Übernimmt ein Rechtsanwalt die Versicherungsbeiträge seiner angestellten Rechtsanwälte, die im Außenverhältnis nicht für eine anwaltliche Pflichtverletzung haften, liegt Arbeitslohn regelmäßig nur in Höhe des übernommenen Prämienanteils vor, der auf die in § 51 Abs. 4 BRAO vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt und den die Rechtsanwälte zur Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO benötigen.

Nach der Rechhtsprechung des Bundesfinanzhofs1 ist die Einbeziehung des angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden „Briefkopfanwalts“ in den über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz einer Sozietät allein dem Umstand geschuldet, dass für die Sozien durch Anwendung der Durchschnittsleistung (hier in § 12 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen) im Versicherungsfall keine Unterdeckung entsteht. Insoweit besteht in Bezug auf die Einbeziehung eines zivilrechtlich nicht haftenden „Briefkopfanwalts“ in den Versicherungsschutz ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Sozietät an der versicherungsrechtlich benötigten Höherversicherung und der hierdurch abgedeckten Versicherungssumme.
Deshalb liegt Arbeitslohn auch im Falle der „Höherversicherung“ regelmäßig nur in Höhe des übernommenen Prämienanteils vor, der auf die in § 51 Abs. 4 BRAO vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt, wenn die/der angestellte Rechtsanwältin/Rechtsanwalt im Außenverhältnis nicht für eine anwaltliche Pflichtverletzung haftet. Gleiches gilt für die/den angestellte/angestellten Rechtsanwältin/Rechtsanwalt einer Einzelkanzlei.
Sind die angestellten Rechtsanwälte als solche auf dem Briefkopf ausgewiesen, kommt deren zivilrechtliche Haftung aus Anwaltsvertrag (Scheinsozienhaftung) nicht in Betracht. Ihre Einbeziehung in den von dem Arbeitgeber versicherungsrechtlich benötigten, über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz erfolgte in dessen ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse. Insoweit scheidet die Annahme von Arbeitslohn aus. Der Umstand, dass der Arbeitgeber in seiner Kanzlei nur „höherversicherte“ Rechtsanwälte beschäftigt, steht dem nicht entgegen. Er kann insbesondere kein eigenes Interesse der angestellten Rechtsanwälte an einem über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz begründen. Denn zivilrechtlich haftet der angestellte Rechtsanwalt, der als solcher auf dem Briefkopf aufgeführt ist, im Außenverhältnis für anwaltliche Fehler nicht. Hierfür hat vielmehr der mandatierte Arbeitgeber einzustehen. Die Einbeziehung des angestellten und zivilrechtlich nicht haftenden „Briefkopfanwalts“ in den über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz ist allein dem Umstand geschuldet, dass bei einem etwaigen Versicherungsfall durch Anwendung der versicherungsrechtlichen Durchschnittsleistung keine unter Umständen betriebsgefährdende Unterdeckung entsteht.
Entsprechendes gilt, soweit ein angestellter Rechtsanwalt im Falle einer (selbständigen) Anwaltstätigkeit außerhalb der Sozietät von der Höherversicherung profitieren könnte. Denn insoweit handelt es sich bei dem Vorteil um einen bloßen (nicht lohnsteuerbaren) Reflex der originär eigenbetrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers2.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Dezember 2021 – VI R 32/19
- BFH, Urteile vom 01.10.2020 – VI R 11/18, BFHE 270, 475, BStBl II 2021, 352; und – VI R 12/18, BFHE 270, 484, BStBl II 2021, 356[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 270, 475, BStBl II 2021, 352, Rz 40, und in BFHE 270, 484, BStBl II 2021, 356, Rz 26[↩]
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