Bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist der Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB für herauszugebende Nutzungen auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen1. Dder so ermittelte Nutzungswertersatz ist nicht um die Mehrwertsteuer zu erhöhen2.

Die Anknüpfung an den Bruttokaufpreis bei einer Bewertung des Gebrauchsnutzens in Abhängigkeit vom Kaufpreis und von der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer entspricht dem Interesse der Vertragsbeteiligten. Denn im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander hat der Käufer den Bruttokaufpreis zu entrichten. Dann aber kann im Verhältnis der Vertragspartner zueinander auch der als Bewertungsmaßstab heranzuziehende Kaufpreis nur der Bruttopreis sein. Andernfalls würde der Verkäufer eine verhältnismäßig geringere Nutzungsvergütung erhalten, als sie dem Wert des von ihm zurückzuerstattenden Kaufpreises entspricht. Das wird besonders deutlich, wenn der Gebrauch durch den Käufer nahezu oder vollständig die mögliche Nutzungszeit erreicht. In diesem Fall würde der Verkäufer weniger als den Kaufpreis erhalten, obwohl der Gebrauchswert völlig aufgezehrt ist und der vertragsmäßige Bruttopreis voll an den Käufer zurückgezahlt werden muss3.
Aus dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht Hamburg4 mit Recht hergeleitet, dass zu dem auf der Grundlage des Bruttokaufpreises ermittelten Nutzungswertersatz nicht noch die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen ist; diese ist vielmehr von dem auf diese Weise ermittelten Nutzungswertersatz bereits umfasst5. Das Vorbringen der Revision rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 26.06.19916 den Gebrauchswert auf der Grundlage des Bruttokaufpreises und nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsdauer zur höchstmöglichen Nutzungsdauer errechnet, ohne den so ermittelten Gebrauchswert um die Mehrwertsteuer aus diesem Betrag zu erhöhen. Die Auffassung des Landgerichts Hamburg steht mithin im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Insbesondere stehen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anknüpfung der Wertminderung an den (Netto)Sachwert entgegen der Auffassung der Revision nicht im Widerspruch zum genannten BGH, Urteil. Hierbei handelt es sich nur um eine hypothetische Kontrollrechnung des Berufungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Umsatzsteuer bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile in verschiedener Weise – mit jeweils gleichem Ergebnis – berücksichtigt werden kann.
Die Auffassung, dass zu dem auf der Grundlage des Bruttokaufpreises nach der üblichen Formel errechneten Wert der erlangten Gebrauchsvorteile die Mehrwertsteuer (nochmals) hinzugeschlagen sei7, trifft nicht zu. Das ergibt sich bereits aus dem BGH-Urteil vom 26.06.1991 und dem dort gebildeten Beispiel8.
Würde nämlich der nach der Formel errechnete Nutzungswert um die Mehrwertsteuer erhöht, könnte der Verkäufer vom Käufer, wenn dieser die mögliche Nutzungszeit vollständig ausgeschöpft hätte, für die erlangten Gebrauchsvorteile einen höheren Betrag beanspruchen als den Bruttokaufpreis, den der Käufer seinerzeit gezahlt und der Verkäufer dem Käufer zu erstatten hat. Der Käufer hätte in diesem Fall als Nutzungswertersatz den vollen Bruttokaufpreis zuzüglich der Mehrwertsteuer aus diesem Betrag zu erstatten. Er würde damit im Zuge der Rückabwicklung, soweit es um den Wertersatz für die Gebrauchsvorteile geht, mit der Mehrwertsteuer doppelt belastet. Dass dies nicht richtig wäre, liegt auf der Hand. Ein zweimaliger Ansatz der Mehrwertsteuer ist deshalb abzulehnen9.
Nicht zu beanstanden ist auch, dass – im Wege einer Kontrollrechnung – der Nutzungswert auf der Grundlage des Nettokaufpreises berechnet und der so ermittelte Betrag um die Mehrwertsteuer erhöht wird. Denn beide Berechnungsweisen führen zum selben Ergebnis.
Aus dem BGH-Urteil vom 18.05.201110 und aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur (fehlenden) Umsatzsteuerpflichtigkeit des Minderwertausgleichs beim Leasingvertrag ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts Anderes. Die hier zu entscheidende Frage wird von dieser Rechtsprechung nicht beantwortet.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. April 2014 – VIII ZR 215/13
- st. Rspr.; BGH, Urteile vom 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 49 ff.; vom 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299 unter – II 3, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 159, 215[↩]
- im Anschluss an BGH, Urteil vom 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47[↩]
- BGH, Urteil vom 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, aaO S. 51 f.[↩]
- LG Hamburg, Urteil vom 28.06.2013 – 320 S 142/12, DAR 2013, 652[↩]
- ebenso OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2007 – 4 U 68/07 25 ff.; KG, DAR 2013, 514, 515 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, aaO S. 52[↩]
- Nachweise zum Streitstand bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 1179[↩]
- BGH, Urteil vom 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, aaO[↩]
- ebenso KG, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 18.05.2011 – VIII ZR 260/10, WM 2011, 2141 Rn. 12 f.[↩]