Die Durchführung eines Notfallkaiserschnitts setzt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür voraus, dass das Kind noch lebt und ohne den Eingriff zu versterben droht. Hat das Kind beim Eintreffen der Schwangeren im Krankenhaus bereits nicht mehr gelebt, liegt kein Behandlungsfehler durch fehlerhaftes Unterlassen eines Notfallkaiserschnitts vor.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Hamm in dem hier vorliegenden Fall die Klage einer Frau auf Schmerzensgeld abgewiesen, deren Kind im Krankenhaus tot zur Welt gekommen war. Die 35jährige Klägerin aus Bochum hat vom beklagten Krankenhaus in Bochum ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 € verlangt. Sie hat gemeint, dass ihr Sohn bei ordnungsgemäßer Überwachung und Behandlung durch die Mitarbeiter des Krankenhauses im November 2007 lebend zur Welt gekommen wäre. Am Tage der Geburt habe ein erfolgreicher Notfallkaiserschnitt stattfinden können und müssen, der unterlassen worden sei.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm habe eine fehlerhafte Behandlung der Klägerin vor oder am Tage der Geburt nicht festgestellt werden können. Vor der Krankenhausaufnahme der Klägerin zur Geburt habe es keine Anhaltspunkte für eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft gegeben. Eine der Klägerin empfohlene engmaschige ambulante Behandlung habe ausgereicht, ihre vorzeitige stationäre Aufnahme sei nicht geboten gewesen.
Als die Klägerin am Tage der Geburt im Krankenhaus eingetroffen sei, habe das Kind nicht gerettet werden können. Die Klägerin sei unmittelbar nach ihrem Eintreffen an ein CTG-Gerät angeschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien bereits keine kindlichen Herztöne mehr feststellbar gewesen. Nach dem Ergebnis der dann durchgeführten weiteren Untersuchungen habe das Kind nicht mehr gelebt. Deswegen sei ein Notfallkaiserschnitt bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr indiziert gewesen. Er setzte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür voraus, dass das Kind noch lebe und ohne den Eingriff zu versterben drohe. Nur dann sei es gerechtfertigt, zur Rettung des Kindes das Leben und die Gesundheit der Mutter Risiken auszusetzen.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 9. Juli 2013 – 26 U 191/12
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