Sicherungsverwahrung – und die früher verhängten Jugendstrafen

Das für die Verhängung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB erforderliche Vorliegen von drei vorsätzlichen Taten setzt nicht voraus, dass diese Taten – wovon die Strafkammer fehlerhaft ausgegangen ist – gemeinsam in der Entscheidung abgeurteilt werden, in der die Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 StGB angeordnet werden könnte. Vielmehr können eine oder zwei von diesen Taten schon vorher rechtskräftig abgeurteilt sein, sofern der Täter wenigstens eine der Symptomtaten als Erwachsener begangen hat1.

Sicherungsverwahrung – und die früher verhängten Jugendstrafen

Eine in einem früheren Verfahren ausgesprochene einheitliche Jugendstrafe nach § 31 JGG erfüllt indes die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 StGB nur, wenn zu erkennen ist, dass der Täter wenigstens bei einer der ihr zugrundeliegenden Straftaten eine Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hätte, sofern sie als Einzeltat gesondert abgeurteilt worden wäre2. Dies festzustellen, ist tatrichterliche Aufgabe, die dem über die Sicherungsverwahrung entscheidenden Richter obliegt. Dabei hat der Tatrichter festzustellen, wie der Richter des Vorverfahrens die einzelnen Taten bewertet hat; er darf sich nicht an dessen Stelle setzen und im Nachhinein eine eigene Strafzumessung vornehmen3. Entsprechende Feststellungen muss der Tatrichter so belegen, dass eine ausreichende revisionsgerichtliche Überprüfung möglich ist.

Entscheidend ist, welche Straftaten vom Angeklagten zukünftig zu erwarten sind; die Anlasstaten haben dafür nur indizielle Bedeutung4.

Weiterlesen:
Der minder schwere Fall - und die Gesamtbewertung aller strafzumessungsrelevanten Umstände

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 2 StR 240/14

  1. vgl. auch BGH, Beschluss vom 20.12 2001 – 2 StR 513/01, BGHR StGB § 66 Abs. 3 Katalogtat 2; BGH, Beschluss vom 12.01.2010 – 3 StR 439/09, NStZ-RR 2010, 142, 143[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 23.08.2001 – 3 StR 261/01, NStZ 2002, 29; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 66 Rdn. 26, jeweils mwN[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 23.08.2001 – 3 StR 261/01, NStZ 2002, 29 mwN[]
  4. vgl. auch Fischer, aaO, § 62 Rdn. 3a ff. mwN[]