Hat ein Angreifer bereits eine Verletzungshandlung begangen, so ist der Angriff so lange gegenwärtig i.S.v. § 32 Abs. 2 StGB, wie eine Wiederholung und damit ein erneutes Umschlagen in eine Verletzung unmittelbar zu befürchten ist [1].

Dabei kommt es auf die objektive Sachlage an. Entscheidend sind daher nicht die Befürchtungen des Angegriffenen, sondern die Absichten des Angreifers und die von ihm ausgehende Gefahr einer (neuerlichen oder unverändert fortdauernden) Rechtsgutverletzung [2].
Im vorliegenden Fall hatte der Geschädigte dem Angeklagten den Faustschlag in das Gesicht versetzt, bevor dieser mehrfach zustach. Von einem erneuten, unmittelbar bevorstehenden Angriff seitens des Geschädigten auf den Angeklagten hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei gerade nicht überzeugen können.
Fehlte es aber an einer Notwehrlage bei Ausführung der Messerstiche, kam es auf die ergänzenden Erwägungen des Landgerichts zum Fehlen der Erforderlichkeit der Messerstiche und des Verteidigungswillens beim Angeklagten nicht mehr an.
Einen Putativnotwehrexzess [3], auf den § 33 StGB ohnehin keine Anwendung fände [4], verneinte der Bundesgerichthsof ebenfalls. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat [5].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 1 StR 588/16
- BGH, Urteile vom 24.11.2016 – 4 StR 235/16 Rn. 12, NStZ-RR 2017, 38, 39 mwN; und vom 09.08.2005 – 1 StR 99/05, NStZ 2006, 152, 153[↩]
- BGH aaO jeweils mwN; siehe auch Urteil vom 18.04.2002 – 3 StR 503/01, NStZ-RR 2002, 203[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2003 – 4 StR 267/02, NStZ 2003, 599 f.[↩]
- BGH aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 26.10.2016 – 2 StR 275/16, Rn. 12 mwN[↩]