Unterbringungsanordnung durch das Gesundheitsamt – und die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts

Für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Unterbringungsanorndnung des Gesundheitsamtes nach § 7 PsychKG-SH sind in Schleswig-Holstein die Verwaltungsgericht zuständig und nicht die Zivilgerichte im FamFG-Verfahren.

Unterbringungsanordnung durch das Gesundheitsamt – und die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts

Die Möglichkeit der Anfechtung von Maßnahmen der Gesundheitsbehörde im Verwaltungsverfahren einschließlich der Vollstreckung und während der Verwaltungsunterbringung ist durch Art.19 Abs. 4 GG garantiert. Nach der Generalklausel des § 40 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, wenn nicht das Landesrecht einen davon abweichenden Rechtsweg regelt1

Zwar haben verschiedene Länder davon Gebrauch gemacht. Schleswig-Holstein gehört nicht dazu. Mangels einer Norm, die die Überprüfung des Handelns des Gesundheitsamts den Zivilgerichten zuweist, bleibt es bei der Regel, dass der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.

Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 104 Abs. 2 GG. Danach hat nur der Richter über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung zu entscheiden. Daraus ergibt sich nicht, dass das Zivilgericht für die Entscheidung zuständig ist. Dazu wäre eine Zuweisung an die Zivilgerichte im PsychKG-SH erforderlich, an der es fehlt.

Soweit das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 02.12.19922 eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts in Bezug auf einstweilige Sofortmaßnahmen der Kreisgesundheitsbehörde verneint hat, folgt das Landgericht Kiel dem – soweit der Verwaltungsrechtsweg für die hier vorliegende Fallgestaltung verneint werden sollte – nicht.

Zunächst ist festzuhalten, dass auch dass OVG die Zuständigkeit der Zivilgerichte nicht etwa aus Art. 104 Abs. 2 GG folgert. Vielmehr stützt das OVG die Unzuständigkeit der Verwaltungsgerichte zum einen auf eine „Doppelgleisigkeit“ der Rechtsmittelverfahren. Dies Argument überzeugt nicht. Bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit ist es ohne weiteres möglich, dass etwa die Maßnahme des Gesundheitsamtes rechtswidrig und die Entscheidung des Amtsgerichts rechtmäßig ist. Ebenso ist die umgekehrte Fallgestaltung möglich. Im Übrigen ist es Aufgabe des Gesetzgebers, eine – hier nicht gegebene – Doppelgleisigkeit zu verhindern. Selbst wenn sie vorläge, ersetzte sie die Zuweisung der Zuständigkeit an die Zivilgericht nicht.

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Das OVG stützt die Unzuständigkeit der Verwaltungsgerichte weiter auf eine mit Art. 104 GG „nicht zu vereinbarende Verzögerung der richterlichen Entscheidungen“. Dieses Argument ist unrichtig. Zu Verzögerungen kommt es nicht. Soweit es die Eilbedürftigkeit betrifft, hat das Gesundheitsamt schon aufgrund der Verfassungsbestimmung in Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Mit dieser Entscheidung wird allerdings die Unterbringung durch das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten aufgrund der bei der Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage angeordnet (oder abgelehnt), nicht aber etwa die Rechtmäßigkeit der bisherigen Entscheidung des Gesundheitsamtes überprüft. Dementsprechend hat das AG Kiel hier auf Antrag der Beteiligten die Unterbringung der Betroffenen angeordnet, ohne dass es dazu berufen war oder gar darüber entschieden hat, ob die vorläufige Unterbringung durch das Gesundheitsamt rechtens war. Damit war aber die Unterbringungsmaßnahme durch das Gesundheitsamt erledigt. Anders als die Unterbringungsmaßnahme selbst unterliegt die Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht dem aus Art. 104 GG abzuleitenden besonderen Beschleunigungsgebot und muss nach Erledigung der Maßnahme nicht unverzüglich, spätestens bis zum Ende des Folgetages, erfolgen.

Demgemäß ist aus den eingangs genannten Gründen mangels Zuweisung an die Zivilgerichte der Verwaltungsrechtsweg für den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Maßnahmen nach § 11 PsychKG-SH gegeben.

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Landgericht Kiel, Beschluss vom 3. Oktober 2013 – 3 T 221713

  1. Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, München 2001, Rn. B 101, Seite 108[]
  2. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.12.1992 – 2 M 73/92[]