Der vom Ehegatten abgeschlossene Stromlieferungsvertrag

Die im Rahmen eines Bedarfsdeckungsgeschäftes nach § 1357 Abs. 1 BGB wirksam begründete Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung endet nicht ohne weiteres schon mit der Trennung oder mit dem Auszug des mitverpflichteten Ehegatten aus der Ehewohnung; dies gilt auch für die nach Trennung oder Auszug verbrauchte Energie.

Der vom Ehegatten abgeschlossene Stromlieferungsvertrag

Der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages durch den Ehemann stellt ein Bedarfsdeckungsgeschäft im Sinne des § 1357 Abs. 1 BGB dar.

Die Rechtsfrage, ob die nach § 1357 Abs. 1 BGB wirksam begründete Mitverpflichtung eines Ehegatten aus einem von dem anderen Ehegatten vor der Trennung abgeschlossenen Energielieferungsvertrag für die Ehewohnung ohne weiteres bereits mit der Trennung oder mit dem Auszug aus der Ehewohnung endet, wird in der Rechtsprechung1 und in der Literatur2 einhellig und zutreffend verneint:

Eine solche Enthaftung des mitverpflichteten Ehegatten lässt sich insbesondere nicht aus § 1357 Abs. 3 BGB herleiten. Unmittelbar ist diese Vorschrift hier nicht anwendbar, weil sie für den Fall des Getrenntlebens nur die Wirkungen des § 1357 Abs. 1 BGB und damit die Mithaftung des nicht vertragschließenden Ehegatten bei Abschluss eines neuen Bedarfsdeckungsgeschäftes in der Trennungszeit ausschließt. So liegt der Fall hier nicht, weil es sich bei einem Versorgungsvertrag über die Lieferung von Strom um einen Bezugsvertrag (Dauerlieferungsvertrag) und damit um ein echtes Dauerschuldverhältnis handelt3 und es für die Begründung der hieraus resultierenden Forderungen auf den Abschluss des Dauerschuldvertrags und nicht auf die daraus hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten ankommt4. Eine Regelung zur Enthaftung eines Ehegatten von einer während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wirksam begründeten Mitverpflichtung lässt sich § 1357 Abs. 3 BGB dagegen nicht entnehmen.

Auch eine entsprechende Anwendung von § 1357 Abs. 3 BGB auf die Enthaftung des getrennt lebenden Ehegatten in den Fällen eines Dauerschuldverhältnisses kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Regelungslücke in Bezug auf den Fortbestand der Mithaftung des zwischenzeitlich getrennt lebenden Ehegatten für die nach der Trennung aus einem Dauerschuldverhältnis hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten. Ein gleichgelagertes Problem stellt sich bei allen Bedarfsdeckungsgeschäften stellt, bei denen zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung der Fall des Getrenntlebens eintritt. Wenn es insoweit an einer speziellen gesetzlichen Regelung fehlt, lässt dies darauf schließen, dass der Gesetzgeber eine automatische, nur an den Tatbestand des Getrenntlebens anknüpfende Enthaftung des zuvor wirksam mitverpflichteten Ehegatten nicht gewollt hat.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. April 2013 – XII ZR 159/12

  1. vgl. LG Koblenz RdE 1988, 215 f.; LG Oldenburg FamRZ 2006, 703; AG Wuppertal ZMR 1980, 239, 240; AG Bad Oeynhausen RdE 1984, 28, 29; AG Erlangen RdE 1986, 50, 51; AG Beckum FamRZ 1988, 501 f.; AG Neuruppin FamRZ 2009, 1221, 1222[]
  2. vgl. Palandt/Brudermüller BGB 72. Aufl. § 1357 Rn. 9; MünchKomm-BGB/Roth 6. Aufl. § 1357 Rn. 49; Staudinger/Voppel BGB [Bearbeitungsstand: April 2007] § 1357 Rn. 103; Eckebrecht in Scholz/Kleffmann/Motzer [Bearbeitungsstand: Mai 2012] Teil A Rn. 56; Soergel/Lange BGB 12. Aufl. § 1357 Rn. 18; Gernhuber/CoesterWaltjen Familienrecht 6. Aufl. § 19 Rn. 71; Hahn in BeckOK BGB [Stand: 1.02.2013] § 1357 Rn. 44; Grüne RdE 1986, 42, 45; Schütte/Horstkotte in Hempel/Franke Recht der Energie- und Wasserversorgung [Bearbeitungsstand: Juni 2011] § 32 AVBWasserV Rn. 68 mit zahlreichen weiteren Nachweisen[]
  3. Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl. vor § 311 Rn. 28, 30[]
  4. BGH Urteil vom 12.12.2005 – II ZR 283/03 NJW 2006, 765 mit weiteren Nachweisen[]