Die Vermietung einer Vielzahl von Unterkunftsplätzen an Subunternehmer der örtlichen Fleischverarbeitungsindustrie zur Unterbringung von Arbeitnehmern ist als gewerblich einzustufen.

In dem hier vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall war der Kläger in den Streitjahren Eigentümer mehrerer Immobilien, die jeweils aus mehreren Wohneinheiten bestanden. Außerdem hatte er weitere Immobilien mit jeweils mehreren Wohneinheiten angemietet. In den eigenen und den angemieteten Immobilien stattete er mehrere Zimmer je Wohneinheit mit Schlafgelegenheiten aus, wobei er überwiegend Doppel- und Etagenbetten aufstellte, so dass mehrere Personen je Zimmer untergebracht werden konnten. Die eigenen und angemieteten Immobilien vermietete er an verschiedene Subunternehmer der örtlichen Fleischverarbeitungsindustrie, die diese als Unterkünfte für die von ihnen beschäftigten, nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer nutzten. Die vereinbarte Miete bemaß sich dabei nach der Anzahl der Personen, die in der jeweiligen Immobilie untergebracht waren. Der Vermieter führte für die Immobilien Hausmeisterarbeiten wie Rasen mähen und kleinere Reparaturen durch, andere Dienst- oder Serviceleistungen erbrachte er nicht. Der Vermieter erklärte für die Streitjahre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Das Finanzamt behandelte die Vermietungseinkünfte demgegenüber als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und unterwarf sie der Gewerbesteuer. Das Finanzgericht Münster wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Eine Vermietungstätigkeit sei, so das Finanzgericht Münster, als gewerbliche Vermietung und nicht als private Vermögensverwaltung anzusehen, wenn über das bloße Halten von Immobilien hinaus auf der Grundlage eines einheitlichen Geschäfts- und Betriebskonzepts bestimmte Marktchancen gezielt genutzt werden, die sich aus der Ausstattung der Immobilien und den besonderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Region ergeben. Im Streitfall hätten nicht die Immobilien die Grundlage der Vermietungstätigkeit gebildet, sondern die vom Vermieter selbst eingerichteten Unterkunftsplätze. Für die Mieter wiederum habe nicht die Anmietung von Wohnraum, sondern die Beherbergung einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern im Vordergrund gestanden. Der Vermieter habe außerdem in erheblichem Umfang angemieteten Wohnraum weitervermietet und sich insofern die sachlichen Grundlagen seines Vermietungsbetriebs ohne Einsatz eigenen Kapitals verschafft. Der Umstand, dass er gegenüber seinen Mietern keine zusätzlichen Serviceleistungen erbracht habe, stehe, so das Finanzgericht weiter, der Annahme einer gewerblichen Vermietung nicht entgegen:
Der Vermieter erzielt durch die Vermietung der eigenen und angemieteten Immobilien Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und nicht solche aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Die Vermietung unbeweglichen Vermögens ist im Allgemeinen private und als solche nicht gewerbesteuerpflichtige Vermögensverwaltung (§ 15 Abs. EStG, § 2 Abs. 1 GewStG iVm § 21 EStG). Liegen aber besondere Umstände vor, welche der Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen; vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verleihen (§ 15 Abs. 2 EStG), tritt die bloße Nutzung des Vermögens zurück. So ist bei der Überlassung von Wohnräumen eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, wenn die Tätigkeit eine dem Beherbergungsbetrieb vergleichbare Organisation bedingt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn neben der Vermietung von Wohnräumen nicht übliche Sonderleistungen des Vermieters erbracht werden oder die Mieter besonders häufig wechseln1. Andererseits führt nicht bereits jede Sonderleistung zu einer gewerblichen Tätigkeit2. Auch der Abschluss befristeter Mietverträge über mehrere möblierte Wohnräume allein gibt der Vermietungstätigkeit noch kein gewerbliches Gepräge3. Andererseits kann die Vermietung von Wohnheimen auch dann gewerbliche Tätigkeit sein, wenn ein Wohnheim nur an einen Mieter vermietet wird4. Die Vermietung ist als gewerblich anzusehen, wenn Kern der auf Gewinn gerichteten Tätigkeit nicht eine ertragbringende Vermögensanlage, sondern die vorteilhafte Nutzung einer Marktchance ist5. Im Einzelfall ist zur Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen6.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sich der Steuerpflichtige das sachliche Substrat des Vermietungsbetriebs im Wesentlichen ohne Einsatz eigener Mittel verschafft5.
Die Vermietungstätigkeit des Vermieters ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als gewerbliche Vermietung anzusehen. Der Vermieter hat über das bloße ertragbringende Halten der Immobilien hinaus auf der Grundlage eines einheitlichen Geschäfts- und Betriebskonzepts bestimmte Marktchancen gezielt genutzt, die sich aus der Ausstattung der Immobilien und den besonderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seiner Region ergaben.
Das Substrat der Vermietungstätigkeit des Vermieters bildeten die in der jeweiligen Immobilie vom Vermieter selbst eingerichteten Unterkunftsplätze. Das Angebot des Vermieters bestand nicht in der Zurverfügungstellung der jeweiligen Immobilie als solcher, die von seinem jeweiligen Mieter entsprechend dessen Bedürfnissen hätte ausgestattet werden können, sondern in einer bestimmten Anzahl von Unterkunftsplätzen. Der Vermieter hat die Ausstattung der Immobilien nicht seinen Mietern überlassen, sondern selbst in den einzelnen ihm gehörenden bzw. angemieteten Immobilien Unterkunftsplätze geschaffen, indem er die einzelnen Immobilien möbliert und mit Haushaltsgeräten, Betten, Bettwäsche und Handtüchern ausgestattet hat. Die Einrichtung entsprach dabei nicht einer Ferienwohnung oder einem Studentenwohnheim, die auf die Nutzung durch einzelne Personen ausgerichtet sind. Der Vermieter hat die Räume vielmehr durch die Aufstellung von Doppel- und Etagenbetten in einer Weise eingerichtet, dass eine optimale Raumausnutzung durch eine Vielzahl von Personen erfolgen konnte. Die Vielzahl der bereitgestellten Bettenplätze ist ein Umstand, der für die Gewerblichkeit einer Vermietungstätigkeit spricht7. Darauf, ob in den vermieteten Objekten eine Überbelegung erfolgte oder die Grenzen des Wohnungsaufsichtsgesetzes vom Vermieter eingehalten wurden, kommt es dabei nicht an. Für die Mieter des Vermieters stand nicht die Anmietung von Wohnraum, sondern Beherbergung einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern im Vordergrund. Es gehörte nach den Gesamtumständen zum Betriebskonzept des Vermieters, sich dieses Anliegen zunutze zu machen und gezielt nicht nur eine Immobilie, sondern eingerichtete Unterkunftsplätze zur Verfügung zu stellen. Dies wird auch daran deutlich, dass die Miete vom Vermieter nicht nach der Größe der jeweiligen Wohnung bzw. des jeweiligen Hauses, sondern pauschal nach der Anzahl der maximal unterzubringenden Personen berechnet wurde. Hinzu kommt, dass der Vermieter von Beginn an und ab dem Jahr 2009 überwiegend angemieteten Wohnraum weitervermietet hat. Die Gewinnmargen von teilweise 400 % oder 600 % hätte der Vermieter mit der Vermietung der bloßen Immobilie ohne gleichzeitige Einrichtung von Schlafplätzen und personenbezogene Bemessung der Mieten nicht erzielen können.
Die Umstände, dass der Vermieter keine zusätzlichen Serviceleistungen gegenüber seinen Mietern erbracht hat und die Mietverträge mit den jeweiligen Subunternehmern langfristig geschlossen waren, stehen der Annahme einer gewerblichen Vermietung nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Vermieter am Markt nicht eine einzelne Immobilie, sondern gezielt eine bestimmte Anzahl von Unterkunftsplätzen angeboten und die sich hieraus ergebenden Gewinnchancen genutzt hat.
Der Vermieter hat sich außerdem die sachliche Grundlage seines Vermietungsbetriebs teilweise und ab dem Jahr 2009 überwiegend ohne Einsatz eigenen Kapitals, sondern durch Anmietung von Wohnraum verschafft. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass Kern der auf Gewinn gerichteten Tätigkeit des Vermieters nicht in erster Linie eine ertragbringende Vermögensanlage, sondern die vorteilhafte Nutzung einer Marktchance war8. Diese Marktchance ergab sich aus den besonderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der N-verarbeitenden Industrie – Einsatz von Subunternehmern, die wiederum ausländische Arbeitskräfte anwerben – in der Region des Vermieters.
Die Ermittlung der gewerblichen Vermietungseinkünfte ist der Höhe nach nicht zu bestanden. Das Finanzamt hat zutreffend eine Einlage der Immobilien in das Betriebsvermögen des Vermieters zum 01.01.1998 angenommen und dementsprechend als Einlagewert und als AfA-Bemessungsgrundlage gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 lit.a) EStG und § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG die fortgeführten Anschaffungskosten angesetzt. Der Vermieter hat bereits im Jahr 1997 Einrichtungsgegenstände in einem Umfang angeschafft, die über die Einrichtung einer einzelnen Immobilie hinausgingen. Das Finanzamt ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass spätestens ab dem Jahr 1998 das Angebot einer bestimmten Anzahl von Unterkunftsplätzen im Vordergrund der Vermietungstätigkeit des Vermieters stand. Der Vermieter hatte auch bereits im Jahr 1998 die Immobilie E zum Zweck der Weitervermietung angemietet. Da der Vermieter seine eigenen Immobilien in den Jahren 1995 und 1996 angeschafft hatte, waren zum Zeitpunkt der Einlage zum 01.01.1998 weniger als drei Jahre seit der Anschaffung vergangen. Als Einlagewert ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 lit.a) EStG auf die Anschaffungskosten der Immobilien B, C und D abzustellen, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG um die zwischen Anschaffung und Einlage abgesetzten AfA-Beträge zu mindern sind. Der so ermittelte Wert bildet gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG die AfA-Bemessungsgrundlage, die das Finanzamt zutreffend auf den 01.01.2007 weiterentwickelt hat. Gegen die Berechnung der Einlagewerte und die AfA-Bemessungsgrundlage der jeweiligen Immobilie im Einzelnen haben die Vermieter keine Einwendungen erhoben.
Da die Vermietungstätigkeit des Vermieters als gewerbliche Vermietung anzusehen ist, unterliegt der heraus erzielte Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer. Die Ermittlung der Gewerbesteuermessbeträge durch den Finanzamt ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das Finanzamt nach dem oben Gesagten bei der Ermittlung der Gewinne aus gewerblicher Vermietung zutreffend von einer Einlage der Immobilien in das Betriebsvermögen des Vermieters ausgegangen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 13. Mai 2015 – 10 K 1207/13 E,G
- ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11.07.1984 – I R 182/79, BFHE 141, 282, BStBl II 1984, 722; vom 24.10.2000 – IX R 58/97, BFH/NV 2001, 752, m.w.N.; vom 21.12 1976 – VIII R 27/72, BFHE 121, 60, BStBl II 1977, 244; vom 28.06.1984 – IV R 150/82, BFHE 141, 330, BStBl II 1985, 211[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 19.01.1990 – III R 31/87, BFHE 159, 199, BStBl II 1990 383[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 11.07.1984 – I R 182/79, BFHE 141, 282, BStBl II 1984, 722[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 11.07.1984 – I R 182/79, BFHE 141, 282, BStBl II 1984, 722; vom 27.02.1987 – III R 217/82, BFH/NV 1987, 441; vgl. zu Arbeiterwohnheim BFH, Urteil vom 18.01.1973 – IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561; BFH, Beschluss vom 28.08.2002 – XI B 158/01[↩]
- BFH, Urteil vom 18.01.1973 – IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 5618[↩][↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 10.12 2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291[↩]
- BFH, Urteil vom 18.01.1973 – IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 18.01.1973 – IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561[↩]