Eine auf die Erfüllung des Urlaubsanspruchs gerichtete Erklärung des Arbeitgebers ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will.
 
Andernfalls ist nicht feststellbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs eine Erfüllungshandlung bewirken oder als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme mit den in § 615 BGB bezeichneten Folgen verzichten will1.
Die Erteilung von Urlaub kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellt1, etwa indem der Arbeitgeber erklärt, die Klägerin werde „unter Anrechnung Ihrer … Urlaubsansprüche unwiderruflich“ freigestellt.
Der Erfüllungswirkung steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht festlegte, an welchen Tagen sie die Klägerin zum Zwecke der Urlaubsgewährung und an welchen Tagen sie sie zu anderen Zwecken freistellte. Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen. Eine zeitliche Festlegung des – im Voraus erteilten – Urlaubszeitraums ist deshalb grundsätzlich nicht notwendig2.
Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Erfüllung seiner gesetzlichen und vertraglichen Pflichten Urlaub, ist davon auszugehen, dass er wirksam Urlaub gewähren will. Das setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs entsprechend dem arbeitsvertraglich nicht abdingbaren § 11 Abs. 2 BUrlG entweder das Urlaubsentgelt ausgezahlt wird oder ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt nicht vor Urlaubsantritt aus, ist die Urlaubserteilung des Arbeitgebers jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Treu und Glauben gesetzeskonform so zu verstehen (§ 157 BGB), dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, dass er für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Vorgaben und etwaigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen3.
Auch in dem Fall, in dem der Arbeitgeber mit einer ihm zustehenden Forderung gegen die Forderung des Arbeitnehmers auf Urlaubsentgelt aufrechnet, fließt das Urlaubsentgelt dem Vermögen des Arbeitnehmers zu. Die Verrechnung führt nämlich dazu, dass die Verbindlichkeiten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber entsprechend dem aufgerechneten Betrag verringert sind. Im Übrigen ist die Erklärung des Arbeitgebers, Urlaubsentgelt unter bestimmten Voraussetzungen mit Gegenansprüchen verrechnen zu wollen, mangels anderweitiger Anhaltspunkte dahingehend auszulegen, dass er die Aufrechnung unter Beachtung der gesetzlichen Aufrechnungsverbote (§§ 390 ff. BGB) vornehmen werde.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2019 – 9 AZR 468/18
- vgl. BAG 10.02.2015 – 9 AZR 455/13, Rn.19, BAGE 150, 355[↩][↩]
- vgl. BAG 16.07.2013 – 9 AZR 50/12, Rn. 16 f.[↩]
- BAG 30.01.2019 – 5 AZR 43/18, Rn. 45[↩]
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