Der Versuch einer Straftat – und das unmittelbare Ansetzen zur Tat

Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer Straftat vor, sobald der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Der Versuch einer Straftat – und das unmittelbare Ansetzen zur Tat

Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn er bereits eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt bzw. ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Auch eine frühere, vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begründen. Das ist der Fall, wenn sie nach der Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in sie einmündet1.

Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen jedoch stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles. Hierbei können etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der Rechtsgutsgefährdung, der aus Sicht des Täters durch die zu beurteilende Handlung bewirkt wird, für die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium Bedeutung gewinnen2.

Der Täter muss mit der Handlung nach seiner Vorstellung die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung angesetzt haben3. Dies ist nicht der Fall, wenn nach der Vorstellung des Angeklagten noch weitere Zwischenakte erforderlich sind, um zur Tatbestandsverwirklichung übergehen zu können.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Mai 2018 – 1 StR 28/18

  1. s. etwa BGH, Urteile vom 16.09.1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 203; vom 16.01.1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297 f.; und vom 20.03.2014 – 3 StR 424/13, NStZ 2014, 447; Beschlüsse vom 29.01.2014 – 1 StR 654/13, JR 2014, 299, 300; und vom 20.09.2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86 f.[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1982 – 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 364 f.; Beschlüsse vom 24.07.1987 – 2 StR 338/87, BGHSt 35, 6, 9; und vom 20.09.2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86[]
  3. vgl. nur BGH, Urteil vom 16.01.1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 297 f.; Beschluss vom 20.09.2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86[]
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