei den Nutzungsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die auch nicht gegen das für AGB geltende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB verstoßen. Außerdem hat das Landgericht die Nutzungsbedingungen als in einfacher Sprache gefasst und leicht verständlich eingestuft, insbesondere werde auch detailliert erläutert, was die Beklagte unter „Hassrede“ versteht. Es werde weiterhin deutlich, dass nicht nur strafbare Äußerungen unter „Hassrede“ fallen.
Darüber hinaus sieht das Landgericht in diesem Zusammenhang keine Notwendigkeit, in den Nutzungsbedingungen an jeden Verstoß eine konkrete Rechtsfolge zu knüpfen. Das Landgericht akzeptiert hier einen Spielraum der Beklagten, da diese sich nach ihren Nutzungsbedingungen bei ihrer Entscheidung nicht nur an dem einzelnen Verstoß des Nutzers orientiert, sondern auch das vorherige Nutzungsverhalten des Nutzers bei der Entscheidung berücksichtigt.
Nach Auffassung des Landgerichts Koblenz verstoßen die Nutzungsbedingungen auch nicht gegen den Grundsatz der Meinungsfreiheit, da dieser das virtuelle Hausrecht der Beklagten gegenüber steht. Der Beklagten muss ein solches virtuelles Hausrecht zugestanden werden, da diese das Risiko meiden müsse, ihrerseits wegen Äußerungen der Nutzer im sozialen Netzwerk unter anderem durch die Behörden in Haftung genommen zu werden. Deshalb darf die Beklagte auch Äußerungen unterbinden, die in den Grenzbereich der Legalität fallen. Auch ist zu berücksichtigen, dass Posts, die von einer Vielzahl anderer Nutzer als extrem, unnötig provozierend und einschüchternd empfunden werden können, die anderen Nutzer zur Beendigung der Nutzung des sozialen Netzwerks bewegen können. Dies wirke sich dann negativ auf den von der Beklagten beabsichtigten Meinungsaustausch und ihr Geschäftsmodell aus. Es könne daher der Beklagten nicht generell verboten werden, Löschungen und Sperrungen vorzunehmen, selbst wenn diese die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschreiten.
Für Hassrede muss die Beklagte ihr Netzwerk auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit nicht zur Verfügung stellen.
Aus diesen Gründen ist die Klage auf Freischaltung und Wiederherstellung der Seite abgewiesen worden.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 21. April 2020 – 9 O 239/18
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