Abzug ersparter Mietaufwendungen – als außergewöhnliche Belastung

Ersparte Mietaufwendungen, die beim Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, können insoweit als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, als sie behinderungsbedingten Mehraufwand darstellen.

Abzug ersparter Mietaufwendungen – als außergewöhnliche Belastung

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall haben Eheleute geklagt, die in den Streitjahren (2011 bis 2014) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Ihr gemeinsamer Sohn M (geboren 2023) leidet seit seiner Geburt an einer spinalen Muskelatrophie und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Der Grad seiner Behinderung beträgt 100, zudem erfüllt er die Merkzeichen G, aG, B und H. Die Eheleute haben zwei weitere in den Jahren 2012 und 2013 geborene Kinder. Der Ehemann ist Geschäftsführer einer GmbH mit Sitz in B-Stadt und am Stammkapital der Gesellschaft zu 94 % beteiligt. Er unterhält zudem einen Gewerbebetrieb, in dessen Betriebsvermögen er seine Beteiligung an der GmbH hält. Im Eigentum der GmbH steht das Grundstück A-Straße in B-Stadt, das ursprünglich mit zwei freistehenden Häusern bebaut war: einem Wohnhaus mit sechs Zimmern, Küche und Bad zu 151, 39 m² (A-Straße, Haus 1) und einem als Büro mit einer Einliegerwohnung von zwei Zimmern, Küche und Bad nutzbaren Haus zu 161, 11 m² (A-Straße, Haus 2). Mit Mietvertrag vom 01.10.1998 vermietete die GmbH das Wohnhaus in der A-Straße („Haus 1“) als in § 1 (Mieträume) geregelten Mietgegenstand an ihren Geschäftsführer. Nach § 4 Abs. 1 (Miete und Nebenkosten) betrug die Miete 2.000 DM inklusive Nebenkosten wie Grundsteuer, Müllabfuhr, Strom, Wasser und Abwasser. § 15 Abs. 2 des Vertrags sah vor, dass Änderungen oder Ergänzungen des Mietvertrags der Schriftform bedurften. Im Jahr 2009 ließ die GmbH auf eigene Kosten einen barrierefreien Verbindungsbau von circa 70 m² zwischen den Häusern 1 und 2 erstellen, in dem -abgestimmt auf die Behinderung von M- ein behindertengerechtes Pflegebad mit Dusche, Badewanne, Waschbecken und Toilette zu 34, 92 m² eingebaut wurde. Der Verbindungsbau ist nicht unterkellert, hat ein Flachdach und besteht nur aus einem Erdgeschoss. Die Baukosten betrugen insgesamt 297.511, 17 € und entfielen auf die Errichtung des Verbindungsbaus, die dafür erforderlichen Veränderungen an den beiden bereits bestehenden Wohnhäusern und den Carport. Die Eheleute trugen lediglich die Kosten für das Waschbecken in dem Pflegebad, für das sie im Jahr 2009 einen Zuschuss von der Pflegekasse in Höhe von 2.600 € erhalten hatten. Im Erdgeschoss des Hauses 2 befand sich nun auch der Schlafbereich von M. Im September 2009 änderten der Ehemann und die GmbH mit einer schriftlichen Vereinbarung den Mietvertrag vom 01.10.1998 „aufgrund des behindertengerechten Umbaus“ mit Wirkung ab dem 01.10.2009 dahingehend ab, dass die in § 4 (Miete und Nebenkosten) geregelte monatliche Miete inklusive Nebenkosten auf 2.250 € erhöht wurde. Die übrigen Bestimmungen des Mietvertrags vom 01.10.1998 sollten unverändert bestehen bleiben. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärten die Eheleute unter anderem im Zusammenhang mit der Behinderung ihres Sohnes M außergewöhnliche Belastungen in Form einer „Mehrmiete“ infolge des behindertengerechten Umbaus des Anwesens A-Straße in Höhe von insgesamt jeweils 14.498 € (= 1.208, 16 € * 12).

Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung zunächst jeweils ab. Im Einspruchsverfahren erkannte er eine behinderungsbedingte Mehrmiete in Höhe von jeweils 7.128 € für die Streitjahre an. Daneben setzte er jeweils den Pflege-Pauschbetrag in Höhe von 924 € an. Aufgrund von Kontrollmitteilungen über verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der GmbH an den Ehemann erhöhte das Finanzamt zudem zuletzt dessen Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Streitjahre 2012 bis 2014 um jeweils 7.000 €. Im Übrigen wies es die Einsprüche der Eheleute als unbegründet zurück. Mit der im Anschluss erhobenen Klage begehrten die Eheleute für das Streitjahr 2011 die Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen in Höhe von 7.370 € (behinderungsbedingte Mehrmiete). Für die Streitjahre 2012 bis 2014 begehrten sie zusätzliche außergewöhnliche Belastungen in Höhe von jeweils 14.370 € (behinderungsbedingte Mehrmiete und fiktive Aufwendungen in Höhe der vGA) sowie einen Ansatz der vGA in Höhe von jeweils 4.200 €.

Nach Einholung mehrerer Sachverständigengutachten gab das Finanzgericht München der Klage teilweise statt1. Das Finanzamt habe die außergewöhnlichen Belastungen der Eheleute für die Streitjahre zu Recht nur mit jeweils 7.128 € berücksichtigt. Die durch die Errichtung des behindertengerechten Verbindungsbaus mit Pflegebad zwischen den Häusern 1 und 2 veranlasste Erhöhung der jährlichen Miete sei insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie sich in gegenständlicher Hinsicht auf den Verbindungsbau erstrecke und der Höhe nach auf im Mittelwert geschätzte Baukosten in Höhe von 148.500 € inklusive Umsatzsteuer sowie eine Verzinsung in Höhe von 4, 8 % („rund 5 %“) zurückzuführen sei. Die unentgeltliche Überlassung des Hauses 2 sei nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens in Höhe von 8.484, 60 € (2012), 6.884, 40 € (2013) und 6.945, 60 € (2014) als vGA bei den Einkünften des Ehemanns aus Gewerbebetrieb zu erfassen. Insoweit komme ein korrespondierender, fiktiver Ansatz als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht.

Auf die Revision der Eheleute hob der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil auf, änderte den Einkommensteuerbescheide dahingehend, dass der Festsetzung der Einkommensteuer zusätzliche außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 264 € zugrunde gelegt werden, und verwies die Sache wegen der Einkommensteuer 2012 bis 2014 zurück an das Finanzgericht München:

Die Revision der Eheleute wegen Einkommensteuer 2011 ist teilweise begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Revision wegen Einkommensteuer 2012 bis 2014 ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Das Finanzgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass durch die Änderungsvereinbarung vom September 2009 lediglich der behinderungsbedingte Verbindungsbau in das bestehende Mietverhältnis betreffend das Haus 1 einbezogen worden ist.

Der Ansatz der vGA durch das Finanzgericht in den Streitjahren 2012 bis 2014 ist dem Grunde und der Höhe nach revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

In Bezug auf den Verbindungsbau zwischen den Häusern 1 und 2 kommt eine Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen nur in geringem Umfang in Betracht.

Die Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen hinsichtlich des von M im Haus 2 genutzten Schlafbereichs hat das Finanzgericht zu Unrecht abgelehnt. Die Feststellungen der Vorinstanz reichen insoweit nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, in welcher Höhe den Ehemannn in den Streitjahren 2012 bis 2014 hierdurch behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstanden sind. Die Sache muss deshalb insoweit an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.

Das Finanzgericht ist davon ausgegangen, die Änderungsvereinbarung vom September 2009 habe zusätzlich zur ursprünglichen Anmietung des Hauses 1 lediglich den behinderungsbedingten Verbindungsbau betroffen und diesen damit in das Mietverhältnis einbezogen, nicht jedoch auch das Erdgeschoss des Hauses 2 mit dem Schlafbereich von M, dieses sei vielmehr unentgeltlich überlassen worden.

Diese Auslegung des Mietvertrags und der Änderungsvereinbarung ist jedenfalls möglich und damit für den Bundesfinanzhof im Ergebnis gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Denn die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet den Bundesfinanzhof (BFH) als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, das heißt jedenfalls möglich ist2. Hiergegen wenden sich die Eheleute auch nicht.

Der Ansatz der vGA in den Streitjahren 2012 bis 2014 bei den Einkünften des Ehemanns aus Gewerbebetrieb durch das Finanzgericht ist dem Grunde und der Höhe nach revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Dass der Ehemann, der die Beteiligung an der GmbH nach den bindenden Feststellungen des Finanzgerichtes (§ 118 Abs. 2 FGO) im Betriebsvermögen seines Gewerbebetriebs hält, in den Streitjahren 2012 bis 2014 durch die -nach den vorstehenden Ausführungen bedingte- unentgeltliche Überlassung des Anwesens A-Straße, Haus 2 seitens der GmbH dem Grunde nach jeweils eine vGA vereinnahmt hat, die nach Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 8 Satz 1 EStG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG), ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht mehr streitig. Der Bundesfinanzhof sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

Aber auch der Höhe nach kommt eine Minderung der vGA -wie von den Ehemannn weiterhin beantragt- nicht in Betracht.

Gegen die Ermittlung der vGA durch die Sachverständige unter Heranziehung der Kostenmiete3 haben die Eheleute im Revisionsverfahren keine Einwendungen mehr vorgebracht.

Soweit die Eheleute auch im Revisionsverfahren den Ansatz der vGA nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens -abweichend von den vom Finanzgericht festgestellten Einkünften- mit jährlich 4.200 € begehren, weil sie nur 60 % des Hauses 2 genutzt hätten, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Die Ermittlung der vGA durch das Finanzgericht basiert auf der vollständigen Überlassung des Hauses 2 an die Eheleute. Hiergegen haben die Eheleute im Revisionsverfahren ebenfalls keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe erhoben, sodass dieser Umstand als tatsächliche Feststellung für den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO bindend ist.

Eine Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen in Bezug auf den Verbindungsbau kommt nur in geringem Umfang in Betracht.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Auch Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein4. Diese Aufwendungen sind weder durch den Grund- oder Kinderfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten5.

Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds erwachsen in der Regel auch zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Denn eine Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht6.

Die Notwendigkeit einer behindertengerechten Ausgestaltung des Wohnumfelds und damit die Zwangsläufigkeit der darauf entfallenden Mehrkosten aus tatsächlichen Gründen beruht nicht auf der frei gewählten Wohnsituation des Steuerpflichtigen, sondern auf seiner Krankheit oder Behinderung7.

Dagegen sind Aufwendungen, die -wie die Größe des Grundstücks und die konkrete Gestaltung des Hauses, insbesondere dessen Wohnfläche- auf dem Geschmack, den Lebensgewohnheiten, den dem Steuerpflichtigen für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen beruhen -das heißt auf seinen persönlichen Wohnvorstellungen- auch dann nicht zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige oder ein in seinem Haushalt lebender Angehöriger infolge einer Krankheit oder eines Unfalls in seiner bisherigen Wohnung beziehungsweise in seinem bisherigen Haus nicht wohnen bleiben kann8. Dies gilt auch für solche Mehrkosten, die erforderlich sind, um die persönlichen Wohnvorstellungen behinderten- oder krankheitsgerecht zu verwirklichen. Denn diese Mehrkosten sind, anders als bauliche Maßnahmen, die -wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts9- den krankheits- und behinderungsbedingten Lebenserschwernissen des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen Rechnung tragen, nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohnflächenbedarf) des Steuerpflichtigen. Sie werden daher ebenfalls von der Abgeltungswirkung des Grundfreibetrags erfasst und können nicht nochmals nach § 33 EStG steuerliche Berücksichtigung finden10.

Bei Heranziehung dieser Grundsätze kommt eine Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen in Bezug auf den Verbindungsbau nur teilweise in Betracht. Das Finanzgericht ist insoweit im Ausgangspunkt zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die behinderungsbedingte Mehrmiete nicht auf Grundlage der von der GmbH für den Verbindungsbau tatsächlich aufgewandten Baukosten, sondern basierend auf den insoweit bei einer konventionellen (Standard-)Bauweise anfallenden Baukosten zu ermitteln ist. Dabei hat es die Baukosten aber zu Unrecht auf einen geschätzten Mittelwert begrenzt.

Das Finanzgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass die von der GmbH getragenen Baukosten für die Errichtung des Verbindungsbaus zwischen den Häusern 1 und 2 und darauf resultierend die von den Ehemannn hierfür gezahlte Mehrmiete dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Insbesondere hat die Sachverständige hierzu folgende Feststellungen getroffen:

  • im Gutachten vom 07.06.2016, dass die baulichen Maßnahmen mit Ausnahme des Daches des Carports der behindertengerechten Ausgestaltung für ein Pflegebad und für die rollstuhlgerechte Nutzung der Wohnräume durch M dienten;
  • in der ergänzenden Stellungnahme vom 29.09.2016, dass der Umbau des im Haus 1 vorhandenen Bads in ein behindertengerechtes Pflegebad nicht möglich gewesen wäre;
  • in der ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017, dass in das Erdgeschoss des Hauses 1 kein behindertengerechtes Schlafzimmer für M hätte eingebaut werden können.

Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, sodass der Bundesfinanzhof von weiteren Ausführungen absieht.

Das Finanzgericht hat dem Grunde nach auch zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds nicht nach dem freien Ermessen der Eheleute, sondern vorliegend der Höhe nach begrenzt nur auf den Mehraufwand abzugsfähig sind, der bei Erstellung des Verbindungsbaus in konventioneller Bauweise angefallen wäre.

Die Sachverständige hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17.01.2017 festgestellt, dass der behindertengerechte Verbindungsbau mit Pflegebad gegenüber den von der GmbH aufgewendeten Baukosten in Höhe von 297.511, 17 € im Fall der Herstellung in konventioneller Bauweise mit geschätzten Kosten zwischen 143.000 € bis 154.000 € inklusive Nebenkosten und Umsatzsteuer hätte erstellt werden können.

Durch Zugrundelegung der Baukosten für eine Herstellung in konventioneller (Standard-)Bauweise lassen sich im Streitfall die Baukosten, die infolge der Behinderung von M zwangsläufig anfielen und denen sich die Eheleute daher nicht entziehen konnten, von denjenigen abgrenzen, die Folge einer von ihrem Geschmack, ihren Lebensgewohnheiten und ihren finanziellen Möglichkeiten abhängenden frei beeinflussbaren Entscheidung waren.

Auf diese Weise wird einerseits berücksichtigt, dass aufgrund der Behinderung von M weder ein Umbau des vorhandenen Bads im Haus 1 noch die Einrichtung eines behindertengerechten Schlafzimmers im Erdgeschoss des Hauses 1 möglich waren und folglich der Verbindungsbau mit Pflegebad und Übergang zum Schlafbereich von M im Haus 2 als solcher erforderlich war. Andererseits wird berücksichtigt, dass die insoweit entstandenen Baukosten auch maßgeblich vom Geschmack, den Lebensgewohnheiten und den finanziellen Möglichkeiten der Eheleute (beziehungsweise der von dem Ehemann beherrschten GmbH) abhingen, indem der Verbindungsbau konstruktiv und gestalterisch an die bestehenden Häuser 1 und 2 angepasst wurde. Insoweit besteht kein Bezug der Baukosten zu der Behinderung von M. Gewählt wurde vielmehr ein Verbindungsbau in gehobener Ausführung in Holzständerbauweise mit einem hohen Anteil an Verglasung der Firma, von der auch die Häuser 1 und 2 stammen. Im Vergleich dazu hat die Sachverständige die Kosten geschätzt, die für einen Verbindungsbau in konventioneller Bauweise mit denselben Ausmaßen und Anpassungsarbeiten entstanden wären.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den BFH, Urteilen vom 01.02.195711 und vom 17.07.198112, weil es sich -so die Eheleute- bei der Frage der Höhe, des Umfangs und der Zweckmäßigkeit einer Krankheitsbehandlung um eine höchstpersönliche Angelegenheit des Steuerpflichtigen handele. Vorliegend geht es indes um die -insoweit nicht vergleichbare- Anerkennung von Aufwendungen anlässlich einer behindertengerechten Ausgestaltung des privaten Wohnumfelds. Diese hängen -wie vorstehend ausgeführt- auch vom Geschmack, den Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen des Steuerpflichtigen ab. Die Mehrkosten sind, wie der Bundesfinanzhof bereits entschieden hat, auch nur insoweit abziehbar, als sie einen angemessenen Betrag nicht überschreiten13.

Das Finanzgericht ist allerdings zu Unrecht von einem Mittelwert in Höhe von vorliegend 148.500 € ausgegangen.

Ist der angemessene Betrag der behinderungsbedingten Mehraufwendungen im Einzelfall zu schätzen, ist auch zu berücksichtigen, dass regelmäßig nicht nur ein bestimmter Mehraufwand als angemessen angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt. Nicht mehr allein zwangsläufig infolge der durch Krankheit oder Behinderung notwendig gewordenen Umgestaltung des privaten Wohnumfelds und damit nicht mehr angemessen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind dann nur diejenigen Beträge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen.

Bei einem geschätzten Kostenrahmen für die Herstellung in konventioneller Bauweise von bis zu 154.000 € inklusive Nebenkosten und Umsatzsteuer ist unter Heranziehung der vom Ehemann und der GmbH ermittelten Mieterhöhung durch Verzinsung der Baukosten mit 4, 8 % danach von (angemessenen) behinderungsbedingten Mehraufwendungen in Höhe von jährlich 7.392 € auszugehen. Der vom Finanzamt für die Streitjahre bereits berücksichtigte Betrag von jährlich 7.128 € ist folglich jeweils um 264 € zu erhöhen, was für die Streitjahre 2012 bis 2014 vom Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu beachten ist.

Das Finanzgericht ist zudem unzutreffend davon ausgegangen, dass -bezogen auf die behinderungsbedingte Nutzung des Hauses 2 (Schlafbereich des M)- ein anteiliger (fiktiver) Abzug der vGA als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht kommt.

Mit dem in § 33 Abs. 1 EStG verwendeten Begriff der „Aufwendungen“ stellt das Gesetz -wie bei den Begriffen „Werbungskosten“, „Betriebsausgaben“ und „Sonderausgaben“ auch- auf das Merkmal der tatsächlichen Verausgabung ab. Insoweit gilt ein einheitlicher Aufwendungsbegriff14. Hierunter fallen Vermögensabflüsse in Geld oder in Geldeswert15 im Sinne einer bewussten und gewollten Vermögensverwendung16.

Nach allgemeinen Grundsätzen können außergewöhnliche Belastungen nur bei demjenigen steuermindernd berücksichtigt werden, der sie getragen hat. Denn das Einkommensteuergesetz ist durch die Grundsätze des objektiven und subjektiven Nettoprinzips sowie der Individualbesteuerung geprägt. Eine Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Steuerpflichtige den Tatbestand des Einkommensteuergesetzes selbst verwirklicht hat. Ausgaben Dritter (sogenannter Drittaufwand) können grundsätzlich nicht bei dem insoweit nicht belasteten Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Sie können nur im Fall eines abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten sein17.

Im Fall von vGA in Form von ersparten Aufwendungen (hier: ersparte Miete) geht die Rechtsprechung indes davon aus, dass die vGA aus Gleichheitsgesichtspunkten so zu behandeln ist wie eine offene Ausschüttung und ein hinzutretender Leistungsaustausch, wie er unter Dritten durchgeführt worden wäre18. Darum wird auch berücksichtigt, dass dem Gesellschafter -hätte er eine offene Ausschüttung empfangen und sich die Leistung (hier: das Nutzungsrecht) wie ein fremder Dritter beschafft- Aufwendungen entstanden wären, die er durch die vGA erspart hat. Diese ersparten Aufwendungen sind beim Gesellschafter grundsätzlich als (fiktive) Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar19.

Bei Heranziehung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Nutzung des behindertengerechten Schlafzimmers von M im Haus 2 zu Unrecht nicht (anteilig) anerkannt.

Nach der vom Finanzgericht vorgenommenen möglichen und daher bindenden Auslegung des Mietvertrags erfolgte die Überlassung des Hauses 2 an die Eheleute unentgeltlich. Für die Nutzung unter anderem auch des dort eingerichteten Schlafzimmers von M erbrachten die Eheleute gegenüber der GmbH als Eigentümerin keine Aufwendungen, sodass eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nach allgemeinen Grundsätzen ausscheidet.

Ein Fall des abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs ist im Streitfall ebenfalls nicht gegeben. Insoweit kommt ein Abzug der von der GmbH getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht. Denn den Ehemannn ist von der GmbH lediglich die unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit des Schlafzimmers und kein Teil eines Wirtschaftsguts oder dessen Herstellungskosten zugewendet worden20. Mit den Herstellungskosten für das Schlafzimmer bleibt allein die GmbH belastet. Die (anteiligen) Herstellungskosten können -losgelöst von einer tatsächlichen Belastung- zivilrechtlich und steuerrechtlich nicht übertragen oder zugewendet werden21.

Durch die vGA wird nach den vorstehenden Ausführungen aber durch die ersparten Aufwendungen insoweit ausnahmsweise (anteilig) abzugsfähiger Aufwand bedingt. Für außergewöhnliche Belastungen kann im Hinblick auf den einheitlichen Aufwendungsbegriff nichts anderes gelten als für Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben. Dabei sind die Aufwendungen in vollem Umfang abzugsfähig. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt.

Das Finanzgericht ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat daher -von seinem Standpunkt aus zu Recht- keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe die vGA in den Streitjahren 2012 bis 2014 auf die behinderungsbedingte Nutzung des Schlafzimmers im Haus 2 durch M entfallen. Dies hat das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Die Sache ging daher mangels Spruchreife an die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juni 2025 – VI R 15/23

  1. FG München, Urteil vom 27.10.2022 – 10 K 3292/18[]
  2. ständige Rechtsprechung, s. BFH, Urteil vom 14.09.2023 – VI R 27/21, BFHE 282, 268, BStBl II 2024, 38, Rz 29, m.w.N.[]
  3. hierzu s. BFH, Urteile vom 17.11.2004 – I R 56/03, BFHE 208, 519; vom 27.07.2016 – I R 8/15, BFHE 255, 32, BStBl II 2017, 214; und vom 27.07.2016 – I R 12/15, BFHE 255, 39, BStBl II 2017, 217[]
  4. s. BFH, Urteile vom 24.02.2011 – VI R 16/10, BFHE 232, 518, BStBl II 2011, 1012, Rz 10; und vom 17.07.2014 – VI R 42/13, BFHE 246, 360, BStBl II 2014, 931, Rz 10[]
  5. s. BFH, Urteil vom 22.10.2009 – VI R 7/09, BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280, unter II. 1.a, m.w.N.[]
  6. s. BFH, Urteile vom 24.02.2011 – VI R 16/10, BFHE 232, 518, BStBl II 2011, 1012, Rz 11; und vom 17.07.2014 – VI R 42/13, BFHE 246, 360, BStBl II 2014, 931, Rz 11[]
  7. BFH, Urteil vom 24.02.2011 – VI R 16/10, BFHE 232, 518, BStBl II 2011, 1012, Rz 12[]
  8. s. BFH, Urteil vom 17.07.2014 – VI R 42/13, BFHE 246, 360, BStBl II 2014, 931, Rz 14[]
  9. vgl. BFH, Urteil vom 06.02.2014 – VI R 61/12, BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458[]
  10. BFH, Urteil vom 17.07.2014 – VI R 42/13, BFHE 246, 360, BStBl II 2014, 931, Rz 14[]
  11. BFH, Urteil vom 01.02.1957 – VI 30/55[]
  12. BFH, Urteil vom 17.07.1981 – VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711[]
  13. s. BFH, Urteil vom 24.02.2011 – VI R 16/10, BFHE 232, 518, BStBl II 2011, 1012, Rz 16[]
  14. s. BFH, Urteil vom 10.06.1988 – III R 248/83, BFHE 154, 63, BStBl II 1988, 814, unter 2.b aa[]
  15. s. BFH, Beschluss vom 04.07.1990 – GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, unter C.III. 2.d aa[]
  16. s. BFH, Beschluss vom 19.06.2006 – III B 37/05, BFH/NV 2006, 2057, unter II. 2.b[]
  17. s. BFH, Urteil vom 06.12.2017 – VI R 41/15, BFHE 260, 252, BStBl II 2018, 355, Rz 25[]
  18. vgl. BFH, Urteil vom 14.08.1975 – IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88, unter 2.c bb[]
  19. s. BFH, Urteile vom 15.11.1960 – I 189/59 S, BFHE 72, 210, BStBl III 1961, 80; vom 09.03.1962 – I 203/61 S, BFHE 75, 193, BStBl III 1962, 338; vom 03.02.1971 – I R 51/66, BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408; vom 19.03.1975 – I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722; vom 14.08.1975 – IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88, unter 2.c bb; und BFH, Beschluss vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C.II. 2.b; s.a. BFH, Urteil vom 25.09.1970 – VI R 122/67, BFHE 100, 301, BStBl II 1971, 53; ebenso z.B. Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3c EStG Rz 63; Hamacher/Dahm in Korn, § 20 EStG Rz 167; Schlarb in HK GmbH-Recht, 9. Aufl., Kapitel – III B.I. 2.g bb (2) Rz 163; Kohlhepp, Der Betrieb 2011, 1598, 1603 f.[]
  20. vgl. BFH, Beschluss vom 23.08.1999 – GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.c[]
  21. vgl. BFH, Beschluss vom 23.08.1999 – GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.c cc[]

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