Der Gewinn aus dem Grundstücksverkauf – und die verlängerte Spekulationsfrist

Wird eine Immobilie nach Ablauf der ursprünglichen Spekulationsfrist von zwei Jahren und vor Ablauf der neuen Spekulationsfrist von zehn Jahren steuerbar veräußert, sind Sonderabschreibungen und AfA-Beträge, die in der Zeit bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 zum 1.04.1999 in Anspruch genommen worden sind, dem nicht steuerbaren Zeitraum zuzuordnen.

Der Gewinn aus dem Grundstücksverkauf – und die verlängerte Spekulationsfrist

Die in Ziff. II. 1. des BMF, Schreibens vom 20.12 20101 vorgesehene Vereinfachungsregel, wonach bei der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31.03.1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln ist, entspricht insoweit nicht der Rechtsprechung des BVerfG, als dadurch Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1.04.1999 nicht steuerverhaftet waren, nachträglich in die Besteuerung einbezogen werden2.

Veräußerungskosten sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht aufzuteilen, sondern als Werbungskosten in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungsgewinn abzuziehen3.

Nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zählen zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften auch Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass hinsichtlich des streitigen Grundstücks ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Denn der Grundstückseigentümer hat das bebaute Grundstück im Dezember 1996 erworben und mit Vertrag vom 01.09.1999 innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist wieder veräußert.

Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind (§ 23 Abs. 3 Satz 3 EStG). Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a EStG in der bis zum 31.12 1998 gültigen Fassung waren Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken nur dann steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre betrug. Durch das StEntlG 1999/2000/2002 wurde § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dahingehend geändert, dass nunmehr eine zehnjährige Frist gilt. Die Neuregelung ist auf alle Veräußerungsgeschäfte anwendbar, bei denen der obligatorische Vertrag nach dem 31.12 1998 rechtswirksam abgeschlossen wurde (§ 52 Abs. 39 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002).

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Nach der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ist die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre wegen des Verstoßes gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes insoweit verfassungswidrig und daher nichtig, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31.03.1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können, weil die alte Spekulationsfrist bereits abgelaufen war. Insoweit war bereits eine konkret verfestigte Vermögensposition entstanden, die durch die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist nachträglich entwertet wird. Aufgrund dieser Entscheidung ist -was zwischen den Beteiligten im Ausgangsverfahren unstreitig ist- eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung des Grundstücks in einen Anteil für den bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 (31.03.1999) entstandenen nicht steuerbaren Wertzuwachs und in einen Anteil für den nach Verkündung dieses Gesetzes entstandenen steuerbaren Wertzuwachs vorzunehmen.

Nach der Entscheidung in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ist für die Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns nicht auf die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzustellen, sondern auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31.03.19994. Insoweit ist auf den Marktpreis, also den Verkehrswert zu diesem Zeitpunkt (und nicht auf die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten) abzustellen. Aufgrund der Schwierigkeit und Streitanfälligkeit, den zutreffenden Wert auf diesen Zeitpunkt zu ermitteln, kann dieser im Wege der Schätzung ermittelt werden5.

Im vorliegenden Fall billigte es der Bundesfinanzhof, den Verkehrswert des streitigen Grundstücks zum 31.03.1999 mit dem späteren Veräußerungspreis deckungsgleich anzusetzen, da das Grundstück nur fünf Monate später an einen fremden Dritten für eben diesen Preis veräußert worden war. Aufgrund dieses verhältnismäßig kurzen Zeitraums zwischen Bewertungsstichtag und Veräußerung konnte davon ausgegangen werden, dass das Grundstück in diesem Zeitraum keinen Wertveränderungen ausgesetzt war.

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Auch Waren vorliegend die vorgenommene Sonderabschreibung dem Zeitraum zuzuordnen, in dem sie steuerlich berücksichtigt worden ist, und damit dem Zeitraum der nicht steuerverstrickten Wertsteigerung. Nach der Entscheidung des BVerfG sind Wertsteigerungen steuerlich nicht zu erfassen, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31.03.1999 entstanden sind oder nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zur Verkündung des Gesetzes steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn die Verlängerung der Spekulationsfrist führte zu einer unechten Rückwirkung, der im Ausgangsfall das schutzwürdige Vertrauen des Grundstückseigentümers auf die steuerlich wirksame Vornahme einer Sonderabschreibung entgegenstand. Für die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens spielt es auch keine Rolle, ob die Wertsteigerungen aufgrund einer Erhöhung des Verkehrswerts oder aufgrund von Sonderabschreibungen entstanden sind. Der von der Finanzverwaltung im BMF, Schreiben in BStBl I 2011, 14 vertretenen Auffassung einer zeitanteiligen Aufteilung ist daher insoweit nicht zu folgen.

Im vorliegenden Fall führte die Verlängerung der Spekulationsfrist zu einer unechten Rückwirkung6. Denn bei Inkrafttreten der Neuregelung war die zweijährige Spekulationsfrist abgelaufen und der aus der Vornahme der Sonderabschreibung resultierende (erhöhte) Veräußerungsgewinn wäre -z.B. bei einer Veräußerung Ende Dezember 1998- nicht steuerbar gewesen. Diese Vermögensposition -zu der auch die wirksame Vornahme einer Sonderabschreibung gehört- wird durch die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist und die damit verbundene Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG nachträglich entwertet7.

Das Vertrauen des Grundstückseigentümers ist hier auch besonders schutzwürdig, weil zum einen die Sonderabschreibung bereits 1996 in Anspruch genommen wurde und zum anderen die zweijährige Spekulationsfrist bereits am 3.12 1998 24:00 Uhr abgelaufen war, mithin der Grundstückseigentümer bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1998 und damit vor Inkrafttreten der Neuregelung den Veräußerungsgewinn nicht steuerbar hätte realisieren können. Für diesen Fall erhöhen sich die Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Denn im Fall des Ablaufs der zweijährigen Spekulationsfrist vor Inkrafttreten der Neuregelung und vor Ablauf des Veranlagungszeitraums 1998 läuft der einkommensteuerliche Zugriff auf die nicht steuerbar erworbenen Vermögenszugänge dem Gebot einer folgerichtigen Ausgestaltung der einkommensteuerlichen Belastungsentscheidung zuwider8.

Wie die Besteuerung betrieblicher Gewinne zielt die Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen nach § 23 EStG und die damit verbundene Berücksichtigung der in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen und AfA auf eine die Liquidität der Steuerpflichtigen schonende Erfassung von Wertsteigerungen an einzelnen Vermögensgegenständen erst im Zeitpunkt der Realisierung des Gewinns durch Veräußerung. Dies erfolgt nicht deshalb, weil erst zu diesem Zeitpunkt der Wertzuwachs oder die stille Reserve entsteht, obwohl beide bereits zuvor beim Steuerpflichtigen vorhanden waren und sich im Fall der Sonderabschreibung auch steuerlich zu seinen Gunsten ausgewirkt haben. Vielmehr werden die Besteuerung früherer Vermögenszuwächse und damit auch die Aufholung in Anspruch genommener Sonderabschreibungen und AfA im Zeitpunkt der Veräußerung nachgeholt. Insoweit folgt nach Ansicht des BVerfG die Gewinnermittlung nach § 23 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung der Logik der allgemeinen betrieblichen Gewinnermittlung bei der Veräußerung der einzelnen Gegenstände8.

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Diesen durch Vermögensvergleich und Realisationsprinzip geprägten systematischen Zusammenhang der einkommensteuerlichen Gewinnbesteuerung durchbricht die rückwirkende Erfassung von Wertzuwächsen und die Rückgängigmachung in Anspruch genommener Sonderabschreibungen in gleicher Weise. Soweit im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns Abschreibungsbeträge einbezogen werden, die sich vor dem Veranlagungszeitraum 1999 ausgewirkt haben und deren Aufholung bis zum Ende des Jahres 1998 nicht steuerbar gewesen wäre, kann von einem „Nachholen“ der Besteuerung daher nicht die Rede sein8. Die Besteuerung erfasst vielmehr in nicht folgerichtiger Weise Gewinnbestandteile, die bis dahin nicht der Einkommensteuer unterlegen hätten.

Hätte der Grundstückseigentümer nach Ablauf der alten Spekulationsfrist von zwei Jahren am 4.12 1998 das Grundstück bis zum 30.03.1999 veräußert, so hätten die bis dahin gewährten Sonderabschreibungen und AfA in Höhe von insgesamt 186.654 DM gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG die Anschaffungskosten gemindert, d.h. der entsprechende Veräußerungsgewinn wäre im Streitfall entsprechend erhöht -aber nicht steuerbar- gewesen. Da ab 31.03.1999 bis zum Verkauf des Grundstücks nur noch AfA in Höhe von insgesamt 4.230 DM gewährt wurden und sich steuerlich im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ausgewirkt haben, wird deutlich, dass der weitaus höhere Anteil des nach der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ermittelten Veräußerungsgewinns in den Zeitraum vom 03.12 1996 bis 30.03.1999 fällt und nicht steuerbar ist.

Weiter wird vom BVerfG in seinen tragenden Entscheidungsgründen nicht unterschieden, ob die Wertsteigerungen aufgrund einer Erhöhung des Verkehrswerts über die Anschaffungskosten hinaus oder aufgrund der Vornahme von Sonderabschreibungen und AfA sowie des Absinkens des „Buchwerts“ i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG unter die Anschaffungskosten entstanden sind. Zwar führt das Finanzamt zutreffend aus, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen keinen Einfluss auf den Wert eines Grundstücks hat. Darauf kommt es aber nicht an. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Nichtsteuerbarkeit der mit Ablauf der (alten) zweijährigen Spekulationsfrist geschützten Vermögensposition ist im Fall der Vornahme einer Sonderabschreibung ebenso schützenswert wie bei tatsächlichen Wertsteigerungen des Grundstücks9. Das Finanzamt kann sich auch nicht darauf berufen, die Sonderabschreibung gewähre nur einen vorübergehenden Steuerstundungseffekt, der sich auf die Gesamtperiode gesehen nicht auswirken dürfe. Denn auch unter Geltung der zehnjährigen Frist bei privaten Veräußerungsgeschäften kann mangels besonderer, über diesen Zeitraum hinausgehender Behaltefristen im Fördergebietsgesetz nach Ablauf der Frist ein begünstigtes abnutzbares unbewegliches Wirtschaftsgut nichtsteuerbar veräußert und damit der durch die Sonderabschreibung bewirkte Unterschiedsbetrag zwischen Verkehrswert und Buchwert vom Steuerpflichtigen ohne Steuerbelastung realisiert werden.

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Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Fördergebietsgesetz in Gestalt der Sonderabschreibung dem Steuerpflichtigen eine Steuervergünstigung anbietet, die er nur in einem bestimmten Zeitraum annehmen kann. Dieses Angebot für eine steuerliche Disposition schafft mit der zeitlichen Bindung eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige seine Entscheidung stützt. Er entscheidet sich um des steuerlichen Vorteils willen für ein bestimmtes Verhalten -z.B. Anschaffung einer Immobilie im Fördergebiet-, das er ohne den steuerlichen Anreiz so nicht gewählt hätte. Das Vertrauen auf die steuerwirksame Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung gehört damit vom Tag der Inanspruchnahme an zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage10.

Der von der Finanzverwaltung im BMF, Schreiben in BStBl I 2011, 14, unter II. 1. vertretenen Auffassung einer zeitanteiligen linearen Zuordnung entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31.03.1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit ist daher insoweit nicht zu folgen, als dadurch Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1.04.1999 nicht steuerverhaftet waren, nachträglich in die Besteuerung einbezogen werden. Die Auffassung der Finanzverwaltung ist zwar aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nachvollziehbar. Sie widerspricht jedoch der Entscheidung des BVerfG, wonach in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich nicht zu erfassen sind, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31.03.1999 entstanden waren oder nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zur Verkündung des Gesetzes steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn die zeitanteilige Zuordnung der Abschreibungen wie sie vom Finanzamt entsprechend der Regelung in Tz. II. 1. des BMF, Schreibens in BStBl I 2001, 14 vorgenommen wurde, hat zur Folge, dass in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns „stille Reserven“ einbezogen werden, die bis zum 30.03.1999 nicht steuerbar hätten realisiert werden können11.

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Die Veräußerungskosten waren in vollem Umfang von dem nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerungsgewinn abzuziehen und die Veräußerungskosten nicht anteilig auf die nicht steuerbare und die steuerbare Wertsteigerung aufzuteilen.

Es werden in Finanzverwaltung und finanzgerichtlicher Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks entstandenen Veräußerungskosten -im Streitfall in Höhe von 172 DM- in vollem Umfang oder nur anteilig zu berücksichtigen sind. Das Niedersächsische Finanzgericht hält eine Aufteilung der Kosten im Verhältnis des steuerpflichtigen Anteils des Veräußerungsgewinns zum Gesamtveräußerungsgewinn (jeweils ohne Berücksichtigung der Veräußerungskosten) in Anlehnung an das § 3c Abs. 1 EStG zugrunde liegende Korrespondenzprinzip für zutreffend12. Die Finanzverwaltung vertrat in dem BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 14, unter II. 1. zunächst die Auffassung, dass es einer anteiligen Zuordnung der nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften abziehbaren Werbungskosten nicht bedürfe, sondern diese in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungsgewinn abzuziehen seien. Nunmehr soll nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung eine Zuordnung zeitanteilig der steuerbaren und der nicht steuerbaren Besitzzeit vorgenommen werden13.

Der Bundesfinanzhof hält im Ergebnis die im BMF, Schreiben in BStBl I 2011, 14 vertretene Auffassung -Abzug der Veräußerungskosten vom steuerpflichtigen Teil- für zutreffend. Die Kosten werden allein durch die steuerbare Veräußerung im September 1999 ausgelöst, während bis zum 31.03.1999 keine Veräußerung und damit kein Ereignis vorliegt, das steuerlich bedeutsame Kosten verursacht. Zudem bezieht sich die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 allein auf die Nichtsteuerbarkeit der Wertsteigerungen, die bis zum 31.03.1999 steuerfrei realisiert worden sind oder hätten realisiert werden können. Der Tenor der Entscheidung stellt mithin die bis zum 31.03.1999 entstandene Wertsteigerung insgesamt steuerfrei, ohne sich zu einer Verringerung um (anteilige) Veräußerungskosten zu äußern.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Mai 2014 – IX R 27/13

  1. BMF, BStBl I 2011, 14[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76[]
  3. Anschluss an die frühere Auffassung der Finanzverwaltung im BMF, Schreiben in BStBl I 2011, 14, unter II. 1.; entgegen der späteren Auffassung in der Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern S 2256.01.1 4/8 St 32 vom 20.04.2011[]
  4. vgl. Nds. FG, Urteil vom 21.08.2013 9 K 252/11, EFG 2013, 1840, unter 1.b bb[]
  5. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C.II. 2.b cc(3); vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2013 – 8 K 3988/11 F[]
  6. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C.II. 2.[]
  7. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C.II. 2.b aa[]
  8. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C.II. 2.b bb[][][]
  9. Nds. FG in EFG 2013, 1840, unter 1.b bb(2); FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2013 8 K 3145/11 unter 1.c; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.03.2012 7 – V 7191/11, EFG 2012, 1462; auch FG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2013 – 8 K 3988/11 F[]
  10. vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 03.12 1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, unter C.I. 2.; und vom 05.02.2002 – 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, 105, 17, unter C.II. 3.b cc; BFH, Beschluss vom 16.12 2003 – IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, unter B.III. 2.d und 4.b[]
  11. so auch Nds. FG, Urteil in EFG 2013, 1840, unter 1.b bb; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2013 8 K 3145/11 unter 1.c[]
  12. Nds. FG, Urteil in EFG 2013, 1840, unter 1.b bb(3) []
  13. vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern, Schreiben vom 20.04.2011 – S 2256.01.1-4/8 St 32[]