Wenn die Beschwer hochgetrieben werden muss…

Entscheidend für die Wertermittlung sind die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert. Der Klägerseite ist es verwehrt, diese Angaben im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu ändern, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO zu überschreiten1.

Wenn die Beschwer hochgetrieben werden muss…

Hat die Klägerseite in den Vorinstanzen keine verlässlichen oder vollständigen Angaben zum Wert gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert daher unter Zugrundelegung der unvollständigen Angaben geschätzt, so ist sie gehindert, die Annahmen, auf denen diese Streitwertfestsetzung beruht, mit neuem oder ergänzendem Vortrag, der in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat, in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen2.

So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall:

In der Klageschrift haben die Kläger den (vorläufigen) Streitwert mit „20.000, 00 Euro“ angegeben und hierzu mitgeteilt, dass dabei einerseits das drohende Schadenspotential aus den schon anhängigen Gerichtsverfahren und für die Folgejahre sowie andererseits der Umstand berücksichtigt worden sei, dass die Regressaussichten „sehr zurückhaltend bewertet werden“. Land- und Oberlandesgericht haben den Streitwert dementsprechend jeweils von den Klägern unbeanstandet auf bis 20.000 € festgesetzt.

Soweit die Kläger in ihrer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung geltend machen, aus den in den ersten beiden Rechtszügen vorgetragenen Tatsachen ergebe sich ein höherer Wert, finden sie damit keinen Erfolg. Zwar hat die GbR B. K. (Erwerberin) die Fa. D. (Freistellungsberechtigte) für 2012 auf Zahlung von 5.453, 48 € und für 2013 auf Zahlung von 3.867, 59 € in Anspruch genommen und haben die Kläger in ihrer Klageschrift die Regressrisiken für die Folgejahre mit „jeweils zumindest ca.05.000, 00 Euro“ veranschlagt. Die Forderung der Erwerberin für 2012 ist jedoch rechtskräftig abgewiesen und über den Ausgang des Mahnverfahrens betreffend die Forderung für 2013 nichts mitgeteilt worden. Für die nachfolgenden Kalenderjahre finden sich überhaupt keine Angaben. Zudem haben sich in dem Rechtsstreit über den Anspruch für 2012 sowohl die Fa. D. (als dortige Beklagte) als auch die hiesigen Kläger (die dem dortigen Rechtsstreit auf Seiten der Fa. D. als Streithelfer beigetreten waren) unter Beweisangebot darauf berufen, dass die Freistellungsverpflichtung zugunsten der Fa. D. durch (mündliche) Vereinbarung wirksam an die Erwerberin weitergegeben worden sei. Solchenfalls hätten die Kläger nicht mit Regressansprüchen der Fa. D. zu rechnen. Dementsprechend haben sie das Regressrisiko in ihrer Klageschrift auch selbst als eher gering eingeschätzt. An der Grundlage für diese Einschätzung hat sich nachfolgend weder in erster noch in zweiter Instanz etwas geändert, noch trägt die Beschwerdebegründung hierzu etwas vor. Damit ist für eine Bewertung von über 20.000 € insgesamt kein tragfähiger Anhalt gegeben.

Weiterlesen:
Wiedereinsetzung - und das Verschulden des noch nicht beigeordneten Rechtsanwalts

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. November 2019 – III ZR 14/19

  1. st. Rspr., z.B. BGH, Beschlüsse vom 13.08.2015 – III ZR 340/14, BeckRS 2015, 14870 Rn. 5; vom 23.06.2016 – III ZR 104/15, BeckRS 2016, 12557 Rn.10; und vom 27.10.2016 – III ZR 300/15, BeckRS 2016, 19428 Rn. 5, jew. mwN; BGH, Beschlüsse vom 16.05.2013 – VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3; und vom 21.06.2017 – VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11[]
  2. BGH aaO; BGH aaO[]

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