Der gemeinsame Kampf der EU gegen die Schleuser – und die Unterrichtung des Bundestags

Die Verpflichtung der Bundesregierung zur umfassenden und frühestmöglichen Unterrichtung des Bundestages gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG gilt auch für Maßnahmen in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Adressat der Unterrichtung ist der Bundestag als Ganzer. Es ist in erster Linie Sache des Bundestages selbst, dafür Sorge zu tragen, dass die ihm übermittelten Informationen einer effektiven parlamentarischen Willensbildung zugeführt werden.

Der gemeinsame Kampf der EU gegen die Schleuser – und die Unterrichtung des Bundestags

Eine Geheimschutzregelungen unterliegende Information des Bundestages wird den Anforderungen von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG grundsätzlich nicht gerecht, weil die Information des Parlaments zugleich dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz parlamentarischer Öffentlichkeit dient. Grenzen der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG können sich aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung oder dem Staatswohl ergeben. Geheimhaltungserfordernisse stehen der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag grundsätzlich nicht entgegen. Will die Bundesregierung ihre Informationspflicht wegen der genannten Grenzen ganz oder teilweise nicht erfüllen, muss sie sich gegenüber dem Deutschen Bundestag darauf berufen und die Gründe hierfür darlegen.

So hat jetzt das Bundesverfassungsgericht in dem Organstreitverfahren zweier Bundestagsfraktion gegen die Bundesregierung entschieden, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag in seinem Recht aus Artikel 23 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes dadurch verletzt hat, dass sie es unterlassen hat,

  • ihm den ihr am 30.04.2015 vorliegenden Entwurf eines Krisenmanagementkonzeptes für eine Operation im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser im südlichen zentralen Mittelmeer zum frühestmöglichen Zeitpunkt vor der Beschlussfassung des Rates der Europäischen Union am 18.05.2015 über die Militäroperation EUNAVFOR MED zuzuleiten und
  • nachvollziehbar darzulegen, dass das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davuto?lu vom 23.09.2015 an die Bundeskanzlerin keine Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne von Artikel 23 Absatz 2 des Grundgesetzes betrifft oder der Verzicht auf die Mitteilung seines Inhalts aus verfassungsrechtlichen Gründen angezeigt war.

Die beiden Bundestagsfraktionen „Bündnis 90/Die Grünen“ und „Die Linke“ machen im Wege des Organstreits die Verletzung der Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG durch die Bundesregierung geltend, weil diese es unterlassen habe, dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Krisenmanagementkonzepts (Crisis Management Concept – CMC), das in Vorbereitung einer Operation der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) gegen Schleuser im Mittelmeerraum erstellt worden war, vollständig und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu überlassen. Die Linke-Bundestagsfraktionen wendet sich darüber hinaus dagegen, dass dem Deutschen Bundestag ein an die Bundeskanzlerin gerichtetes Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten weder zugänglich gemacht noch dargelegt wurde, dass dieses keine Angelegenheiten der Europäischen Union betrifft.

Der Ausgangssachverhalt:  EUNAVFOR MED

Am 23.04.2015 trat der Europäische Rat zu einer außerordentlichen Tagung zusammen und kündigte in einer Erklärung vom selben Tag an, die Präsenz der Europäischen Union auf See zu verstärken. Zugleich verpflichtete er die Organe der Europäischen Union auf ein Vorgehen gegen Schlepper im Einklang mit dem Völkerrecht. Hierzu beschloss er, durch ein rasches Vorgehen der nationalen Behörden in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Polizeiamt (EUROPOL), der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (FRONTEX), dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) und der Agentur der Europäischen Union für justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen (EUROJUST) sowie durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Erkenntnisgewinnung und im polizeilichen Bereich Schleppernetzwerke zu zerschlagen, die Täter vor Gericht zu stellen und ihre Vermögenswerte zu beschlagnahmen. Ferner entschied er, systematische Anstrengungen zu unternehmen, um Schlepperschiffe auszumachen, zu beschlagnahmen und zu zerstören. Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (nachfolgend: Hohe Vertreterin) wurde ersucht, zu diesem Zweck unverzüglich mit den Vorbereitungen für eine eventuelle GSVP-Operation zu beginnen1.

Die Hohe Vertreterin erarbeitete daraufhin ein Krisenmanagementkonzept. Dessen Entwurf lag der Bundesregierung nach unwidersprochenem Vortrag der Antragstellerinnen am 30.04.2015 vor. Am 6.05.2015 befasste sich damit der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten. Am 13.05.2015 legte die Europäische Kommission ein umfassendes Konzept in Form der „Europäischen Migrationsagenda“ vor. In Abschnitt II finden sich Ausführungen zu Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung krimineller Netzwerke, die die Lage schutzbedürftiger Migranten ausnutzen. Darin wird dargelegt, dass die Hohe Vertreterin bereits Optionen für mögliche GSVP-Operationen aufgezeigt habe, um gegen Schleuserschiffe systematisch vorzugehen2.

Am 18.05.2015 fasste der Rat der Europäischen Union – gestützt auf Art. 42 Abs. 4 und Art. 43 Abs. 2 EUV – den Beschluss (GASP) 2015/778 über eine Militäroperation der Europäischen Union im südlichen zentralen Mittelmeer. Der Beschluss sieht vor, dass die Operation im Einklang mit den politischen, strategischen und politisch-militärischen Zielen durchgeführt wird, die in dem vom Rat am 18.05.2015 gebilligten Krisenmanagementkonzept niedergelegt sind (European Union-led Naval Force Mediterranean Sea – EUNAVFOR MED)3.

Am 22.06.2015 wurde die erste von insgesamt drei Phasen der Operation EUNAVFOR MED eingeleitet4. Am 16.09.2015 befasste die Bundesregierung den Bundestag mit der deutschen Beteiligung an der Operation und erbat seine Zustimmung für den Einsatz der Deutschen Marine5. Die Zustimmung wurde am 1.10.2015 mit 449 von 568 abgegebenen Stimmen erteilt6. Als Rechtsgrundlage wurde dabei Art. 24 Abs. 2 GG angegeben7. Mit Wirkung zum 26.10.2015 erfolgte die Umbenennung der Mission in „EUNAVFOR MED Operation SOPHIA“ (vgl. Art. 1 Beschluss 2015/1926 des Rates vom 26.10.2015, ABl EU Nr. L 281 vom 27.10.2015, S. 13). Am 14.06.2018 verlängerte der Bundestag das Mandat letztmals bis zum 30.06.20198. Der Auslandseinsatz wurde zwischenzeitlich beendet.

Am 4.05.2015 bemühte sich die Abgeordnete Dr. Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) über das Referat PE 5 (Europa-Dokumentation) des Deutschen Bundestages erfolglos um die Übersendung des Krisenmanagementkonzepts. Am 11.05.2015 erbat auch der Abgeordnete Dr. Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zunächst über das Referat PE 5, am 12.05.2015 beim Auswärtigen Amt unmittelbar die Übersendung. Dieses teilte noch am selben Tag mit, dass es sich nicht imstande sehe, das noch im Entwurfsstadium befindliche Krisenmanagementkonzept zu übermitteln. Es handele sich hierbei um „GSVP in ihrer Reinstform“ und nicht um ein Dokument von grundsätzlicher Bedeutung. Am 13.05.2015 teilte das Referat PE 5 des Bundestages dem Abgeordneten Dr. Schmidt mit, dass auch nach neuerlicher Auskunft des Auswärtigen Amtes das Krisenmanagementkonzept erst übermittelt werden solle, wenn es im Rat beschlossen worden sei. Am 13.05.2015 forderte auch der Abgeordnete Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beim Referat PE 5 des Bundestages vergeblich die Übermittlung des Krisenmanagementkonzepts.

Am 15.05.2015 teilte das Auswärtige Amt auf die schriftliche Frage der Abgeordneten Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit, dass in Umsetzung des Beschlusses des Europäischen Rates vom 23.04.2015 eine mögliche GSVP-Operation in den Gremien der Europäischen Union geprüft werde. Eine Entscheidung über die konkrete deutsche Beteiligung könne erst getroffen werden, sobald ein formeller Beschluss der Europäischen Union zur Einrichtung einer solchen Operation vorliege und deren Rahmenbedingungen feststünden.

Am 21.05.2015 teilte das Auswärtige Amt der Geheimschutzstelle des Bundestages mit, dass ausschließlich die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses, des Verteidigungsausschusses und des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union Einsicht in das Krisenmanagementkonzept nehmen könnten. Die Übermittlung erfolge nicht auf der Grundlage des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG), um eine Präzedenzwirkung auszuschließen. Zu einem späteren Zeitpunkt erhielten auch die Mitglieder des Innenausschusses, des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Geheimschutzstelle Einsicht in das Krisenmanagementkonzept. Am 24.06.2015 teilte der Staatsminister für Europa im Namen des Auswärtigen Amtes auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit, dass die Bundesregierung dem federführenden Ausschuss sowie den mitberatenden parlamentarischen Ausschüssen das Krisenmanagementkonzept nach der Annahme durch den Rat für Außenbeziehungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übermittelt habe; eine Verpflichtung zur Weiterleitung aufgrund des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union habe nicht bestanden.

Nachdem die Abgeordnete Groth (DIE LINKE) in der Obleutebesprechung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages am 29.05.2015 kritisiert hatte, dass das Auswärtige Amt den Abgeordneten das Krisenmanagementkonzept vorenthalte, bat der Abgeordnete Dr. Gysi (DIE LINKE) den Präsidenten des Deutschen Bundestages mit Schreiben vom 29.09.2015, sich bezüglich des dem Militäreinsatz zugrundeliegenden „Operationsplans“ für ein in jeder Hinsicht ausreichendes Einsichtsrecht aller Mitglieder des Bundestages einzusetzen. Auch die Abgeordnete Dagdelen (DIE LINKE) beklagte in der Plenardebatte am 1.10.20159, dass nicht der gesamte Bundestag Zugang zu dem „Operationsplan“ erhalten habe. Der Bundestagspräsident teilte dem Abgeordneten Dr. Gysi mit Schreiben vom 12.10.2015 mit, dass er bedauere, dass der „Operationsplan“ nicht frühzeitig und proaktiv, sondern erst auf seine Intervention hin an den Bundestag übermittelt und nicht allen Abgeordneten gleichermaßen zur Verfügung gestellt worden sei. Er habe im Ältestenrat darauf hingewiesen, dass dies bei der Unterrichtung über eine mandatierte GSVP-Mission der Fall hätte sein müssen.

Nach einem Zeitungsbericht vom 25.09.2015 übersandte der türkische Ministerpräsident Davuto?lu ein Schreiben an alle damals 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. In diesem sollen Fragen der Migration, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), der außenpolitischen Dimension der Flüchtlingspolitik, der Zusammenarbeit der Europäischen Union mit Dritt- und Herkunftsstaaten sowie der Verknüpfung der EU-Türkei-Migrationsagenda mit dem Beitrittsprozess und der Migrationspolitik behandelt worden sein.

Am 1.10.2015 forderte die Linken-Bundestagsfraktion dieses Schreiben über ihren koordinierenden EU-Referenten bei der Bundestagsverwaltung an. Am selben Tag bat das Referat PE 5 des Bundestages die Bundesregierung um dessen Übermittlung. Am 5.10.2015 teilte das Referat „Koordinierung der Europapolitik der Bundesregierung/Europäischer Rat“ im Bundeskanzleramt dem Referat PE 5 des Bundestages mit, dass es sich bei dem in Rede stehenden Schreiben vom 23.09.2015 um ein persönlich an die Bundeskanzlerin gerichtetes Schreiben eines Regierungschefs eines EU-Drittstaates handele und dass die Korrespondenz der Bundeskanzlerin mit anderen Regierungschefs generell nicht Gegenstand der Unterrichtung des Bundestages sei, da andernfalls die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung insgesamt erheblich beeinträchtigt werde.

Am 9.10.2015 forderte das Referat PE 5 des Bundestages das Schreiben beim Bundeskanzleramt erneut an. Im Hinblick auf den Inhalt, der einen zentralen Punkt der EU-Migrationsagenda betreffe, unterfalle das Schreiben dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union; insoweit bestehe auch eine Unterrichtungspflicht. Hierfür sei nicht die Form, sondern der Inhalt der Dokumente, die Angelegenheiten der Europäischen Union beträfen, relevant. Bei Verhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei über eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen handele es sich unstreitig um eine europäische Angelegenheit. In dem Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten sei mitgeteilt worden, wie sich die türkische Regierung eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in Asyl- und Migrationsfragen vorstelle. Da das Schreiben an sämtliche Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gerichtet gewesen sei, handele es sich nicht um ein persönliches Schreiben an die Bundeskanzlerin.

Am 16.10.2015 wiederholte das Referat „Koordinierung der Europapolitik der Bundesregierung/Europäischer Rat“ im Bundeskanzleramt die Ablehnung der Herausgabe des Briefes. Die Weiterleitung des an die Bundeskanzlerin persönlich gerichteten Schreibens könne nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung der Vertraulichkeit der Korrespondenz und damit der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung erfolgen. Soweit in dem Schreiben überhaupt Fragen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in Asyl- und Migrationsfragen enthalten gewesen seien, sei dies Gegenstand der üblichen und fortlaufenden Unterrichtung des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union geworden.

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Am 24.11.2015 übermittelte das Auswärtige Amt an das Referat PE 5 des Bundestages und das Sekretariat des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union eine Vorabversion der Einladung des damaligen Ratspräsidenten Tusk an die Staats- und Regierungschefs für ein im November geplantes Gipfeltreffen. Das Referat PE 5 des Bundestages bat das Bundeskanzleramt daraufhin am 25.11.2015 um Übersendung der Tagesordnung und des Vorabberichts. Das Bundeskanzleramt kam dieser Bitte nicht nach, sondern wies am 27.11.2015 gegenüber dem Referat PE 5 des Bundestages darauf hin, dass es sich bei dem Gipfeltreffen um ein Treffen der Staats- und Regierungschefs mit der Türkei und nicht um ein Treffen des Europäischen Rates handele.

Im Vorfeld dieses Gipfeltreffens bat auch die Antragstellerin zu II. über ihren koordinierenden Referenten das Referat PE 5 des Bundestages um Übersendung des „Vorberichts der Bundesregierung zum kommenden EU-Türkei-Gipfel“. Das Referat PE 5 teilte der Antragstellerin zu II. am 27.11.2015 mit, dass es sich nach Auffassung der Bundesregierung um kein Treffen des Europäischen Rates, sondern um einen Drittstaatengipfel handele, was aller Voraussicht nach zur Folge haben werde, dass hierüber nicht nach den Vorgaben des § 4 Abs. 4 EUZBBG unterrichtet werde.

Das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union mit der Türkei fand am 29.11.2015 statt. Auf diesem wurde unter anderem der am 15.10.2015 ad referendum vereinbarte Gemeinsame Aktionsplan EU-Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen aktiviert10. Ziel des Gemeinsamen Aktionsplans war es, die Zusammenarbeit zur Unterstützung der unter vorübergehendem Schutz stehenden syrischen Flüchtlinge und der Aufnahmegemeinden in der Türkei zu verstärken und bei der Verhütung irregulärer Migrationsströme in die Europäische Union enger zusammenzuarbeiten11. Der Gemeinsame Aktionsplan verpflichtet beide Seiten, die Einreise von Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, in die Europäische Union und die Türkei zu verhindern, die Anwendung geltender bilateraler Vorschriften über die Rücknahme zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass die Betreffenden zügig in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Daneben sollte die Türkei mit einem Betrag in Höhe von zunächst drei Milliarden Euro unterstützt und der Beitrittsprozess der Türkei durch regelmäßige Gipfeltreffen neu belebt werden. Darüber hinaus wurde eine Liberalisierung der Visumspflicht für türkische Staatsangehörige bei der Einreise in die Europäische Union beziehungsweise den Schengen-Raum vereinbart.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Auf die Klagen der beiden Bundestagsfraktionen entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag in seinem Recht aus Artikel 23 Absatz 2 Satz 2 GG dadurch verletzt hat, dass sie es unterlassen hat,

  1. ihm den ihr am 30.04.2015 vorliegenden Entwurf eines Krisenmanagementkonzeptes für eine Operation im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser im südlichen zentralen Mittelmeer zum frühestmöglichen Zeitpunkt vor der Beschlussfassung des Rates der Europäischen Union am 18.05.2015 über die Militäroperation EUNAVFOR MED zuzuleiten und
  2. nachvollziehbar darzulegen, dass das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davuto?lu vom 23.09.2015 an die Bundeskanzlerin keine Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne von Artikel 23 Absatz 2 des Grundgesetzes betrifft oder der Verzicht auf die Mitteilung seines Inhalts aus verfassungsrechtlichen Gründen angezeigt war.

Zulässigkeit der Organklagen

Das Bundesverfassungsgericht beurteilte die Anträge überwiegend für gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 63 f. BVerfGG zulässig.

Rechtsschutzbedürfnis

Insbesondere fehlt ihnen nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Im Organstreitverfahren entfällt die Zulässigkeit eines Antrags regelmäßig nicht allein deshalb, weil die beanstandete Rechtsverletzung sich auf einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Vorgang bezieht12.

Selbst wenn man in derartigen Fällen ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse fordern wollte, läge dieses hier wegen einer bestehenden Wiederholungsgefahr und eines Bedürfnisses nach Klärung der objektiven Rechtslage vor13. Umfang und Reichweite der Unterrichtungspflichten aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG sind weiterhin unklar und zwischen den Beteiligten umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang nicht entschieden, ob Maßnahmen der GASP und der GSVP von Art. 23 Abs. 2 GG erfasst sind14. Hierzu werden von den Antragstellerinnen und der Bundesregierung weiterhin unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Bundesregierung hält auch in ihrer Antragserwiderung daran fest, dass die verfahrensgegenständlichen Vorgänge nicht von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG erfasst würden, und versteht § 7 EUZBBG als verfassungsrechtlich nicht induzierte Spezialregelung. Das spricht dafür, dass es auch in Zukunft in vergleichbaren Fallgestaltungen zu ähnlichen Reaktionen der Bundesregierung kommen wird.

Antragsfrist

Dagegen ware einige der Anträge verfristet und daher unzulässig. Gemäß § 64 Abs. 3 BVerfGG muss der Antrag binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Die Frist zur Antragstellung beginnt erst dann, wenn ein entsprechender Verstoß mit hinreichender Sicherheit feststeht oder wenn sich der Antragsgegner erkennbar weigert, die Maßnahmen zu treffen, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält15.

Die Bundesregierung übersandte das Krisenmanagementkonzept erst am 21.05.2015 an den Deutschen Bundestag, an dem es zunächst den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses, des Verteidigungsausschusses und des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union zur Verfügung stand, zu denen auch Abgeordnete der Linke-Bundestagsfraktion gehörten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste die die Linke-Bundestagsfraktion., dass die von ihr für erforderlich gehaltene Unterrichtung durch die Bundesregierung nicht „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ im Sinne von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG erfolgt war. Auf die fortdauernde Verletzung durch die zunächst nur partielle Information und ihre Einstufung kommt es daher ebenso wenig an wie auf den Umstand, dass der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt eine Änderung der Informationsbedingungen am 24.06.2015 ausgeschlossen hatte. Die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG war daher bei Eingang des Antrags der Antragstellerin beim Bundesverfassungsgericht am 22.12.2015 abgelaufen.

Beitritt zur Organklage

Der von der Linke-Bundestagsfraktion  für den Fall der Unzulässigkeit eines oder mehrerer ihrer Anträge hilfsweise erklärte Beitritt zur Organklage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist unzulässig, weil der Verfahrensbeitritt nach § 65 Abs. 1 BVerfGG nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden kann. Der Verfahrensbeitritt ist der zivilprozessrechtlichen Nebenintervention gemäß §§ 66 ff. ZPO nachgebildet16 und als Prozesshandlung wegen der mit dieser verbundenen Interventionswirkung grundsätzlich bedingungsfeindlich17. Das Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses darf im Interesse der Rechtssicherheit nicht in der Schwebe bleiben18. Soweit Prozesshandlungen von einem innerprozessualen Vorgang abhängig gemacht werden können19, gilt dies nicht für solche, die ein Prozessrechtsverhältnis erst begründen sollen.

Ob ein Beitritt nach § 65 Abs.1 BVerfGG überhaupt möglich ist, wenn Beteiligte Rechte anderer Beteiligter in Prozessstandschaft geltend machen, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung.

Begründetheit der Organklagen

Das von der Verfassung geforderte weite Verständnis von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG zugrunde gelegt, sind die Organklage der Grünen-Bundestagsfraktion und der nicht verfristete Antrag der Linke-Fraktion  zulässig und begründet. Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag unter Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht umfassend und frühestmöglich über den ihr bereits am 30.04.2015 vorliegenden Entwurf des Krisenmanagementkonzepts informiert und damit gegen die ihr obliegenden Informationspflichten verstoßen. Die Bundesregierung hat die Rechte des Bundestages weiter dadurch verletzt, dass sie nicht nachvollziehbar dargelegt hat, dass das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davuto?lu vom 23.09.2015 nicht der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG unterfällt.

Die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung in Europaangelegenheit

23 Abs. 2 Satz 2 GG statuiert in Angelegenheiten der Europäischen Union einen grundsätzlich umfassenden Unterrichtungsanspruch des Deutschen Bundestages. Dieser erfasst auch Maßnahmen in den Bereichen der GASP und der GSVP. Eine nur beschränkte oder eingestufte Information wird dem Informationsanspruch des Parlaments nicht ohne Weiteres gerecht und bedarf der Rechtfertigung durch kollidierende verfassungsrechtliche Wertentscheidungen. Auf diese muss sich die Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag ausdrücklich berufen.

Unterrichtungspflicht in Angelegenheiten der Europäischen Union

 Mit Art. 23 GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber die traditionelle Aufgabenverteilung zwischen Exekutive und Legislative im Bereich der auswärtigen Gewalt für die Angelegenheiten der Europäischen Union neu geordnet und dem Deutschen Bundestag weitreichende Mitwirkungsrechte eingeräumt. Die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verankerte Pflicht der Bundesregierung zur umfassenden und frühestmöglichen Unterrichtung ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung von Exekutive und Legislative für Angelegenheiten der Europäischen Union und Voraussetzung für eine effektive Wahrnehmung der dem Bundestag zukommenden Mitwirkungsrechte. Ihre Erfüllung hat daher den Informationsbedürfnissen des Bundestages in sachlicher, zeitlicher und förmlicher Hinsicht zu genügen.

Das Grundgesetz hat in Anknüpfung an die traditionelle Staatsauffassung der Regierung im Bereich der auswärtigen Politik einen weit bemessenen Spielraum zu eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung überlassen20. Die Rolle des Parlaments ist schon aus Gründen der Funktionsgerechtigkeit in diesem Bereich beschränkt21. Zwar sieht Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, die Notwendigkeit der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes vor. Der Verkehr mit anderen Staaten, die Vertretung in internationalen Organisationen, zwischenstaatlichen Einrichtungen und Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit sowie die Sicherstellung der gesamtstaatlichen Verantwortung bei der Außenvertretung Deutschlands fallen jedoch grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Exekutive, insbesondere der Bundesregierung. Dies beruht auf der Annahme, dass institutionell und auf Dauer typischerweise allein die Regierung in hinreichendem Maße über die personellen, sachlichen und organisatorischen Möglichkeiten verfügt, auf wechselnde äußere Lagen zügig und sachgerecht zu reagieren und so die staatliche Aufgabe, die auswärtigen Angelegenheiten verantwortlich wahrzunehmen, bestmöglich zu erfüllen22. Eine erweiternde Auslegung der Zustimmungs- oder Mitwirkungsbefugnisse des Bundestages würde die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland ungerechtfertigt beschneiden und liefe auf eine nicht funktionsgerechte Teilung der Staatsgewalt hinaus23. Sie lässt sich daher auch nicht auf einen aus dem Demokratieprinzip abgeleiteten allumfassenden Parlamentsvorbehalt stützen24.

Die der Bundesregierung anvertraute auswärtige Gewalt steht aber nicht außerhalb parlamentarischer Kontrolle25. Auch im Bereich der auswärtigen Politik kann der Bundestag sein Frage, Debatten- und Entschließungsrecht ausüben, seine Kontroll- und Haushaltsbefugnisse wahrnehmen und dadurch auf die Entscheidungen der Regierung einwirken oder durch Wahl eines neuen Bundeskanzlers die Regierung stürzen, Art. 67 Abs. 1 Satz 1 GG26. Bei der Gestaltung völkerrechtlicher Verträge ist er zwar grundsätzlich auf die nachträgliche Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG verwiesen („Ratifikationslage“). Inwieweit die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aber Unterrichtungspflichten treffen, die in den Bereich der vorausgehenden Vertragsverhandlungen hineinreichen, hat das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschieden und kann auch hier offen bleiben.

Für Angelegenheiten der Europäischen Union hat Art. 23 GG das Spannungsverhältnis zwischen exekutiver Außenvertretung und parlamentarischer Verantwortung allerdings grundlegend modifiziert und dem Deutschen Bundestag in Ansehung der mit der Europäisierung des grundgesetzlichen Institutionengefüges verbundenen Gewichtsverlagerung zugunsten der Exekutive weitreichende Mitwirkungsrechte zugestanden. Dem hat die Auslegung von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung zu tragen.

23 Abs. 2 Satz 1 GG bindet die Ausübung der auswärtigen Gewalt durch die Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union an die Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat. Zentraler, wenn auch nicht alleiniger Bezugspunkt dieser Mitwirkung des Bundestages ist die Verpflichtung der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag vor einer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 23 Abs. 3 Satz 1 GG) und diese Stellungnahme bei den Verhandlungen zu berücksichtigen (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 GG)27.

Mit Art. 23 Abs. 2 bis Abs. 6 GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber auf mit der europäischen Integration verbundene Verschiebungen im nationalen Gewaltengefüge reagiert. Diese beruhen darauf, dass die Europäische Union aufgrund der Übertragung von Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GG) die Kompetenz besitzt, selbst Recht zu setzen, das innerstaatlich unmittelbar gilt und in vielfältiger Weise Rechte und Pflichten für die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands begründet, dass zu dessen Erlass jedoch nicht primär die nationalen Gesetzgebungsorgane berufen sind, sondern – über ihre Mitgliedschaft im Europäischen Rat und im Rat der Europäischen Union – die mitgliedstaatlichen Exekutiven. Die der Unionsgesetzgebung zugrundeliegenden politischen Vorstellungen werden vom Europäischen Rat, der sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und den Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission zusammensetzt, in Bezug auf die allgemeinen politischen Ziele festgelegt (Art. 15 EUV). Für die Festlegung der Politik auf den unterschiedlichen Politikfeldern ist der Rat zuständig, der aus den Vertretern der Mitgliedstaaten auf Ministerebene besteht (Art. 16 Abs. 2 EUV), grundsätzlich mit qualifizierter Mehrheit entscheidet (Art. 16 Abs. 3 EUV) und der – in der Regel gemeinsam mit dem Europäischen Parlament – als zentrales Gesetzgebungsorgan der Europäischen Union fungiert (Art. 16 Abs. 1 EUV). Das stellt die parlamentarische Demokratie auf nationaler Ebene vor besondere Herausforderungen, weil das Parlament aus der Rolle der zentralen Entscheidungsinstanz teilweise verdrängt wird28.

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Vor diesem Hintergrund kann eine stärkere Einbindung der nationalen Parlamente in den Integrationsprozess deren Kompetenzverluste gegenüber der jeweiligen nationalen Regierung ausgleichen29 oder doch zumindest mindern30. Bei den Beratungen zu Art. 23 GG wurde diese stärkere Einbindung als Bedingung ausreichender demokratischer Legitimation der supranationalen Rechtsetzung betrachtet31. In den Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat wurde daher eine umfassende und frühestmögliche Unterrichtung des Parlaments durch die Bundesregierung gefordert, um Bundestag und Bundesrat (zumindest) Gelegenheit zur Einflussnahme auf die Mitwirkung der Bundesregierung an Vorhaben der Europäischen Union zu geben32.

Die stärkere Einbindung des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union durch weitreichende Informations- und Mitwirkungsrechte ist zudem Teil der institutionellen Architektur der Europäischen Union, die den nationalen Parlamenten eine über den einzelnen Mitgliedstaat hinausweisende Rolle zuweist und ihr demokratisches Legitimationspotential auf diese Weise für die Europäische Union fruchtbar machen will (vgl. Art. 12 EUV; Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union; Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit; BVerfGE 131, 152 <198>). Art. 23 GG korrespondiert insoweit mit Art. 12 EUV.

Dieser Zielsetzung hat die Auslegung von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG durch ein weites Verständnis des Begriffs der Angelegenheiten der Europäischen Union Rechnung zu tragen.

Für ein solch weites Verständnis spricht zunächst der Wortlaut von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG. Der Begriff „Angelegenheiten der Europäischen Union“ ist umfassend angelegt und nicht auf bestimmte Politikfelder beschränkt. Zu den Angelegenheiten der Europäischen Union gehören Vertragsänderungen und entsprechende Änderungen des Primärrechts (Art. 23 Abs. 1 GG; vgl. auch §§ 2 ff. IntVG) sowie Rechtsetzungsakte der Europäischen Union (Art. 23 Abs. 3 GG). Darin erschöpft sich sein Regelungsgehalt jedoch nicht33.

Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören etwa auch völkerrechtliche Verträge zu den Angelegenheiten der Europäischen Union, wenn sie in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Recht der Europäischen Union stehen34, unabhängig davon, ob sie auf eine förmliche Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG) gerichtet sind. Wann ein solches Ergänzungs- oder sonstiges besonderes Näheverhältnis zum Recht der Europäischen Union vorliegt, lässt sich regelmäßig nicht anhand eines einzelnen Merkmals bestimmen35. Entscheidend ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung der Umstände, einschließlich geplanter Regelungsinhalte, -ziele und -wirkungen, die sich, je nach Gewicht, einzeln oder in ihrem Zusammenwirken als ausschlaggebend erweisen können. Für die Zugehörigkeit zu den Angelegenheiten der Europäischen Union kann es etwa sprechen, wenn eine geplante völkerrechtliche Koordination im Primärrecht verankert oder die Umsetzung eines Vorhabens durch Regelungen des Sekundär- oder Tertiärrechts vorgesehen ist oder ein sonstiger qualifizierter inhaltlicher Zusammenhang mit dem Integrationsprogramm der Europäischen Union besteht. Des Weiteren kann es von Bedeutung sein, ob das Vorhaben von Organen der Europäischen Union vorangetrieben wird, diese in seine Verwirklichung – auch im Wege der Organleihe – einbezogen werden sollen oder wenn ein völkerrechtlicher Vertrag ausschließlich zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschlossen werden soll. Ein qualifizierter inhaltlicher Zusammenhang mit dem Integrationsprogramm der Europäischen Union (vgl. auch § 4 Abs. 4 Nr. 1 EUZBBG), der ein Ergänzungs- oder sonstiges besonderes Näheverhältnis zu diesem begründet, wird insbesondere dann vorliegen, wenn der Sinn eines Vorhabens gerade im wechselseitigen Zusammenspiel der unterschiedlichen Politikbereiche liegt oder wenn der Weg der völkerrechtlichen Koordinierung gewählt wird, weil gleichgerichtete Bemühungen um eine Verankerung im Primärrecht der Europäischen Union nicht die notwendigen Mehrheiten gefunden haben36. Schließlich erfasst Art. 23 Abs. 2 GG auch die Erarbeitung völkerrechtlicher Verträge und politischer Initiativen, wenn diese im obigen Sinne substantielle Berührungspunkte mit dem in den Verträgen niedergelegten Integrationsprogramm aufweisen37.

Systematische Gesichtspunkte bestätigen diese Lesart. So ist in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG von der Entwicklung der Europäischen Union zum Zwecke der Verwirklichung eines vereinten Europas die Rede, womit Programm und Zielrichtung der gesamten Vorschrift bestimmt werden. Dem würde es widersprechen, weite Teile des dynamischen und vielgestaltigen Prozesses der Integration im Rahmen der Europäischen Union von vornherein aus dem parlamentarischen Mitwirkungsrecht auszuklammern38.

Der in den Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission allgegenwärtige Kompensationsgedanke weist ebenfalls auf ein weites Verständnis der Regelung hin. Die Beteiligung von Bundestag und Bundesrat soll gewährleisten, dass diese über ihre Verantwortung für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union gemäß Art. 23 Abs. 1 GG hinaus auch am Vollzug des Integrationsprogramms mitwirken können. Art. 23 Abs. 2 GG zielt deshalb darauf, Bundestag und Bundesrat ausreichend Zeit für eine Entscheidung einzuräumen, ob und gegebenenfalls wie sie sich an der nationalen Willensbildung beteiligen möchten. Diese Frage stellt sich nicht nur mit Blick auf die Beteiligung an der Rechtsetzung im Sinne von Art. 288 ff. AEUV, sondern auch für sonstige Initiativen und Vorschläge, die für die Entwicklung der Europäischen Union und die Umsetzung ihres Integrationsprogramms von Bedeutung sind.

Über die Kompensationsfunktion hinaus soll Art. 23 Abs. 2 GG es dem Deutschen Bundestag wie auch dem Bundesrat ermöglichen, die Umsetzung des Integrationsprogramms möglichst effektiv zu begleiten und ihrer auf Art. 23 Abs. 1 GG gründenden Integrationsverantwortung39 gerecht zu werden. Um aber eine eigene europapolitische Agenda verfolgen oder über die Erhebung einer Subsidiaritätsklage gemäß Art. 23 Abs. 1a GG entscheiden zu können, ist es erforderlich, dass das Parlament und der Bundesrat frühestmöglich auf einen der Regierung im Wesentlichen ebenbürtigen Informationsstand gebracht werden.

Schließlich legt die historische Auslegung eine weite Interpretation des Begriffs der „Angelegenheiten der Europäischen Union“ nahe. Art. 23 Abs. 2 GG hat im Zusammenhang mit der Ratifikation des Vertrags von Maastricht, der die damals bereits über 30 Jahre alten supranationalen Europäischen Gemeinschaften mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik, zwei seinerzeit intergouvernemental organisierten Politikbereichen, unter dem Dach der Europäischen Union zusammenfasste, Eingang in das Grundgesetz gefunden40. Der verfassungsändernde Gesetzgeber des Jahres 1992 hatte somit ein Bild der Europäischen Union vor Augen, in der die – allein supranationalen – Europäischen Gemeinschaften und die intergouvernemental organisierten Bereiche unterschieden wurden. Wenn er vor diesem Hintergrund die Mitwirkungsrechte des Bundestages gleichwohl auf die Angelegenheiten der Europäischen Union bezog, liegt es nahe, dass er zwischen den Säulen der Europäischen Union nicht differenzieren wollte. Vielmehr sollte sich Art. 23 Abs. 2 GG auf alle Vorhaben der Europäischen Union erstrecken, die für die Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise den Bundestag von Interesse sein können41.

Die sich im Laufe der Beratungen verfestigende Einsicht, dass die europäische Integration ein dynamischer Entwicklungsprozess sei, der auf der Ebene der Mitgliedstaaten ein hohes Maß an Flexibilität erfordere42, bestätigt dies. Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung ergeben sich auch nicht aus der Ratifikation des Vertrags von Lissabon, weil nicht erkennbar ist, dass dadurch die Reichweite des Art. 23 Abs. 2 GG reduziert werden sollte14.

Umfang der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung

Gegenstand, Grenzen sowie Art und Weise der Unterrichtung des Deutschen Bundestages sind mit Blick auf den Normzweck, ihm eine effektive Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der Europäischen Union unter Wahrung der Eigenverantwortung der Exekutive zu ermöglichen, zu bestimmen. Nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG hat die Bundesregierung dies umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt und in einer zweckgerechten Weise zu tun.

Anknüpfungspunkt der Unterrichtungspflicht ist das in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte Recht des Deutschen Bundestages auf Mitwirkung in Angelegenheiten der Europäischen Union. Die Unterrichtung muss so erfolgen, dass dem Bundestag eine frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung möglich ist. Nur auf einer ausreichenden Informationsgrundlage ist der Bundestag in der Lage, den europäischen Integrationsprozess zu begleiten und zu beeinflussen, kann er das Für und Wider einer Angelegenheit diskutieren und Stellungnahmen erarbeiten. Das Parlament darf jedenfalls nicht in eine bloß nachvollziehende Rolle geraten43.

Die Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG soll dazu beitragen, „Informationsasymmetrien“ zwischen Bundesregierung und Bundestag auszugleichen, soweit dies zur Gewährleistung einer effektiven Wahrnehmung der parlamentarischen Rechte erforderlich ist. Dem liefe eine enge Auslegung zuwider.

Die Entstehungsgeschichte von Art. 23 Abs. 2 GG bestätigt dies. Vor der Neufassung des Art. 23 GG verlangten die im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen übereinstimmend die Verankerung von parlamentarischen Mitwirkungsrechten mit dem Ziel, die Entscheidungen über europäische Rechtsetzungsakte bereits vorab auf nationaler Ebene beeinflussen zu können44. Im Hinblick auf die Erfahrung, dass der Bundestag häufig vor vollendete Tatsachen gestellt worden war, die er nur noch hatte zur Kenntnis nehmen können, schlug die Gemeinsame Verfassungskommission die Festschreibung der Unterrichtungspflicht in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG vor. Es bestand insoweit weitgehende Einigkeit, dass eine fundierte Willensbildung und verantwortungsvolle Mitwirkung des Bundestages eine umfassende Information zum frühestmöglichen Zeitpunkt voraussetze45.

Nachdem die ursprünglich vorgesehene Bindung an die Stellungnahmen des Bundestages auf die – deutlich schwächere – Pflicht zu ihrer Berücksichtigung bei Rechtsetzungsakten der Europäischen Union reduziert worden war (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 GG), setzte der Bundestag im Gegenzug eine strengere Fassung der Unterrichtungspflicht durch31. Wenn die Unterrichtungspflichten der Bundesregierung daher im Vergleich mit den in Art. 23 Abs. 3 GG geregelten Mitwirkungsrechten des Bundestages eine überschießende Tendenz aufweisen, so verkörpert dies den spezifischen Zweck dieses institutionellen Arrangements, eine effektive Mitwirkung des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union trotz Fehlens formaler Bindungsmöglichkeiten durch eine umfassende Unterrichtung zu gewährleisten46.

Die Unterrichtungspflicht dient nicht nur dazu, die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages nach Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG und die Wahrnehmung seiner Integrationsverantwortung zu ermöglichen. Sie sichert zugleich auf nationaler Ebene ab, dass der Deutsche Bundestag die ihm in Art. 12 EUV sowie in Art. 1 und Art. 2 des Protokolls über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union und in Art. 4 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zugewiesenen Aufgaben erfüllen kann47.

Auslegung und Anwendung des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG haben darüber hinaus dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Information des Parlaments auch dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz parlamentarischer Öffentlichkeit dient48. Der Deutsche Bundestag trifft seine Entscheidungen grundsätzlich im Plenum und in öffentlicher Beratung. Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente des demokratischen Parlamentarismus. Gerade das im parlamentarischen Verfahren nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen, die sich bei einem weniger transparenten Vorgehen so nicht ergäben49. Im europäischen Kontext stärkt die für die Öffentlichkeit nachvollziehbare parlamentarische Willensbildung gleichzeitig die Responsivität von europäischen Entscheidungen im Hinblick auf Interessen und Überzeugungen von Bürgerinnen und Bürgern. Erst die Öffentlichkeit der Beratung schafft die Voraussetzungen für eine Kontrolle durch diese50. Dies gilt auch, wo die parlamentarische Beratung sich, sei es mitwirkend oder kontrollierend, auf das Entscheidungsverhalten bezieht. Die parlamentarische Verantwortung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern ist wesentliche Voraussetzung des von Art.20 Abs. 2 Satz 2 GG geforderten effektiven Einflusses des Volkes auf die Ausübung der Staatsgewalt51.

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Entscheidungen von erheblicher rechtlicher oder faktischer Tragweite für die Spielräume künftiger Gesetzgebung muss grundsätzlich ein Verfahren vorausgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen zu klären52. So hat der Deutsche Bundestag auch in einem System intergouvernementalen Regierens die haushaltspolitische Gesamtverantwortung nach diesen Grundsätzen wahrzunehmen, muss er der Ort sein, an dem eigenverantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entschieden wird, auch im Hinblick auf internationale und europäische Verbindlichkeiten53. Der Grundsatz der Budgetöffentlichkeit ist nichts anderes als eine Ausprägung des allgemeinen Öffentlichkeitsprinzips der Demokratie54.

Die Unterrichtung des Bundestages nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG muss

  • in sachlicher Hinsicht umfassend sein,
  • in zeitlicher Hinsicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt und
  • in einer zweckgerechten Weise erfolgen.

Das Erfordernis der umfassenden Unterrichtung soll dem Deutschen Bundestag die effektive Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte ermöglichen. Dementsprechend ist eine umso intensivere Unterrichtung geboten, je komplexer ein Vorgang ist, je tiefer er in den Zuständigkeitsbereich der Legislative eingreift und je mehr sich der Unterrichtungsgegenstand einer förmlichen Beschlussfassung oder Vereinbarung annähert. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Qualität, Quantität und Aktualität der Unterrichtung unter Berücksichtigung der aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung folgenden Grenzen55.

In qualitativer Hinsicht erfasst die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung zunächst Initiativen und Positionen der Bundesregierung selbst. Darüber hinaus erstreckt sie sich auf die Weiterleitung amtlicher Unterlagen und Dokumente der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union und anderer Mitgliedstaaten in Angelegenheiten der Europäischen Union. Sie ist darauf aber nicht beschränkt. Sobald und soweit die Bundesregierung selbst mit einer Angelegenheit befasst ist, können auch ihr vorliegende Informationen über informelle und (noch) nicht schriftlich dokumentierte Vorgänge erfasst sein. Die Unterrichtungspflicht kann, unabhängig von einer förmlichen Dokumentation, auch Gegenstand, Verlauf und Ergebnis der Sitzungen und Beratungen von Organen und Gremien der Europäischen Union betreffen, in denen die Bundesregierung vertreten ist56.

Nach dem Zweck der Unterrichtungspflicht kommt es nicht darauf an, ob die Bundesregierung die Informationen auf offiziellem Wege oder auf andere Weise erlangt hat. Unerheblich für das Bestehen einer Weiterleitungspflicht ist ferner, ob die Dokumente und Informationen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union stammen oder aus der Sphäre anderer Mitgliedstaaten. Auch die eventuelle Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Information (vgl. etwa Art. 6 der Geschäftsordnung des Rates; ABl EU Nr. L 325 vom 11.12.2009, S. 35) steht ihrer Weiterleitung an den Bundestag grundsätzlich nicht entgegen. In Fällen, in denen das Wohl des Staates durch das Bekanntwerden vertraulicher Informationen gefährdet werden kann, kann die Unterrichtung vertraulich erfolgen57. Die Voraussetzungen dafür hat der Bundestag mit dem Erlass seiner Geheimschutzordnung geschaffen58.

Quantität und Detailliertheit der dem Deutschen Bundestag zu übermittelnden Informationen bemessen sich im Hinblick auf den Zweck der Unterrichtung nach der Bedeutung einer Angelegenheit und dem jeweiligen Sach- und Verhandlungsstand59. So muss der Bundestag von allen Vorgängen erfahren, die seiner Mitwirkung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG unterliegen, und dabei die für eine fundierte Beschlussfassung erforderlichen Informationen erhalten.

Eine „Überflutung“ des Parlaments mit Informationen, die aufgrund ihrer Masse weder durch die Mitglieder des Bundestages noch durch die Parlamentsverwaltung verarbeitet werden können, ist nicht Sinn des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Zwar ist es in erster Linie Aufgabe des Parlaments selbst, im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie für eine sachgerechte Sichtung und Bewertung der unter Art. 23 Abs. 2 GG fallenden Angelegenheiten zu sorgen und die organisatorischen Voraussetzungen für die Verarbeitung der ihm übermittelten Informationen zu schaffen. Für Angelegenheiten, die nur von erkennbar geringer Bedeutung für den Bundestag sind, oder für Vorgänge, die sich noch in einem sehr frühen, wenig konkreten Verfahrensstadium befinden, ermöglicht Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG allerdings eine lediglich kursorische, auf wesentliche Eckpunkte beschränkte Unterrichtung, solange der Bundestag in der Lage ist, weitere Informationen nachzufordern. Auch einer übermäßigen Belastung der Regierung, die deren Funktions- und Arbeitsfähigkeit bedroht, kann bei geringem Informationsinteresse des Parlaments im Einzelfall im Rahmen einer Abwägung Rechnung getragen werden60.

Die gebotene umfassende Unterrichtung erschöpft sich – wie sich auch aus dem systematischen Zusammenhang mit der Pflicht zur frühestmöglichen Unterrichtung ergibt – nicht in einem einmaligen Tätigwerden. Es handelt sich vielmehr um eine auf Dauer angelegte, fortlaufende Pflicht, die jedes Mal aktualisiert wird, wenn sich bei der Behandlung einer Angelegenheit neue politische oder rechtliche Fragen stellen, zu denen sich der Deutsche Bundestag noch keine Meinung gebildet hat61.

Rechtsetzungsakten der Europäischen Union und intergouvernementalen Vereinbarungen gehen regelmäßig komplexe und langwierige Abstimmungsprozesse voraus. Die Bundesregierung kann dem Bundestag dabei nur die ihr selbst jeweils vorliegenden Informationen zuleiten, so dass die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung nicht statisch, sondern dynamisch zu verstehen ist. Wissensstand und Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf einen Vorgang bleiben im Regelfall nicht gleich, sondern verändern sich im Laufe der Zeit. Mit zunehmender Konkretisierung eines Vorhabens ist daher typischerweise auch eine Zunahme der Informationsdichte auf Seiten der Bundesregierung verbunden. Mit jedem Erkenntnisgewinn der Bundesregierung entsteht eine Informationsasymmetrie im Verhältnis zum Bundestag, die – soll die verfassungsrechtliche Vorgabe einer „umfassenden“ Unterrichtung nicht wirkungslos bleiben – grundsätzlich ausgeglichen werden muss. Diese Pflicht zum Ausgleich von Informationsungleichgewichten zwischen Bundesregierung und Deutschem Bundestag verdichtet sich mit zunehmender Komplexität und Bedeutung eines Vorgangs sowie mit der zeitlichen Nähe zu einer förmlichen Beschlussfassung oder zum Abschluss einer Vereinbarung62.

Auch die strikten zeitlichen Anforderungen an die Unterrichtung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG („zum frühestmöglichen Zeitpunkt“) sollen gewährleisten, dass der Bundestag in der Lage ist, seine Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der Europäischen Union effektiv wahrzunehmen.

Entstehungsgeschichtlich erweist sich die strenge zeitliche Vorgabe als bewusste Abkehr von Art. 2 des Zustimmungsgesetzes zu den Römischen Verträgen vom 27.07.195763, der lediglich eine laufende Unterrichtung des Bundestages vorgeschrieben und eine der Beschlussfassung im Rat zeitlich vorgelagerte Unterrichtung nur als Soll-Vorschrift vorgesehen hatte. Auf dieser Grundlage waren dem Bundestag Informationen häufig erst nach einer Beschlussfassung im Rat zugegangen und damit später als dem Bundesrat und den deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlaments64. Die in der Gemeinsamen Verfassungskommission und im Sonderausschuss Europäische Union zeitweise diskutierten Formulierungen einer „rechtzeitigen“ oder einer „regelmäßigen“ Unterrichtung wurden vor diesem Hintergrund verworfen. Das Erfordernis einer regelmäßigen Unterrichtung stelle nicht hinreichend sicher, dass der Bundestag die relevanten Informationen so früh wie möglich erhalte31. Auch erschien den Mitgliedern der Gemeinsamen Verfassungskommission der Begriff „rechtzeitig“ zu unbestimmt, da er einen weiten Interpretationsspielraum eröffne und den Unterrichtungszeitpunkt letztlich in das Ermessen der Bundesregierung stelle. Um eine fundierte Willensbildung des Bundestages zu ermöglichen, sei eine umfassende Information zum frühestmöglichen Zeitpunkt unerlässlich65.

Dem Zeitpunkt der Unterrichtung kommt eine ihrem Umfang gleichrangige Bedeutung zu. Nur wenn der Bundestag frühzeitig von einem Vorhaben erfährt, kann er den regelmäßig durch eine Vielzahl von Akteuren getragenen Entscheidungsprozess in Angelegenheiten der Europäischen Union noch beeinflussen. Im Hinblick darauf ist die in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG genannte Zeitvorgabe „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ so auszulegen, dass der Bundestag die Informationen der Bundesregierung spätestens zu einem Zeitpunkt erhalten muss, der ihn in die Lage versetzt, sich fundiert mit dem Vorgang zu befassen und eine Stellungnahme zu erarbeiten, bevor die Bundesregierung nach außen wirksame Erklärungen, insbesondere bindende Erklärungen zu unionalen Rechtsetzungsakten und intergouvernementalen Vereinbarungen, abgibt. Das schließt es aus, dass die Bundesregierung ohne vorherige Beteiligung des Deutschen Bundestages konkrete Initiativen ergreift oder an Beschlussfassungen mitwirkt, und gebietet die Weiterleitung sämtlicher Dokumente, sobald sie zum Gegenstand von Verhandlungen gemacht werden66.

Offizielle Dokumente, Berichte und Mitteilungen müssen daher ebenso wie alle inoffiziellen Informationen an den Bundestag weitergeleitet werden, sobald sie in den Einflussbereich der Bundesregierung gelangen. Ein Ermessen der Bundesregierung hinsichtlich des Zeitpunktes der Weiterleitung besteht nicht. Verzögerungen bei der Weiterleitung sind nur zulässig, um der Bundesregierung eine Prüfung der Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG zu ermöglichen. Über Sitzungen der Organe und informelle Beratungen, an denen die Bundesregierung beteiligt ist, muss der Bundestag – auch wenn noch keine förmlichen Vorschläge oder sonstige Beratungsgrundlagen existieren – bereits im Voraus und so rechtzeitig informiert werden, dass er sich über den Gegenstand der Sitzungen eine Meinung bilden und auf die Verhandlungslinie und das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung Einfluss nehmen kann. Über den Verlauf und die erzielten Zwischen- und Endergebnisse ist er unmittelbar im Anschluss an die Beratungen zu unterrichten. Für das Gebot laufender Aktualisierung des Informationsstandes des Bundestages gilt das bereits Gesagte67.

Adressat der Unterrichtung gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ist der Bundestag als Ganzer. Damit soll gewährleistet werden, dass sämtliche Abgeordnete gleichermaßen und unterschiedslos auf die übermittelten Informationen zugreifen können. Es ist allerdings in erster Linie Sache des Bundestages selbst, dafür Sorge zu tragen, dass die ihm übermittelten Informationen einer effektiven parlamentarischen Willensbildung zugeführt werden. Insbesondere obliegt ihm die Entscheidung, in welchem Umfang er den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß Art. 45 Satz 2 GG ermächtigt, die Rechte des Bundestages gemäß Art. 23 GG gegenüber der Bundesregierung wahrzunehmen. „Inoffizielle“ Informationen einzelner Ausschüsse oder Abgeordneter sowie von Fraktionen und deren Obleuten in den Ausschüssen erfüllen den Anspruch des Bundestages aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht68.

Aus dem Zweck von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ergeben sich ferner Anforderungen an das Verfahren und die Form der Unterrichtung. Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt im Grundsatz eine schriftliche Unterrichtung durch die Bundesregierung. Zwar ist die Schriftform in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht ausdrücklich vorgesehen. Angesichts der Anforderungen an Klarheit, Verstetigung und Reproduzierbarkeit, die an eine förmliche Unterrichtung des Parlaments zu stellen sind, erscheint die Schriftform gegenüber der mündlichen Unterrichtung als das vorrangige Medium zur effektiven Information des Bundestages. Der mündlichen Unterrichtung des Plenums, des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union wie auch der Fachausschüsse kommt vor diesem Hintergrund grundsätzlich nur eine ergänzende und erläuternde Funktion zu. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen und insbesondere im Hinblick auf das Gebot einer Unterrichtung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zulässig, unter Umständen aber auch geboten. Da Informationsasymmetrien zwischen Regierung und Parlament nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht nur best, sondern auch schnellstmöglich beseitigt werden sollen, sind Konstellationen denkbar, in denen die Bundesregierung eine umfassende und zugleich frühestmögliche Unterrichtung nur mündlich sicherstellen kann. Das ist etwa der Fall, wenn zu einer Angelegenheit noch keine schriftlichen Unterlagen vorliegen und in vertretbarer Zeit auch nicht beschafft oder hergestellt werden können, eine Unterrichtung des Deutschen Bundestages jedoch im Hinblick auf die effektive Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte erforderlich ist. Für die Überlassung fremdsprachiger Unterlagen gilt Vergleichbares. Entfällt das Hindernis, ist das entstandene Informationsdefizit unverzüglich auszugleichen69.

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Unterrichtungspflicht in Angelegenheit von GASP und GSVP

Die Verpflichtung der Bundesregierung zur umfassenden und frühestmöglichen Unterrichtung des Bundestages gilt auch für Maßnahmen in den Bereichen der GASP und der GSVP. Dies gilt unbeschadet des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts.

Die Zuständigkeit der Europäischen Union für die GASP erstreckt sich auf die gesamte Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen der Sicherheit der Europäischen Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann (Art. 24 Abs. 1 UAbs. 1 EUV). Art. 21 Abs. 3 UAbs. 2 EUV fordert hierbei eine inhaltliche Verschränkung von GASP und GSVP mit supranationalen Politikbereichen der Europäischen Union im Sinne umfassender Gesamtstrategien. Die GASP stellt (weiterhin) eine im Wesentlichen intergouvernementale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten dar (vgl. Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 EUV)70. Eine Übertragung von Hoheitsrechten im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG hat insoweit nicht stattgefunden.

Diese Besonderheit stellt jedoch nicht in Frage, dass die in Art. 23 ff. EUV geregelte GASP Teil des Integrationsprogramms der Europäischen Union ist. Sie wird von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union vollzogen, ihre Beschlüsse binden die Mitgliedstaaten (Art. 28 Abs. 2 EUV) und haben Vorrang vor dem nationalen Recht71. Die Mitgliedstaaten sind zur Achtung und Unterstützung der GASP verpflichtet (Art. 24 Abs. 3 EUV) und angehalten, für die Standpunkte der Europäischen Union auf internationaler Ebene einzutreten und ihr Verhalten zu koordinieren (Art. 32, Art. 34 EUV). Mit dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 18 EUV) und dem Europäischen Auswärtigen Dienst (Art. 27 Abs. 3 EUV) wurde die GASP auch institutionell abgesichert. Zudem ist der Politikbereich – vom Vertragsgeber gewollt – auf vielfältige Weise mit dem sonstigen Integrationsprogramm der Europäischen Union verflochten. So setzt etwa der Erlass restriktiver Maßnahmen nach Art. 215 AEUV einen vorherigen Beschluss über die Beschränkung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem Drittstaat im Rahmen der GASP voraus. Im Übrigen richtet sich die GASP an gemeinsamen Grundsätzen und Wertvorstellungen aus (Art. 3 Abs. 5, Art. 21 EUV), sie beruht auf gemeinsamen strategischen Interessen, Grundsätzen und Zielen (Art. 21, Art. 22 EUV) und strebt eine immer stärkere Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten an (Art. 24 Abs. 2 EUV). Die GASP ist vor diesem Hintergrund eine eigenständige Politik der Europäischen Union und integraler Bestandteil der europäischen Rechtsordnung.

Dass die übrigen Organe der Europäischen Union, insbesondere das Europäische Parlament, an der Festlegung und der Durchführung der GASP nicht maßgeblich beteiligt sind (vgl. Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 5 EUV), steht ihrer Qualifikation als Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne des Art. 23 Abs. 2 GG nicht entgegen. Die Befugnisse des Europäischen Parlaments im Bereich der GASP sind – anders als in anderen Bereichen des Integrationsprogramms – gering72 und beschränken sich im Wesentlichen auf Anhörungsrechte (Art. 27 Abs. 3 Satz 4, Art. 36 UAbs. 1 Satz 1, Art. 41 Abs. 3 UAbs. 1 Satz 2 EUV). Beschlüsse kommen ohne seine Mitwirkung zustande, über ein Initiativ- oder Mitentscheidungsrecht verfügt es – anders als die Kommission (Art. 30 Abs. 1 EUV) – nicht. Allerdings gibt es eine Pflicht zur Unterrichtung des Europäischen Parlaments (Art. 36 UAbs. 1 Satz 1 und Satz 3 EUV) sowie zur Berücksichtigung seiner Auffassungen (Art. 36 UAbs. 1 Satz 2 EUV). Auch kann es Anfragen und Empfehlungen verfassen (Art. 36 UAbs. 2 Satz 1 EUV) und Aussprachen durchführen (Art. 36 UAbs. 2 Satz 2 EUV). Neben diesen Befugnissen besitzt das Europäische Parlament die Möglichkeit, durch die Entscheidung über die Haushaltsansätze und allgemeine Entschließungen auf die GASP Einfluss zu nehmen73. Gleichwohl erfolgt die demokratische Legitimation der GASP vornehmlich über den Rat und (mittelbar) die nationalen Parlamente74. Zu berücksichtigen ist überdies, dass eine Kompensation der geringen demokratischen Legitimation der GASP auf europäischer Ebene durch eine gerichtliche Kontrolle75 praktisch ausscheidet; dem Gerichtshof der Europäischen Union kommt – von zwei Ausnahmen abgesehen – in diesem Bereich keine Zuständigkeit zu (Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 6 EUV)76.

Eine demokratische Legitimation und Kontrolle von Maßnahmen ist gerade im rechtlich schwer regelbaren, stark politisch und wenig sachgegenständlich bezogenen Bereich der GASP besonders bedeutsam, um die Entstehung unkontrollierter exekutiver Bereiche zu verhindern. Dies setzt – da die Legitimationsabstützung durch das Europäische Parlament, wie dargelegt, gering ist – mit Blick auf die Bundesrepublik Deutschland vor allem ein effektives Mitwirkungsrecht des Deutschen Bundestages bei der GASP voraus und, dem vorgelagert, einen möglichst umfassenden Informationsanspruch.

Dass Angelegenheiten der GASP der Unterrichtungsverpflichtung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG unterfallen, wird im Übrigen durch § 7 Abs. 1 Satz 1 EUZBBG bestätigt77, auch wenn dieser Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG konkretisierenden einfach-gesetzlichen Regelung keine konstitutive Bedeutung zukommt. Anders als die Vorschrift des § 11 EUZBLG, der Angelegenheiten der GASP aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes generell ausklammert, wiederholt § 7 Abs. 1 Satz 1 EUZBBG für die GASP und die GSVP – ebenso wie § 3 Abs. 1 Satz 1 EUZBBG77 – die verfassungsrechtliche Pflicht zur umfassenden, fortlaufenden und frühestmöglichen Unterrichtung und ist insoweit im Lichte von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG auszulegen und zu handhaben.

Schließlich stellte es einen Widerspruch dar, wenn nach bereits gefestigter Rechtsprechung außerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Union errichtete Institutionen wie der Europäische Stabilitätsmechanismus oder das Einheitliche Patentgericht zu den Angelegenheiten der Europäischen Union im Sinne von Art. 23 Abs. 2 GG gerechnet würden78, die im Vertrag über die Europäische Union jedoch ausführlich geregelte GASP nicht.

Die GSVP ist „integraler Bestandteil“ der GASP (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 EUV). Vorbehaltlich der Spezialregelungen in Art. 42 bis Art. 46 EUV unterliegt sie demselben Rechtsrahmen wie die GASP. Auch die GSVP ist intergouvernemental strukturiert, gleichwohl fester Bestandteil des Integrationsprogramms der Europäischen Union. Bei Maßnahmen der GSVP handelt es sich somit ebenfalls um Angelegenheiten der Europäischen Union im Sinne von Art. 23 Abs. 2 GG.

Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland (Art. 24 Abs. 2 oder Art. 87a Abs. 3 GG) sowie der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt79 werden von der Verpflichtung der Bundesregierung zur umfassenden und frühestmöglichen Information in Angelegenheiten der GSVP nicht berührt, weil es hier nicht nur um die Möglichkeit zur Mitbestimmung von Angelegenheiten der Europäischen Union geht, sondern der Deutsche Bundestag der insoweit maßgebliche Entscheidungsträger ist80.

Unterrichtungspflicht und Geheimschutzregelungen

Die Verpflichtung der Bundesregierung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG gilt gegenüber dem Bundestag insgesamt und wird nur erfüllt, wenn die Informationen allen Abgeordneten und damit auch der Öffentlichkeit frei zugänglich sind. Seine Repräsentationsfunktion nimmt der Deutsche Bundestag grundsätzlich in seiner Gesamtheit wahr, durch die Mitwirkung aller seiner Mitglieder81, nicht durch einzelne Abgeordnete, eine Gruppe von Abgeordneten oder die parlamentarische Mehrheit.

Die Wahrnehmung der Repräsentationsfunktion durch den Deutschen Bundestag als Ganzen setzt gleiche Mitwirkungsbefugnisse aller Abgeordneten voraus82. Daher ist jeder Abgeordnete berufen, an der Arbeit des Bundestages, seinen Verhandlungen und Entscheidungen mit grundsätzlich gleichen Rechten und Pflichten teilzunehmen. Zu den Befugnissen der Abgeordneten gehört neben dem Rederecht83, dem Stimm- und dem Initiativrecht vor allem auch die Beteiligung an der Ausübung des Frage- und Informationsrechts84.

Adressat der Unterrichtungspflicht ist der Bundestag als Ganzer85. Eine Begrenzung des Adressatenkreises stellt eine nur eingeschränkte Erfüllung der Informationsverpflichtung dar.

Auch eine klassifizierte, das heißt Geheimschutzregelungen unterliegende Information des Bundestages wird den Anforderungen von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG grundsätzlich nicht gerecht, weil die Information des Parlaments zugleich dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz parlamentarischer Öffentlichkeit dient. Entscheidungen von erheblicher Tragweite muss grundsätzlich ein Verfahren vorausgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen in öffentlicher Debatte zu klären86.

Grenzen der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung nach Art. 23 Abs. 2 GG können sich aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung oder dem Staatswohl ergeben.

Das Funktionengefüge des Grundgesetzes geht davon aus, dass die Regierung einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung besitzt, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt87. Für diesen gilt ein Verbot des Mitregierens des Bundestages88. Dieses ist auch im Rahmen der Informationspflichten gemäß Art. 23 Abs. 2 GG zu beachten89.

Zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gehört jedenfalls der Prozess der Willensbildung der Regierung, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vor allem in ressortinternen und -übergreifenden Abstimmungsprozessen vollzieht90. Über den internen Willensbildungsprozess der Bundesregierung muss der Bundestag nicht informiert werden91, sondern lediglich über dessen Ergebnisse92. Nicht abgestimmte Positionspapiere unterliegen daher nicht der Informationspflicht. Die Unterrichtung erstreckt sich grundsätzlich nur auf das Ergebnis der Willensbildung innerhalb der Bundesregierung93. Solange diese nicht abgeschlossen ist, besteht daher kein Anspruch des Parlaments auf Unterrichtung94.

Dies umfasst typischerweise auch das Ausloten von Verhandlungspositionen und die vertrauliche Kommunikation mit ausländischen Staats- und Regierungschefs weit im Vorfeld von Beschlussfassungen der Europäischen Union. Soweit dabei gewonnene Informationen nicht in den Willensbildungsprozess der Europäischen Union einfließen, erfordert der Zweck von Art. 23 Abs. 2 GG, dem Bundestag eine frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung zu ermöglichen, auch keine Unterrichtung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Damit kann die Bundesregierung berechtigten Vertraulichkeitserwartungen zur Erhaltung ihrer außen- und europapolitischen Handlungsfähigkeit sowie des Ansehens und des Vertrauens in die Bundesrepublik Deutschland in der Staatengemeinschaft95 Rechnung tragen.

Der gegenüber dem Parlament abgeschirmte Bereich wird aber verlassen, wenn die Bundesregierung ihre Willensbildung abgeschlossen hat und mit den (Teil-)Ergebnissen an die Öffentlichkeit oder in den Abstimmungsprozess mit Dritten tritt96.

Grenzen der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG können sich auch aus dem Staatswohl ergeben. Daraus folgende Geheimhaltungserfordernisse stehen der Unterrichtung des Bundestages in der Regel allerdings nicht entgegen97. Diesen ist vielmehr durch eine vertrauliche Weiterleitung entsprechend den Vorgaben der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages Rechnung zu tragen98. Die Anwendung der Geheimschutzordnung stellt grundsätzlich ein taugliches Instrument des Ausgleichs zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Exekutive und dem Informationsinteresse des Parlaments dar99.

Will die Bundesregierung ihre Informationspflicht gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG wegen der genannten Grenzen ganz oder teilweise nicht erfüllen, muss sie sich gegenüber dem Deutschen Bundestag darauf berufen und die Gründe für den Verzicht auf seine umfassende und frühestmögliche Unterrichtung darlegen. Durch das Begründungserfordernis wird gewährleistet, dass der Bundestag die Gründe der Verweigerung einer Unterrichtung beziehungsweise einer Einstufung erfährt und in die Lage versetzt wird, sie nachzuvollziehen und die Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes abzuschätzen100. Eine substantielle Begründung ist zudem unentbehrliche Grundlage auch der (verfassungs-) gerichtlichen Kontrolle, die andernfalls weitgehend zur Disposition der Bundesregierung stünde101.

Liegen dem Parlament Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG unterfallenden Dokumentes vor, ist die Bundesregierung verpflichtet, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, warum dieses entweder keine Angelegenheit der Europäischen Union betrifft oder ein verfassungsrechtlicher Grund von solchem Gewicht vorliegt, dass er der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG im konkreten Fall entgegensteht. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Informationsverweigerungsrechts oder einer nur eingestuften Unterrichtung ist substantiiert, nicht lediglich formelhaft, darzulegen. Eine pauschale Berufung auf mögliche Ablehnungsgründe genügt nicht.

Ein Nachschieben von Gründen erst im Organstreitverfahren verfehlt den Zweck des Begründungserfordernisses, den Bundestag in die Lage zu versetzen, die Gründe der Unterrichtungsverweigerung nachzuvollziehen und die Erfolgsaussichten einer Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes abzuschätzen102 und kommt daher auch im Zusammenhang mit der Unterrichtungspflicht aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht in Betracht.

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Die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung über den Entwurf des Krisenmanagementkonzepts

Nach diesen Maßstäben hat die Bundesregierung den Deutschen Bundestag unter Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht umfassend und frühestmöglich über den ihr bereits am 30.04.2015 vorliegenden Entwurf des Krisenmanagementkonzepts informiert und damit gegen die ihr obliegenden Informationspflichten verstoßen. Die Bundesregierung hat die Rechte des Bundestages auch dadurch verletzt, dass sie nicht nachvollziehbar dargelegt hat, dass das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davuto?lu vom 23.09.2015 nicht der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG unterfällt.

Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag im Hinblick auf das Krisenmanagementkonzept in seinen Rechten aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt, indem sie es unterlassen hat, den ihr bereits am 30.04.2015 vorliegenden Entwurfstext an das Parlament zu übermitteln.

Das Krisenmanagementkonzept betrifft eine Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne von Art. 23 Abs. 2 GG. Es war Grundlage für die multinationale Mission EUNAVFOR MED Operation SOPHIA (vgl. 5. Erwägungsgrund sowie Art. 2 Abs. 1 Beschluss 2015/778), bei der es sich um eine Maßnahme der GSVP handelte. Es war damit inhaltlich auf einen in den Verträgen niedergelegten Politikbereich ausgerichtet.

Die Durchführung von GSVP-Missionen ist in Art. 43 f. EUV geregelt. Die Mission EUNAVFOR MED Operation SOPHIA war Teil der Europäischen Migrationsagenda und damit eines umfassenden europäischen Gesamtansatzes103. Organe der Europäischen Union arbeiteten das Krisenmanagementkonzept aus, wobei das Konzept unmittelbar der Verwirklichung von Zielen der Union diente (vgl. Art. 3 Abs. 2 EUV). Auch seine Umsetzung erfolgte durch die Europäische Union (vgl. Art. 1 Abs. 1 Beschluss 2015/778): Die Festlegung des Operationsgebietes wurde durch den Rat gebilligt (vgl. Art. 1 Abs. 2 Beschluss 2015/778), der auch die Einleitung der Operation beschloss (vgl. Art. 5 Beschluss 2015/778). Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee nahm unter der Verantwortung des Rates und der Hohen Vertreterin die politische Kontrolle und die strategische Leitung der Mission wahr (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Beschluss 2015/778). Für die militärische Leitung war der Vorsitzende des Militärausschusses der Europäischen Union verantwortlich (vgl. Art. 7 Abs. 1 Beschluss 2015/778). Die Hohe Vertreterin sorgte für die Durchführung des Beschlusses sowie für seine Kohärenz mit dem außenpolitischen Handeln der Union insgesamt (vgl. Art. 8 Abs. 1 Beschluss 2015/778). Bei der Mission erfolgte eine Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden (vgl. Art. 8 Abs. 3 Satz 1 Beschluss 2015/778). Schließlich war die Mission auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union begrenzt, Drittstaaten konnten aber zur Beteiligung eingeladen werden (vgl. Art. 9 Abs. 1 Beschluss 2015/778).

Dem steht nicht entgegen, dass im Bereich der Verteidigungspolitik – von der (vagen) Verpflichtung zur schrittweisen Verbesserung der militärischen Fähigkeiten (Art. 42 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 1 EUV) abgesehen – das Freiwilligkeitsprinzip gilt und die Mitgliedstaaten (rechtlich) nicht zu einer Teilnahme an einer Militäroperation gezwungen werden können104. Auch wenn das Krisenmanagementkonzept und die hierin behandelte Mission auf einer Selbstverpflichtung der teilnehmenden Mitgliedstaaten gründete, stellt dies die Einordnung als Angelegenheit der Europäischen Union nicht in Frage. Angelegenheiten der Europäischen Union sind nicht auf Akte der Rechtsetzung beschränkt, sondern erfassen auch andere Maßnahmen. Im Übrigen entfaltet das Krisenmanagementkonzept gegenüber den teilnehmenden Mitgliedstaaten durchaus eine (Selbst-)Bindung. Der Beschluss des Rates ist für die Mitgliedstaaten bei ihren Stellungnahmen und ihrem Vorgehen bindend (vgl. Art. 28 Abs. 2 EUV; vgl. aber auch Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 bis Satz 3 EUV).

Die Bundesregierung verfolgte mit der Krisenbewältigungsoperation105 zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten neben der Seenotrettung und der Schleuserbekämpfung auch das Ziel einer verstärkten Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern sowie eine Steigerung der innereuropäischen Solidarität und Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen106. Zudem sollte nach ihrem Willen die Stabilität der Länder in der südlichen Nachbarschaft der Europäischen Union befördert werden107. Der Bundestag muss angesichts der internationalen und gesamtgesellschaftlichen Bedeutung dieser Ziele daher in die Lage versetzt werden, sich mit dieser Thematik – auch und gerade in öffentlicher Debatte – auseinanderzusetzen und die Notwendigkeit und den Umfang der zu beschließenden Maßnahmen zu klären108.

Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag nicht umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über das Krisenmanagementkonzept unterrichtet und das parlamentarische Unterrichtungsrecht aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.

Die Bundesregierung war nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet, den Bundestag über das Konzept zu informieren, sobald es in ihren Einflussbereich gelangt war. Dabei bestanden wegen der weitreichenden verfassungsrechtlichen und politischen Bedeutung des Vorhabens hohe Anforderungen an Qualität, Quantität, Aktualität und Verwertbarkeit der Unterrichtung über die Verhandlungen darüber. Die Bundesregierung war verpflichtet, amtliche Unterlagen und Dokumente der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union und anderer Mitgliedstaaten unverzüglich an den Bundestag weiterzuleiten109 und diesen auch über frühe Stadien der Verhandlungen zu unterrichten110.

Die Bundesregierung war entscheidend an der Erarbeitung des Krisenmanagementkonzepts beteiligt und wäre daher in der Lage gewesen, den Bundestag frühzeitig über dessen Entstehung zu unterrichten. So ist insbesondere – wie von den Antragstellerinnen unwidersprochen vorgetragen – davon auszugehen, dass die Hohe Vertreterin der Bundesregierung den Entwurf bereits am 30.04.2015 unterbreitet hat. Der finale Entwurf lag dieser spätestens zur Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter am 6.05.2015 vor. Gleichwohl hat sie diesen dem Bundestag erst am 21.05.2015 und damit nach der Beschlussfassung des Rates der Europäischen Union am 18.05.2015 übersandt und so verhindert, dass der Bundestag auf das Krisenmanagementkonzept Einfluss nehmen konnte.

Die Verletzung der Unterrichtungspflicht dauerte über den 21.05.2015 hinaus fort, weil ab diesem Zeitpunkt lediglich die Abgeordneten des Auswärtigen Ausschusses, des Verteidigungsausschusses und des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union und auch nur in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages in das Krisenmanagementkonzept Einsicht nehmen konnten. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde zwar auch den Abgeordneten des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, des Innenausschusses, des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz sowie des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Zugang zu dem Dokument gewährt. Eine Übermittlung an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages erfolgte durch die Bundesregierung indes nicht. Vielmehr teilte der Staatsminister für Europa im Namen des Auswärtigen Amtes auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) am 24.06.2015 mit, dass die Bundesregierung dem federführenden Ausschuss sowie den mitberatenden parlamentarischen Ausschüssen das Krisenmanagementkonzept nach der Annahme durch den Rat für Außenbeziehungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übermittelt habe; eine Verpflichtung zur Weiterleitung aufgrund des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union habe nicht bestanden.

Auch die Einstufung des Krisenmanagementkonzepts als solche und die Möglichkeit, es nur in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einzusehen, verletzen Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Sie beeinträchtigen die Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments.

Gründe, die einer Übermittlung des Krisenmanagementkonzepts an das Parlament ausnahmsweise hätten entgegenstehen können, sind nicht ersichtlich. Das Krisenmanagementkonzept betrifft nicht die interne Willensbildung der Bundesregierung, so dass eine Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung ausscheidet.

Ob Geheimhaltungsgründe eine eingestufte Übermittlung des Krisenmanagementkonzepts an den Deutschen Bundestag getragen hätten, kann dahinstehen. Zumindest hätte eine derartige Übermittlung an den Bundestag in seiner Gesamtheit erfolgen müssen. Außerdem hat sich die Bundesregierung nicht auf eine Geheimhaltungsbedürftigkeit berufen, so dass sich nicht beurteilen lässt, ob es möglicherweise tragfähige Gründe für die Einstufung gab. Solche hätten die Zurverfügungstellung des Krisenmanagementkonzepts in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages begründen können, nicht jedoch die Vorenthaltung von Informationen gegenüber dem Bundestag als Ganzem.

Die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung über das das Schreiben des türkischen Außenministers

Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag desweiteren im Hinblick auf das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu vom 23.09.2015 in seinen Rechten aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt, indem sie es unterlassen hat, nachvollziehbar darzulegen, dass das Schreiben keine Angelegenheit der Europäischen Union betrifft oder die Unterlassung der Mitteilung seines Inhalts aus verfassungsrechtlichen Gründen angezeigt war.

Dem Deutschen Bundestag lagen konkrete Anhaltspunkte vor, dass das Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Davuto?lu vom 23.09.2015 der Unterrichtungspflicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG unterfällt. Nach der damaligen Presseberichterstattung soll es an alle seinerzeit 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gerichtet gewesen sein und die Zusammenarbeit der Türkei mit der Europäischen Union in Asyl- und Migrationsfragen zum Gegenstand gehabt haben. In diesem Fall hätte es sich um eine Angelegenheit der Europäischen Union im Sinne von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG gehandelt.

Der Gegenstand des Schreibens soll zudem einen unmittelbaren Bezug zu dem auf dem Gipfeltreffen am 29.11.2015 aktivierten Gemeinsamen Aktionsplan EU-Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen aufgewiesen haben, der ebenfalls eine Angelegenheit der Europäischen Union ist. Neben Regelungen zur Steuerung von Migrationsbewegungen und einer – nicht unerheblichen – finanziellen Unterstützung der Türkei durch die Europäische Union sollten hierbei Vereinbarungen hinsichtlich einer Neubelebung des Beitrittsprozesses sowie einer Liberalisierung der Visumspflicht für türkische Staatsangehörige getroffen werden. Auch diese Sachmaterien weisen einen konkreten Bezug zum Integrationsprogramm der Europäischen Union auf (Art. 77 ff. AEUV).

Die Bundesregierung war vor diesem Hintergrund verpflichtet, nachvollziehbar zu begründen, warum eine Unterrichtungspflicht gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG im konkreten Fall gleichwohl nicht bestand. Eine solche Begründung hat sie nicht abgegeben. Das Bundeskanzleramt hat zwar am 16.10.2015 ausgeführt, dass – soweit in dem Brief von Ministerpräsident Davuto?lu überhaupt Fragen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in Asyl- und Migrationsfragen enthalten gewesen seien – dies Gegenstand der üblichen und fortlaufenden Unterrichtung des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union geworden sei. Sie hat im Ergebnis jedoch offengelassen, ob das Schreiben tatsächlich Fragen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in Asyl- und Migrationsfragen zum Gegenstand hatte oder nicht.

Im Übrigen hat die Bundesregierung nicht nachvollziehbar dargelegt, dass verfassungsrechtliche Gründe der Übermittlungspflicht entgegengestanden hätten. Sie hat lediglich pauschal ausgeführt, dass es sich um ein an die Bundeskanzlerin persönlich gerichtetes Schreiben eines Regierungschefs handele, das generell nicht den Unterrichtungspflichten unterfalle, da durch die Durchbrechung der Vertraulichkeit dieser Korrespondenz die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung insgesamt erheblich beeinträchtigt wäre. Vorliegend war bereits zweifelhaft, ob das Schreiben einem besonderen Vertraulichkeitsschutz auch dann unterfällt, falls es nicht nur an die Bundeskanzlerin, sondern an alle Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union gerichtet gewesen wäre. Auch ist nicht erkennbar, dass es sich bei dem Schreiben um ein vertrauliches Ausloten von Verhandlungspositionen handelte. Der bloße Hinweis, dass es sich um ein persönliches Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten gehandelt habe, genügt insoweit nicht.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26. Oktober 2022 – 2 BvE 3/15

  1. vgl. Europäischer Rat, Erklärung zur außerordentlichen Tagung am 23.04.2015, EUCO 18/15[]
  2. vgl. Europäische Kommission, Mitteilung – Die Europäische Migrationsagenda, COM<2015> 240 final[]
  3. ABl EU Nr. L 122 vom 19.05.2015, S. 31[]
  4. vgl. BVerfG, Beschluss 2015/972 des Rates vom 22.06.2015 , S. 51[]
  5. vgl. BT-Drs. 18/6013[]
  6. vgl. BTPlenarprotokoll 18/127, S. 12346[]
  7. vgl. BT-Drs. 18/8878, S. 1; 18/12491, S. 1[]
  8. vgl. BTPlenarprotokoll 19/39, S. 3786[]
  9. vgl. BTPlenarprotokoll 18/127, S. 12338[]
  10. vgl. Europäischer Rat, Schlussfolgerungen zur Tagung vom 15.10.2015, EUCO 26/15, S. 1; Europäische Kommission, Fact sheet, MEMO/15/5860[]
  11. vgl. Europäische Kommission, Gemeinsamer Aktionsplan EU-Türkei – Durchführungsbericht, COM<2016> 85 final – Annex 1, S. 2; Gemeinsamer Aktionsplan EU-Türkei – Dritter Durchführungsbericht, COM<2016> 144 final, S. 2[]
  12. vgl. BVerfGE 1, 372 <379> 10, 4 <11> 49, 70 <77> 121, 135 <152> 131, 152 <193> 140, 115 <146 Rn. 81> 148, 11 <22 Rn. 35>[]
  13. vgl. BVerfGE 121, 135 <152> 131, 152 <194> 137, 185 <230 Rn. 127> 140, 115 <146 Rn. 81> 148, 11 <22 Rn. 35>[]
  14. vgl. BVerfGE 131, 152 <202>[][]
  15. vgl. BVerfGE 92, 80 <89> 103, 164 <170 f.> 107, 286 <297> 114, 107 <118> 131, 152 <191>[]
  16. vgl. Barczak, in: ders., BVerfGG, 2018, § 65 Rn. 1[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1989 – IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, S. 766; Kern, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl.2016, vor § 128 Rn. 296[]
  18. vgl. OLG München, Urteil vom 31.07.2002 – 7 U 2216/02, NJW-RR 2003, S. 983; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.12.2009 – 7 W 34/09, NJW 2010, S. 621 f.[]
  19. vgl. BGH, Urteil vom 17.03.1989 – V ZR 233/87, NJW-RR 1989, S. 1099; Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl.2022, vor § 128 Rn.20[]
  20. vgl. BVerfGE 104, 151 <207> 131, 152 <195>[]
  21. vgl. BVerfGE 104, 151 <207>[]
  22. vgl. BVerfGE 68, 1 <87> 104, 151 <207>[]
  23. vgl. BVerfGE 90, 286 <363> 104, 151 <207> 131, 152 <195 f.>[]
  24. vgl. BVerfGE 49, 89 <124 ff.> 68, 1 <87> 131, 152 <196> vgl. auch BVerfGE 150, 1 <99 Rn.197>[]
  25. vgl. BVerfGE 68, 1 <89> 90, 286 <364> 104, 151 <207>[]
  26. BVerfGE 68, 1 <109 f.> vgl. auch BVerfGE 104, 151 <208>[]
  27. vgl. BVerfGE 131, 152 <196 f.>[]
  28. vgl. BVerfGE 131, 152 <197> 158, 51 <70 Rn. 66> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  29. vgl. BVerfGE 131, 152 <197>[]
  30. vgl. BVerfGE 158, 51 <70 Rn. 66> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  31. vgl. Abgeordneter Verheugen, Gemeinsame Verfassungskommission, 11. Sitzung am 15.10.1992, Stenographischer Bericht, in: Deutscher Bundestag , Materialien zur Verfassungsdiskussion und zur Grundgesetzänderung in der Folge der deutschen Einigung, Bd. 1, Bericht und Sitzungsprotokolle, 1996, S. 543 <545>[][][]
  32. vgl. BVerfGE 131, 152 <197 f.> unter Hinweis auf Möller/Limpert, ZParl 24 <1993>, S. 21 <24 ff.>[]
  33. vgl. BVerfGE 131, 152 <199>[]
  34. vgl. BVerfGE 131, 152 <199> 153, 74 <146 Rn. 124> – Einheitliches Patentgericht; 158, 51 <71 Rn. 67> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  35. vgl. auch die Technik lediglich exemplarischer Aufzählung von Vorhaben in § 3 EUZBBG[]
  36. vgl. BVerfGE 131, 152 <199 f.> 153, 74 <146 f. Rn. 124 f.> – Einheitliches Patentgericht[]
  37. vgl. BVerfGE 131, 152 <201>[]
  38. BVerfGE 131, 152 <200>[]
  39. vgl. BVerfGE 123, 267 <351> 134, 366 <394 f. Rn. 47 f.> 142, 123 <211 Rn. 170>[]
  40. BVerfGE 131, 152 <201> vgl. auch BVerfGE 89, 155 <158 ff.> Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 9. Aufl.2021, § 3 Rn. 1[]
  41. vgl. BT-Drs. 12/6000, S. 21; BVerfGE 131, 152 <202> 158, 51 <72 Rn. 71> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  42. vgl. BT-Drs. 12/3338, S. 6; 12/6000, S.20[]
  43. vgl. BVerfGE 131, 152 <202 f.> 158, 51 <71 Rn. 69> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung; vgl. auch BVerfGE 129, 124 <178 f.> 130, 318 <344 f.>[]
  44. vgl. die Abgeordneten Dr. Möller und Verheugen, Gemeinsame Verfassungskommission, 11. Sitzung am 15.10.1992, Stenographischer Bericht, in: Deutscher Bundestag , Materialien zur Verfassungsdiskussion und zur Grundgesetzänderung in der Folge der deutschen Einigung, Bd. 1, Bericht und Sitzungsprotokolle, 1996, S. 543 <544 f.>[]
  45. vgl. BT-Drs. 12/3896, S.19; 12/6000, S. 21; vgl. auch Möller/Limpert, ZParl 24 <1993>, S. 21 <26>[]
  46. vgl. BVerfGE 131, 152 <203 f.> unter Hinweis auf Rath, Entscheidungspotenziale des Deutschen Bundestages in EU-Angelegenheiten, 2001, S. 43 ff.[]
  47. vgl. BVerfGE 131, 152 <204>[]
  48. vgl. BVerfGE 131, 152 <204> 158, 51 <71 f. Rn. 70> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  49. vgl. BVerfGE 131, 152 <204 f.>[]
  50. vgl. BVerfGE 131, 152 <205>[]
  51. vgl. BVerfGE 131, 152 <205> vgl. auch BVerfGE 83, 60 <71 f.> 93, 37 <66>[]
  52. vgl. BVerfGE 131, 152 <205> 158, 51 <72 Rn. 70> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  53. BVerfGE 131, 152 <205 f.> vgl. auch BVerfGE 129, 124 <178> 130, 318 <344> 132, 195 <239 f. Rn. 107> 135, 317 <400 Rn. 162> 142, 123 <230 Rn. 212> 154, 17 <87 Rn. 104> – PSPP-Programm der EZB; 157, 332 <381 Rn. 85> – ERatG – eA; 158, 51 <72 Rn. 70> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  54. vgl. BVerfGE 70, 324 <358> 131, 152 <206>[]
  55. vgl. BVerfGE 131, 152 <207> 158, 51 <72 Rn. 72> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  56. vgl. BVerfGE 131, 152 <207> 158, 51 <73 Rn. 73> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  57. vgl. BVerfGE 124, 78 <123 f.> 158, 51 <74 Rn. 78> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  58. vgl. BVerfGE 67, 100 <135> 70, 324 <359> 77, 1 <48> 130, 318 <362> 158, 51 <75 Rn. 79> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  59. vgl. BVerfGE 131, 152 <208>[]
  60. vgl. BVerfGE 110, 199 <220> 131, 152 <208 f.> VerfGH Berlin, Urteil vom 14.07.2010 – 57/08, DVBl 2010, S. 966; BayVerfGH, Beschluss vom 06.06.2011 – Vf. 49-IVa-10, NVwZ-RR 2011, S. 841 <843>[]
  61. vgl. BVerfGE 131, 152 <209> 158, 51 <73 Rn. 74> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  62. vgl. BVerfGE 131, 152 <209 f.> 158, 51 <73 Rn. 74> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  63. vgl. BGBl II S. 753[]
  64. vgl. Möller, Arbeitsunterlage Nr. 84 der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 15.10.1992[]
  65. vgl. Möller, Arbeitsunterlage Nr. 84 der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 15.10.1992; Möller/Limpert, ZParl 24 <1993>, S. 21 <26> Schmalenbach, Der neue Europaartikel 23 des Grundgesetzes im Lichte der Arbeit der Gemeinsamen Verfassungskommission, 1996, S. 144 f.[]
  66. BVerfGE 131, 152 <212> 158, 51 <78 f. Rn. 86> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  67. vgl. BVerfGE 131, 152 <212 f.> 158, 51 <79 Rn. 87> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  68. vgl. BVerfGE 131, 152 <213 f.>[]
  69. vgl. BVerfGE 131, 152 <214> 158, 51 <79 f. Rn. 90 f.> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  70. zur früheren Rechtslage: BVerfGE 89, 155 <176 f., 190> vgl. auch BVerfGE 131, 152 <201>[]
  71. vgl. Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 9. Aufl.2021, § 9 Rn. 140[]
  72. vgl. EuGH, Urteil vom 24.06.2014, Parlament/Rat, – C-658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 84 ff.; Urteil vom 14.06.2016, Parlament/Rat, – C-263/14, EU:C:2016:435, Rn. 68 ff.[]
  73. vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 6, 2011, Rn. 5355 ff.; Bitterlich, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar EUV-AEUV-GRCh, 6. Aufl.2012, Art. 36 EUV Rn. 2; Heintschel v. Heinegg, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar EUV GRC AEUV, Bd. 1, 2017, Art. 24 EUV Rn. 17; Oesch, Europarecht, Bd. I, 2. Aufl.2019, § 29 Rn. 858[]
  74. vgl. Classen, AöR 119 <1994>, S. 238 <252> Kokott, AöR 119 <1994>, S.207 <215> Diehr, Die Bewahrung der demokratischen und föderativen Struktur der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Integrationsprozeß, 1998, S. 108[]
  75. vgl. dazu BVerfGE 151, 202 <289 ff. Rn. 124 ff., 130> – Europäische Bankenunion[]
  76. vgl. EuGH, Urteil vom 24.06.2014, Parlament/Rat, – C-658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 69 f.; Urteil vom 02.11.2015, Eulex Kosovo/Elitaliana, – C-439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 43 ff.[]
  77. vgl. BVerfGE 157, 1 <25 Rn. 77> – CETA-Organstreit I[][]
  78. vgl. BVerfGE 131, 152 <215 ff.> 153, 74 <146 Rn. 123> – Einheitliches Patentgericht[]
  79. vgl. BVerfGE 90, 286 <381 ff.> 100, 266 <269> 104, 151 <208> 108, 34 <43> 121, 135 <154> 126, 55 <69 f.> 140, 160 <187 Rn. 67>[]
  80. vgl. BVerfGE 90, 286 <381 f.> 121, 135 <161> 140, 160 <193 f. Rn. 82>[]
  81. vgl. BVerfGE 44, 308 <316> 56, 396 <405> 80, 188 <218> 130, 318 <342>[]
  82. vgl. BVerfGE 44, 308 <316> 56, 396 <405> 130, 318 <342>[]
  83. vgl. BVerfGE 10, 4 <12> 60, 374 <379> 80, 188 <218>[]
  84. vgl. BVerfGE 13, 123 <125> 57, 1 <5> 67, 100 <129> 70, 324 <355> 130, 318 <342>[]
  85. vgl. BVerfGE 131, 152 <213 f.> 158, 51 <76 Rn. 81> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  86. vgl. BVerfGE 85, 386 <403 f.> 95, 267 <307 f.> 108, 282 <312> 130, 318 <344>[]
  87. vgl. BVerfGE 67, 100 <139> 77, 1 <59> 110, 199 <214> 124, 78 <120> 137, 185 <234 Rn. 136> 143, 101 <137 Rn. 119> 146, 1 <40 Rn. 89, 42 Rn. 92> 147, 50 <138 Rn. 229>[]
  88. vgl. BVerfGE 137, 185 <234 Rn. 136>[]
  89. vgl. BVerfGE 131, 152 <206> 158, 51 <76 Rn. 82> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  90. vgl. BVerfGE 67, 100 <139> 110, 199 <214, 222> 124, 78 <120> 131, 152 <206> 137, 185 <234 Rn. 136> 158, 51 <76 Rn. 82> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  91. vgl. BVerfGE 131, 152 <206>[]
  92. vgl. BVerfGE 137, 185 <234 f. Rn. 136 f.>[]
  93. vgl. BVerfGE 131, 152 <206> 137, 185 <234 f. Rn. 137> 146, 1 <42 Rn. 93> 147, 50 <139 Rn. 229> 158, 51 <76 Rn. 82> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  94. vgl. BVerfGE 137, 185 <234 Rn. 136> 158, 51 <76 f. Rn. 82> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  95. vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 15.06.2022 – 2 BvE 4/20, 2 BvE 5/20, Rn. 104 ff. – Äußerungsbefugnisse der Bundeskanzlerin[]
  96. vgl. BVerfGE 131, 152 <210> 158, 51 <76 Rn. 83> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  97. vgl. BVerfGE 137, 185 <243 Rn. 150, 152> 147, 50 <130 f. Rn.205> 158, 51 <74 Rn. 76> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  98. vgl. BVerfGE 67, 100 <135> 77, 1 <48> 130, 318 <362> 131, 152 <208, 223> 143, 101 <142 f. Rn. 138 f.> 146, 1 <43 Rn. 96> 147, 50 <131 Rn.206> 156, 270 <299 f. Rn. 91 f.> – Amri-Untersuchungsausschuss ; 158, 51 <75 Rn. 79> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
  99. vgl. BVerfGE 67, 100 <135> 70, 324 <359> 124, 78 <124 f.> 130, 318 <362> 131, 152 <208> 137, 185 <264 Rn.199> 143, 101 <143 Rn. 139> 146, 1 <43 f. Rn. 97> 147, 50 <131 Rn.207>[]
  100. vgl. allgemein zum parlamentarischen Frage- und Informationsrecht BVerfGE 124, 161 <193> 137, 185 <244 Rn. 156> 147, 50 <149 Rn. 253>[]
  101. vgl. allgemein zum parlamentarischen Frage- und Informationsrecht BVerfGE 124, 78 <128> 147, 50 <150 Rn. 256>[]
  102. vgl. zum parlamentarischen Frage- und Informationsrecht BVerfGE 124, 78 <147> 146, 1 <49 Rn. 108> 147, 50 <150 Rn. 259>[]
  103. vgl. BT-Drs. 18/6544, S. 4; Art. 3 Abs. 2, Art. 21 Abs. 3 UAbs. 2 EUV[]
  104. vgl. Schmahl, AöR 136 <2011>, S. 44 <78> Oesch, Europarecht, Bd. I, 2. Aufl.2019, § 29 Rn. 853; Cremer, in: Niedobitek, Europarecht, 2. Aufl.2020, § 22 Rn. 264; vgl. auch Graf v. Kielmannsegg, EuR 2006, S. 182 <195, 197>[]
  105. vgl. BT-Drs. 18/6544, S. 1; 18/7689, S. 1[]
  106. vgl. BT-Drs. 18/6544, S. 4[]
  107. vgl. BT-Drs. 18/8878, S. 6; 18/12491, S. 7[]
  108. vgl. auch BVerfGE 131, 152 <220>[]
  109. vgl. BVerfGE 131, 152 <220>[]
  110. vgl. BVerfGE 131, 152 <225 f.> 158, 51 <79 Rn. 87> – Griechenlandhilfen – Unterrichtungspflichten der Bundesregierung[]
Weiterlesen:
Das abgehangene NPD-Wahlplakat