Die am 1. Januar 2006 in Kraft getretene Neuregelung des Kindergeldes für Ausländer ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs verfassungsgemäß. Der Bundesfinanzhof hat – in Kenntnis der gegenläufigen Entscheidungen des Bundessozialgerichts zum Erziehungsgeld – erneut seine Rechtsprechung bestätigt, dass die am 1. Januar 2006 in Kraft getretene Neuregelung des Kindergeldes für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer verfassungsgemäß ist.

Nicht freizügigkeitsberechtigt sind insbesondere Ausländer, die nicht Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates sind. Die Zweifel des Bundessozialgerichts an der Verfassungsmäßigkeit der gleichlautenden Regelung des Erziehungsgeldes für solche Ausländer bestehen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs beim Kindergeld nicht.
Nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer benötigen für ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik einen sogenannten Aufenthaltstitel, also etwa eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis. Unter welchen Voraussetzungen ihnen Kindergeld zusteht, hängt von der Art des Aufenthaltstitels ab. Bei bestimmten Aufenthaltserlaubnissen ist für den Bezug von Kindergeld erforderlich, dass sich der Kindergeldberechtigte seit drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und unter anderem berechtigt erwerbstätig ist. Die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Klägerin, die von Sozialleistungen lebte, besaß nur eine solche Aufenthaltserlaubnis. Da sie nicht erwerbstätig war, lehnte der Bundesfinanzhof dem Gesetzeswortlaut entsprechend die Gewährung von Kindergeld für ihre Kinder ab.
Das Bundessozialgericht hält die wortgleiche Regelung beim Erziehungsgeld, die sich auch im Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit findet, für verfassungswidrig und hat deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen [1]. Wegen der Unterschiede von Erziehungs- und Kindergeld, die zu einer unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Beurteilung führen, hielt es der Bundesfinanzhof nicht für erforderlich, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts abzuwarten. Das Kindergeld wird anders als das Erziehungsgeld als Einkommen auf die Sozialleistungen angerechnet. Die Zahlung von Kindergeld würde deshalb bei einem von Sozialleistungen lebenden Ausländer nicht zu einem finanziellen Vorteil führen. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Erziehungsgeldregelung für Ausländer für verfassungswidrig erklären und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Vergangenheit gezwungen sein sollte, hätte dieser keinen Anlass, die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz zu ändern.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. April 2010 – III R 1/08
- BSG, Beschlüsse vom 03.12.2009 – B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R und B 10 EG 7/08 R[↩]