Unterhaltsleistungen an die Lebensgefährtin sind nicht nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn diese nicht wegen der Unterhaltsleistungen, sondern wegen des Bezugs von BAföG keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer -unter weiteren Voraussetzungen- dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.354 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG).
Im hier entschiedenen Streitfall das das Sächsische Finanzgericht in der Vorinstanz -nach Ansicht des Bundesfinanzhofs zutreffend- entschieden, dass bei der streitigen Einkommensteuerfestsetzung keine Unterhaltsaufwendungen des Unterhaltsleistenden an seine Lebensgefährtin als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind1. Denn bei der Lebensgefährtin handelt es sich weder um eine gesetzlich unterhaltsberechtigte noch um eine einer solchen i.S. von § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gleichgestellte Person.
Dass die Lebensgefährtin dem Unterhaltsleistenden gegenüber im Streitjahr gesetzlich (zivilrechtlich) nicht unterhaltsberechtigt war, steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht in Streit. Der Bundesfinanzhof sieht deshalb insoweit von weiteren Ausführungen ab. Die Lebensgefährtin ist auch keiner gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt. Denn ihr sind keine zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des Unterhaltsleistenden gekürzt worden.
Seit der Änderung der Vorschrift durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12.20012 -Ersetzen des Wortes „soweit“ durch „wenn“- ist nicht erforderlich, dass beantragte Sozialleistungen tatsächlich gekürzt oder abgelehnt wurden; es reicht aus, dass die unterhaltene Person wegen der Unterhaltsleistungen keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat3.
Im hier entschiedenen Streitfall hatte die Lebensgefährtin keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Dieser Umstand gründet jedoch nicht auf etwaigen Unterhaltsleistungen des Unterhaltsleistenden, sondern auf ihrem Bezug von Leistungen nach dem BAföG. Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II, § 22 Abs. 1 SGB XII, § 11 Abs. 1 BAföG sind im Regel- und damit auch im Streitfall Ansprüche des „Auszubildenden“ -hier der Lebensgefährtin- auf Arbeitslosengeld – II oder Sozialhilfe ausgeschlossen.
Soweit sich der Unterhaltsleistende darauf beruft, er habe seine geringverdienende Lebensgefährtin im Rahmen der eheähnlichen Lebensgemeinschaft wie bei einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund einer -wegen der vermeintlich nicht auskömmlichen und teilweise nur darlehensweise gewährten Leistungen nach dem BAföG entstandenen- sittlichen Zwangslage unterhalten müssen, kommt ein Abzug der streitigen Unterhaltsaufwendungen ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Abzug von Unterhaltsleistungen aufgrund sittlicher Verpflichtung ist seit der Änderung des § 33a Abs. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1996 vom 11.10.19954 ausgeschlossen5.
Nach § 33a Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 EStG i.d.F. vor dem JStG 1996 waren Unterhaltsleistungen in bestimmtem Umfang abziehbar, wenn sie dem Steuerpflichtigen aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden waren. Mit der Anknüpfung an die zivilrechtliche Unterhaltspflicht in § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 1996 sollte der Begriff der Zwangsläufigkeit bei Unterhaltsleistungen eingeschränkt werden. Den Finanzbehörden sollte die aufwändige Prüfung erspart werden, ob eine sittliche Verpflichtung besteht; gleichzeitig sollte mit der Änderung auch der Einheitlichkeit der Rechtsordnung Rechnung getragen werden6.
Wie der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zeigt6, knüpft § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 1996 an die Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Unterhaltszahlungen an den bedürftigen Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft an. Der BFH hatte die Unterhaltszahlungen zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen, wenn der unterstützte Partner wegen seines Zusammenlebens mit dem unterstützenden Partner gemäß § 137 Abs. 2a des Arbeitsförderungsgesetzes bzw. § 193 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch keine Arbeitslosenhilfe oder gemäß § 122 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) keine Sozialhilfe erhalten hatte. Der BFH war der Auffassung, der Bedürftige werde aufgrund dieser Vorschriften praktisch auf das Einkommen seines Lebenspartners verwiesen; dieser sei deshalb sittlich verpflichtet, für dessen Lebensunterhalt zu sorgen7.
Da der Abzug von Unterhaltsleistungen aufgrund sittlicher Verpflichtung durch die Änderung des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. vor dem JStG 1996 ausgeschlossen wurde, hätten Unterhaltsleistungen an bedürftige Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ohne eine besondere Regelung steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Deshalb wurden in § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 1996 (jetzt Satz 3) diejenigen Personen gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellt, deren Sozialleistungen „mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden“. Da grundsätzlich nur noch aus rechtlichen Gründen zwangsläufige Unterhaltsleistungen abziehbar sein sollen, ist diese Formulierung dahin auszulegen, dass „freiwillige“ Unterhaltszahlungen steuerlich nur dann wie zivilrechtlich geschuldete Unterhaltszahlungen zu behandeln sind, wenn für den Unterhalt Leistenden eine vergleichbare Zwangslage wie bei einem gesetzlich Unterhaltsverpflichteten gegeben ist. Eine solche ist nach der Rechtsprechung des BFH nur in den Fällen anzunehmen, in denen gesetzlich unwiderlegbar vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person -z.B. den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. bis 31.12.2004 § 122 BSHG) oder einen in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten (vgl. bis 31.12.2004 § 16 BSHG)- sichergestellt ist, und deshalb zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden8. Entsprechendes gilt (ab 01.01.2005), wenn die Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II) bilden9. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nicht10.
Da die Lebensgefährtin im Streitfall wegen etwaiger Unterhaltsleistungen des Unterhaltsleistenden weder einen Anspruch auf Sozialleistungen verloren hat noch ein solcher deshalb gekürzt wurde, befand sich der Unterhaltsleistende folglich nicht in einer vergleichbaren Zwangslage wie der gesetzlich zum Unterhalt Verpflichtete.
Entgegenstehendes ergibt sich für den Bundesfinanzhof auch nicht aus dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 26.03.201411. Dies ist zu § 33a Abs. 1 Satz 7 EStG (anteilige Aufteilung des Unterhaltshöchstbetrages bei Unterhaltsaufwendungen von mehreren Steuerpflichtigen) und damit zu einem anderen Sachverhalt ergangen. Zudem ist die Entscheidung betreffend die Rechtsgrundsätze zu Personen, die -wie die beiden Lebensgefährten im vorliegenden Fall- in einer Haushalts, nicht aber in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft leben, überholt12.
Eine Berücksichtigung der vom Unterhaltsleistenden geltend gemachten Aufwendungen nach § 33 EStG kommt selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung, seine Lebensgefährtin zu unterhalten, nicht in Betracht. Für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung13.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 31. März 2021 – VI R 2/19
- Sächs. FG, Urteil vom 19.11.2018 – 6 K 1082/17[↩]
- BStBl I 2002, 4[↩]
- BT-Drs. 14/6877, S. 26; BFH, Urteil vom 29.05.2008 – III R 23/07, BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363, unter II. 1., und BFH, Urteil vom 09.03.2017 – VI R 16/16, BFHE 257, 279, BStBl II 2017, 890, Rz 15, jeweils m.w.N.[↩]
- BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438[↩]
- BFH, Urteil vom 23.10.2002 – III R 57/99, BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187[↩]
- BT-Drs. 13/1686, S. 42[↩][↩]
- s. BFH, Urteile vom 30.07.1993 – III R 38/92, BFHE 174, 19, BStBl II 1994, 442; vom 21.09.1993 – III R 15/93, BFHE 172, 516, BStBl II 1994, 236; und vom 04.08.1994 – III R 62/93, BFHE 175, 127, BStBl II 1994, 897[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187, unter II. 2.c aa[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 257, 279, BStBl II 2017, 890, Rz 14, jeweils m.w.N.[↩]
- s. BFH, Urteil in BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187, unter II. 2.c dd[↩]
- FG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2014 – 7 K 3168/13 E, EFG 2014, 1487[↩]
- s. BFH, Urteil vom 28.04.2020 – VI R 43/17, BFHE 269, 1, BStBl II 2021, 209[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 201, 31, BStBl II 2003, 187, unter II. 3., m.w.N.[↩]
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