Eine arbeitsvertragliche Klausel, worin sich der Arbeitgeber vorbehalten hat, die Zahlung eines Weihnachtsgelds im Fall der wirtschaftlichen Notlage zu widerrufen, ist wirksam.

Bei der Widerrufsklausel handelt es sich nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Der Widerrufsvorbehalt unterliegt als eine von Rechtsvorschriften abweichende Bestimmung der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB [1]. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen der Inhaltskontrolle. Sie weichen von dem allgemeinen Grundsatz pacta sunt servanda ab [2].
Der Widerrufsvorbehalt war vorliegend nicht aus formellen Gründen unwirksam:
Ein Widerrufsvorbehalt muss den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zB wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers [3]. Dabei ist zu beachten, dass der Verwender vorgibt, was ihn zum Widerruf berechtigen soll.
Diesem Transparenzgebot wird die Widerrufsklausel gerecht. Der Grad der wirtschaftlichen Störung, die einen Widerruf ermöglichen soll, wird darin konkretisiert. Die Klausel stellt ausdrücklich klar, dass der Arbeitnehmer im Fall der wirtschaftlichen Notlage mit dem Widerruf der zugesagten Zahlung eines Weihnachtsgelds rechnen muss. Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers ist die Klausel nicht deshalb unklar oder unverständlich, weil nicht ausdrücklich angegeben sei, auf wen sich die „wirtschaftliche Notlage“ beziehe. Der Annahme, damit könne auch eine allgemeine wirtschaftliche Notlage, die eines Gesellschafters der Arbeitgeberin oder die eines Betriebs oder des gesamten Konzerns gemeint sein, steht schon entgegen, dass nach Nr. 3 Abs. 4 Satz 2 des Arbeitsvertrags „der Arbeitgeber“ sich den Widerruf „im Fall der wirtschaftlichen Notlage“ vorbehalten hat. Damit ist klargestellt, dass die wirtschaftliche Notlage beim Unternehmen der Arbeitgeberin als Arbeitgeberin vorliegen muss.
Die Widerrufsklausel ist auch materiell wirksam.
Die Wirksamkeit des Widerrufsvorbehalts richtet sich nach § 308 Nr. 4 BGB als der gegenüber § 307 BGB spezielleren Norm. Deren Wertungen sind im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB heranzuziehen. Außerdem sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen [4].
Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist nach § 308 Nr. 4 BGB zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist [5]. Die gebotene Interessenabwägung muss zu einer Zumutbarkeit der Klausel für den Arbeitnehmer führen. Das richtet sich in Anlehnung an § 307 BGB insbesondere nach der Art und Höhe der Leistung, die widerrufen werden soll, nach der Höhe des verbleibenden Verdienstes und der Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte muss der Widerrufsgrund den Widerruf typischerweise rechtfertigen. Auch wenn der Arbeitgeber im Grundsatz ein anerkennenswertes Interesse daran hat, bestimmte Leistungen, insbesondere „Zusatzleistungen“ flexibel auszugestalten, darf das Wirtschaftsrisiko des Unternehmers nicht auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Eingriffe in den Kernbereich des Arbeitsvertrags sind nach der Wertung des § 307 Abs. 2 BGB nicht zulässig [6].
Dem wird im vorliegenden Fall die Widerrufsklausel des Arbeitsvertrags gerecht.
Die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts für ein dem Arbeitnehmer zugesagtes Weihnachtsgeld bei wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers ist zulässig, wenn durch dessen Wegfall das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend berührt ist. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Fall, soweit der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil des Gesamtverdiensts unter 25 vH liegt. Sind darüber hinaus Zahlungen des Arbeitgebers widerruflich, die keine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen, erhöht sich der widerrufliche Teil der Arbeitsvergütung auf bis zu 30 vH des Gesamtverdiensts. Dem Arbeitnehmer wird hier zu seinem Vorteil eine Leistung zusätzlich zum üblichen Entgelt gewährt. Der Arbeitgeber ist dann bis zur Grenze der Willkür frei, die Voraussetzungen des Anspruchs festzulegen und dementsprechend auch den Widerruf zu erklären [7].
Das jährliche Weihnachtsgeld iHv. maximal 55 vH eines Monatsentgelts beträgt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts weniger als 5 vH des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis wird daher nicht grundlegend berührt. Dem Arbeitnehmer verbleibt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nach Ausübung des Widerrufsrechts eine tarifliche Vergütungshöhe.
Der Widerrufsvorbehalt ist auch nicht unwirksam, weil er keine Ankündigungs- bzw. Auslauffrist enthält. Für eine solche Frist gibt es keinen Ansatz im Gesetz. Die Einräumung einer Auslauffrist ist bei der Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen [8].
Die Arbeitgeberin hat ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.
Neben der Inhaltskontrolle der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Widerrufsklausel steht die Ausübungskontrolle gemäß § 315 BGB. Die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach § 315 Abs. 1 BGB dar. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen [9].
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Januar 2017 – 1 AZR 774/14
- vgl. BAG 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, Rn. 18 mwN[↩]
- BAG 12.01.2005 – 5 AZR 364/04, zu B I 4 a der Gründe, BAGE 113, 140[↩]
- BAG 21.03.2013 – 5 AZR 651/10, Rn. 16 mwN; 12.01.2005 – 5 AZR 364/04, zu B I 5 b der Gründe, BAGE 113, 140[↩]
- BAG 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, Rn.19 mwN[↩]
- BAG 12.01.2005 – 5 AZR 364/04, zu B I 4 c der Gründe, BAGE 113, 140[↩]
- BAG 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, Rn. 21 f.[↩]
- BAG 12.01.2005 – 5 AZR 364/04, zu A I 4 c bb der Gründe, BAGE 113, 140[↩]
- BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10, Rn. 18 mwN[↩]
- BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10, Rn. 22 mwN; 20.04.2011 – 5 AZR 191/10, Rn.20, BAGE 137, 383[↩]