Verjährung und das Ende des selbständigen Beweisverfahrens

Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist – sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet – das selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden.

Verjährung und das Ende des selbständigen Beweisverfahrens

Die Verjährung eines Anspruchs wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB, § 167 ZPO durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens seit dem 26. Oktober 2004 gehemmt. Die Hemmung endet gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens. Eine förmliche Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Ein anderer Abschluss als die Sicherung eines bestimmten Beweises findet nicht statt1. Ein selbständiges Beweisverfahren ist beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Erfolgt die Beweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist das selbständige Beweisverfahren mit dessen Übersendung an die Parteien beendet, wenn weder das Gericht nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen. In den letztgenannten Fällen endet die Hemmung erst zu einem späteren Zeitpunkt. Ob die Beendigung des Verfahrens durch derartige Schritte hinausgeschoben worden ist, lässt sich naturgemäß erst bei rückschauender Betrachtung beurteilen2.

Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist – sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet – das selbständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden.

Welche Frist für eine Stellungnahme angemessen ist, hängt von den Umständen des Beweisverfahrens ab, insbesondere von dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad des schriftlichen Gutachtens und davon, ob die betroffene Partei sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen muss3.

Dieser Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2005 die Beendigung feststellte und das Landgericht mit Beschluss vom 18. Januar 2006 die sofortige Beschwerde des Beklagten dagegen zurückwies. Die Erwägung, erst mit der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts könne von einer eindeutigen Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens ausgegangen werden, da es bis dahin im Bereich des Möglichen gewesen wäre, die Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens anzuordnen, geht fehl. Das selbständige Beweisverfahren ist bei rückschauender Betrachtung seit dem 29. Juli 2005 beendet, weil der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen nicht innerhalb angemessener Frist gestellt wurde und die Beweisaufnahme daher zu Recht nicht fortgeführt wurde. Die Möglichkeit, dass ein selbständiges Beweisverfahren fortgeführt oder wieder aufgenommen wird, besteht nahezu immer und auch dann, wenn der entsprechende Antrag erheblich längere Zeit als im vorliegenden Fall nach Ablauf der angemessenen Frist gestellt wird. Wollte man für die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens auf die damit verbundene Ungewissheit und deren Beseitigung durch einen gerichtlichen Beschluss abstellen, hätte es der Antragsteller in der Hand, durch verspätet gestellte Anträge das Ende des selbständigen Beweisverfahrens hinauszuzögern.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Oktober 2010 – VII ZR 172/09

  1. BGH, Urteil vom 03.12.1992 – VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329, 332[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2002 – VIII ZR 228/00, BGHZ 150, 55; und Beschluss vom 24.03.2009 – VII ZR 200/08, BauR 2009, 979 = NZBau 2009, 598 = ZfBR 2009, 459[]
  3. Jürgen Ulrich, aaO, m.w.N. aus der Rechtsprechung[]