Das Finanzgericht Münster hat in seiner Entscheidung vom 30. September 2010 klargestellt, dass Aufwendungen eines Redakteurs für den Erwerb regionaler und überregionaler Tages- und Wochenzeitungen – trotz etwaiger beruflicher Relevanz – keine Werbungskosten sind. Zwar seien gemischt beruflich und privat veranlasste Kosten nach der jüngeren Rechtsprechung steuerlich grundsätzlich aufzuteilen. Dies gelte allerdings nicht für Zeitungen mit allgemeinbildendem Inhalt, deren Kosten bereits über das steuerliche Existenzminimum abgegolten seien.

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind jedoch Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen. Dazu gehören auch Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG).
Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs war bei gemischt veranlassten Aufwendungen eine Aufteilung in nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebensführung einerseits und in Betriebsausgaben oder Werbungskosten andererseits nur zulässig, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichten und wenn außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung war1. Unter dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot fielen auch Aufwendungen eines Redakteurs für den Bezug von Tageszeitungen und Wochenzeitschriften, die über ein breit gefächertes Spektrum allgemein interessierender Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Sport und anderen Bereichen berichten. Neben dem Bezug berufsbezogener Informationen würden derartige Zeitungen typischerweise auch unter anderen (privaten) Gesichtspunkten durchgesehen. Eine leichte und einwandfreie Aufteilung anhand eines objektiven Maßstabs sei nicht möglich2. Eine Berücksichtigung von Zeitungen als Bewerbungskosten im Hinblick auf Stellenangebote kam ebenfalls nicht in Betracht3.
Mit Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 21. September 20094 hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung geändert und geht nunmehr davon aus, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert. Vielmehr sind gemischt beruflich und privat veranlasste Aufwendungen grundsätzlich in abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen, wenn die beruflich veranlassten Anteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Dagegen sind Aufwendungen, die nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum, als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, grundsätzlich vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug ausgeschlossen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden. Von diesen Aufwendungen grenzt der Bundesfinanzhof die im Beschlussfall streitigen Reisen ausdrücklich ab. Als Beispiele für derartige Aufwendungen nennt der Große Senat des Bundesfinanzhof Kosten für bürgerliche Kleidung, für eine Armbanduhr oder für eine Brille.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung5 fallen auch Kosten für Zeitungen unter die Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums, die grundsätzlich vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Es ist davon auszugehen, dass auch der Bundesfinanzhof diese Auffassung teilt, da er in einer nach dem Beschluss des Großen Senats ergangenen Entscheidung Aufwendungen für allgemeinbildende Zeitschriften grundsätzlich als dem Abzugsverbot des § 12 EStG unterfallende Aufwendungen angesehen hat, ohne insoweit eine Aufteilung vorzunehmen6.
Das Finanzgericht Münster schließt sich dieser Auffassung an. Aufwendungen für regionale und überregionale Tages- und Wochenzeitungen werden bereits vom Grundfreibetrag erfasst, der die Freistellung des steuerlichen Existenzminimums gewährleistet. Zeitungen und Zeitschriften mit Inhalt von allgemeinem Interesse sind vergleichbar mit Kleidung und Nahrung, da sie ein Grundbedürfnis, nämlich die Information über das allgemeine Tagesgeschehen, befriedigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es im Streitfall nicht darauf an, dass der Kläger aus den geltend gemachten Zeitungen beruflich nützliche Informationen sowie Stellenangebote bezogen hat. Es handelt sich bei sämtlichen Zeitungen nicht um Fachzeitschriften, sondern um allgemeine Zeitungen.
Auch dem Umstand, dass der Kläger neben der „privat“ bezogenen regionalen Tageszeitung (eine Regionalausgabe der Neue Westfälische) noch zwei überregionale Tageszeitungen (FAZ und Frankfurter Rundschau), eine weitere regionale Tageszeitung (Neue Westfälische) und zwei wöchentlich erscheinende Zeitungen (Der Spiegel und Die Zeit) bezogen hat, kommt keine Bedeutung zu. Auf die Anzahl der Gegenstände, für die die Aufwendungen geltend gemacht werden, kommt es nicht an, wenn es sich der Art nach um Gegenstände handelt, die mit dem Grundfreibetrag abgegolten sind. Dementsprechend nimmt auch der BFH beispielsweise bei Aufwendungen für bürgerliche Kleidung keine Differenzierung im Hinblick auf die Anzahl der Kleidungsstücke vor, auch wenn ein Steuerpflichtiger überdurchschnittlich viele Kleidungsstücke erwirbt, weil er in einer repräsentativen Position tätig ist. Im Übrigen ist es nicht unüblich, dass ein Steuerpflichtiger mehrere regionale und überregionale Tages- sowie Wochenzeitungen bezieht, um sich umfassend zu informieren.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. September 2010 – 5 K 3976/08 E
- z.B. BFH, Beschluss vom 19.10.1970 – GrS 2/70, BStBl II 1971, 17[↩]
- BFH, Urteil vom 07.09.1989 – IV R 128/88, BStBl II 1990, 19[↩]
- vgl. FG München, Urteil vom 10.06.1997 – 13 K 389/97[↩]
- BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BStBl II 2010, 672 zur Aufteilung von Reisekosten[↩]
- BMF, Schreiben vom 06.07.2010, BStBl I 2010, 614 Tz. 4[↩]
- BFH, Urteil vom 13.,4.2010 – VIII R 26/08[↩]