Einkünfte aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft – und der Progressionsvorbehalt

Zur Frage, ob ein „Wahlrecht“ zur Überschussrechnung eines an einer bilanzierenden ausländischen Kapitalgesellschaft atypisch still Beteiligten (sog. „Goldfinger-Modell“) besteht, liegt keine Divergenz der Rechtsprechung des I. Senats zur Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofs vor.

Einkünfte aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft – und der Progressionsvorbehalt

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ist strittig, ob im Rahmen der Anwendung des Progressionsvorbehalts (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2008) Einkünfte aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft durch eine Einnahmen-/Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden können.

Der atypisch stille Gesellschafter ist in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und war als atypisch stiller Gesellschafter an einer S.a.r.l. (VS) mit Sitz in Luxemburg beteiligt. Geschäftsführer der VS war wiederum eine S.a.r.l. mit Sitz in Luxemburg. Die VS betrieb ein Handelsgewerbe, dessen Unternehmensgegenstand u.a. der Handel mit Edelmetall war. Sie ist nach luxemburgischem Recht verpflichtet, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. Für das Jahr 2008 erstellte sie eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung; die erworbenen Edelmetallbestände erfasste sie (erfolgsneutral) als Umlaufvermögen. Im Ergebnis wies die VS für den atypisch stillen Gesellschafter einen Verlustanteil und ein Verrechnungskonto aus.

In seiner Einkommensteuererklärung deklarierte der atypisch stille Gesellschafter nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfreie (negative) Einkünfte aus seiner atypisch stillen Beteiligung an der VS. Später reichte der atypisch stille Gesellschafter eine Feststellungserklärung für die atypisch stille Beteiligung an der VS ein. Der Erklärung war eine Einnahmen-/Überschussrechnung für die atypisch stille Beteiligung an der VS beigefügt; die Anschaffungskosten für die im Streitjahr getätigten Edelmetalleinkäufe wurden als Betriebsausgaben angesetzt.

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Das Finanzamt sah unter Hinweis auf § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung von einer (Gewinn-)Feststellung ab. Bei der Steuerfestsetzung berücksichtigte er Einkünfte aus der atypisch stillen Beteiligung (Verlustanteil abzgl. Verrechnungskonto).

Die dagegen erhobene Klage blieb vor dem Finanzgericht Münster ohne Erfolg1. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des atypisch stillen Gesellschafters wegen Nichtzulassung der Revision hat der Bundesfinanzhof nun als unbegründet zurückgewiesen:

Soweit der atypisch stille Gesellschafter geltend macht, die im angefochtenen Urteil herangezogene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs2 sei mit Rücksicht auf das BFH, Urteil vom 16.02.1996 – I R 43/953 nicht eindeutig, wird damit kein Klärungsbedarf für ein Revisionsverfahren i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO dargelegt. Das BFH, Urteil in BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141 baut ausdrücklich auf dem im BFH, Urteil in BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128 dargelegten Grundprinzip, dass die Abschlüsse der atypisch stillen Gesellschaft für die Zwecke der inländischen Besteuerung prinzipiell nach deutschem Handels- und Steuerrecht und hierbei nach den allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschiften aufzustellen sind, auf4.

Eine Divergenz zur Rechtsprechung des IV. Bundesfinanzhofs des Bundesfinanzhofs besteht nicht. Die Aussage, dass zwischen der Gesellschaftsebene und der Gesellschafterebene zu unterscheiden ist5, bezieht sich auf die dortigen Streitumstände, die der Konstellation im hier maßgebenden Streitfall (Beteiligung an einer bilanzierenden ausländischen Kapitalgesellschaft) jedenfalls nicht entsprechen. Im Übrigen ist der Hinweis des atypisch stillen Gesellschafters, das angefochtene Urteil lasse die vom IV. Bundesfinanzhof aufgestellten Rechtsgrundsätze außer Acht, nicht geeignet, eine Divergenz nach den formellen Maßgaben des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen. Denn es fehlt an einer Gegenüberstellung einander widersprechender Rechtssätze im angefochtenen Urteil einerseits und in der Bundesfinanzhof-Rechtsprechung andererseits.

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Soweit der atypisch stille Gesellschafter geltend macht, dass das Finanzgericht nicht berücksichtigt habe, dass der atypisch stille Gesellschafter auf die seiner Rechtsmeinung entsprechende Verwaltungsanweisung6 habe vertrauen können, wird auch damit ein Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 FGO nicht dargetan. Und dies folgt bereits aus der im angefochtenen Urteil vom Finanzgericht ausgesprochenen (und zutreffenden) Deutung der Verwaltungsanweisung, nach der im Falle einer Beteiligung von unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft, die im Inland weder eine Betriebsstätte unterhält noch einen ständigen Vertreter bestellt hat, der Gewinn dieser Personengesellschaft zur Ermittlung der Höhe der Gewinnanteile der unbeschränkt steuerpflichtigen Personen nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG zu ermitteln ist. Dass der an der Gesellschaft Beteiligte ein unabhängiges (und eigenes) Wahlrecht der Gewinnermittlungsart habe, lässt sich der Anweisung nicht entnehmen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. September 2018 – I B 15/18

  1. FG Münster, Urteil vom 24.01.2018 – 7 K 2399/15 E[]
  2. BFH, Urteile vom 25.06.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141; und vom 10.12.2014 – I R 3/13, BFH/NV 2015, 667[]
  3. BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128[]
  4. vgl. BFH, Urteil in BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141, dort Rz 13 a.E.[]
  5. BFH, Urteil vom 08.12.2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175, BStBl II 2017, 538, zu gewerbesteuerrechtlichen Folgen der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft im Inlandsfall; s.a. BFH, Urteile vom 21.10.2015 – IV R 43/12, BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517, zur Zusammenfassung von Feststellungen für eine doppelstöckige Personengesellschaft im Inlandsfall; vom 12.02.2015 – IV R 48/11, BFH/NV 2015, 1075, zur Einkünftefeststellung für atypisch stille Gesellschaft als Grundlagenbescheid der beteiligten GmbH im Inlandsfall[]
  6. Hinweis auf R 4.1 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien[]
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