Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. steht einem Steuerpflichtigen für sog. Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EStG) als Höchstbetrag ein Vorwegabzug von 3.068 EUR zu. Der Vorwegabzug ist nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG a.F. i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. u.a. dann um 16 % der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.S. des § 19 EStG –ohne Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG– zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben hat.

Der Vorwegabzug ist nicht bereits deshalb zu kürzen, weil ausschließlich der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage der X-GmbH erhalten hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist unter dem Begriff der „Beitragsleistung“ für den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf eine (eigene) Altersversorgung nicht nur eine Geldzahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage zu verstehen1. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs hat –ausgehend von diesem Grundsatz– enschieden2, dass dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zu belassen ist, weil dieser –wirtschaftlich betrachtet– eine ihm von der GmbH zugesagte Altersversorgung durch Verzicht auf entsprechende gesellschaftliche Ansprüche (§§ 29, 72 GmbHG) und damit letztlich ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erwirbt.
Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des XI. Senats des Bundesfinanzhofs, wenn eine GmbH mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zugesagt hat und der einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung auf Dauer gesehen ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftliche Ansprüche erwirbt3. Die Frage, ob der Kläger sein Anwartschaftsrecht auf betriebliche Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erwirbt, ist danach unter Berücksichtigung der bestehenden Beteiligungsverhältnisse, des Alters der Gesellschafter-Geschäftsführer und der Höhe der jeweils zugesagten Altersversorgung im Wege der vorausschauenden Berechnung des auf den einzelnen Gesellschafter entfallenden Aufwands der Gesellschaft zu beantworten4.
Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat sich dieser Rechtsprechung des XI. Senats im Grundsatz angeschlossen. Er hat in mehreren Urteilen5 jedoch klargestellt, dass der von dem Geschäftsführer einer GmbH bezogene Arbeitslohn nur dann aus der Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs auszunehmen ist, wenn die gegen die Gesellschaft erworbenen Ansprüche auf eine eigene Altersversorgung vollständig mit dem (ggf. wechselseitigen) Verzicht auf die dem Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter zustehenden Ansprüche in Verbindung gebracht werden können.
Im zu entscheidenden Fall ist diese Rechtsprechung nicht einschlägig, da keine arbeitgeberfinanzierte Direktzusage (Pensionszusage) gegeben ist. Im vorliegenden Fall einer arbeitnehmerfinanzierten Unterstützungskassenzusage wird der der X-GmbH als Arbeitgeberin durch die Kassenzuwendungen entstehende Aufwand infolge des entsprechend geminderten Lohnaufwands kompensiert, die Y-GmbH als weitere Gesellschafterin ist durch diese schuldrechtliche Abrede zwischen dem Kläger und der X-GmbH nicht in ihren Gesellschaftsrechten tangiert.
Der im Streitfall gewählte Durchführungsweg über die Unterstützungskasse ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber die zugesagten Versorgungsleistungen nicht selbst erbringen will, sondern sich hierfür eines selbständigen Versorgungsträgers, nämlich der Unterstützungskasse, bedient. Letztere gewährt formell keinen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen (§ 1b Abs. 4 Satz 1 Betriebsrentengesetz6). Gleichwohl erwirbt der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts7 eine Versorgungsanwartschaft8. Ertragsteuerrechtlich sind die vom Arbeitgeber an die Unterstützungskasse zu erbringenden Zuwendungen nach Maßgabe des § 4d EStG als Betriebsausgaben abzugsfähig. Daran ändert auch eine Entgeltumwandlung nichts; die Zuwendungen werden formell weiter durch den Arbeitgeber als Trägerunternehmen geleistet9.
Nach der ständigen Rechtsprechung bedingt der fehlende Rechtsanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers gegen die Unterstützungskasse auf Versorgung, dass die Beitragsleistungen der X-GmbH ihm noch nicht als Arbeitslohn zugeflossen sind10. Dabei macht es nach der geltenden Rechtsprechung keinen Unterschied, ob die Beiträge vom Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Barlohn erbracht oder ob diese –wie im Streitfall– durch einvernehmliche Herabsetzung des laufenden Gehalts aufgebracht werden11. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung12. Mangels Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) stellt der Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf die Auszahlung eines Teils seines Gehalts kein Einkommen und damit keine eigene Beitragsleistung i.S. des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. dar.
Die gegenteilige Auffassung wäre auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen der gewählten Gestaltung und derjenigen, bei der dem Steuerpflichtigen von Anfang an eine betriebliche Altersversorgung in Gestalt einer Pensionszusage bei geringerem Barlohn gewährt wird, was im Grundsatz zur Kürzung des Vorwegabzugs führt; die Zustimmung zu einer Barlohnumwandlung ist daher nicht als Beitragsleistung i.S. des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. anzusehen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. März 2013 – X R 30/11
- BFH, Urteil vom 25.03.1992 – X R 121/90, BFH/NV 1992, 596; BFH, Urteil vom 16.10.2002 – XI R 25/01, BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546; und vom 28.07.2004 – XI R 9/04, BFH/NV 2005, 196[↩]
- BFH, Urteil vom 23.02.2005 – XI R 29/03, BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634[↩]
- BFH, Urteil vom 15.12.2004 – XI R 45/03, BFH/NV 2005, 1509[↩]
- BFH, Urteil vom 26.09.2006 – X R 3/05, BFHE 215, 165, BStBl II 2007, 452; vom 08.11.2006 – X R 11/05, BFH/NV 2007, 673; vom 17.01.2007 – X R 10/06, BFH/NV 2007, 1289; vom 02.09.2008 – X R 17/08, BFH/NV 2009, 141, Entscheidungen vom 24.06.2009 – X R 54/08, BFH/NV 2010, 22, – X R 55/08; sowie – X R 56/08, BFH/NV 2010, 25; und vom 19.05.2011 – X R 30/10, BFH/NV 2011, 1854[↩]
- Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., Rz 373[↩]
- vgl. BAG, Urteile vom 17.05.1973 – 3 AZR 381/72, BAGE 25, 194; vom 05.07.1979 – 3 AZR 197/78, BAGE 32, 56; vom 16.02.2010 – 3 AZR 181/08, BAGE 133, 181, unter B.I.2.b; s. weiter BVerfG, Entscheidungen vom 19.10.1983 – 2 BvR 298/81, BVerfGE 65, 196; vom 14.01.1987 – 1 BvR 1052/79, BVerfGE 74, 129, unter B.II.2.[↩]
- Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 32. Aufl., § 4d Rz 6[↩]
- Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 4d Rz 3; Buttler, Einführung in die betriebliche Altersversorgung, 5. Aufl., S. 7 f.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.05.1993 – VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246, unter II.1.b[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 29.07.2010 – VI R 39/09, BFH/NV 2010, 2296, unter II.3.[↩]
- BMF, Schreiben vom 31.03.2010 – IV C 3 – S 2222/09/10041, – IV C 5 – S 2333/07/0003 – 2010/0256374, BStBl I 2010, 270, Rz 253[↩]