Der Polizeibewerber mit der Löwenkopftätowierung

Alleine die Abbildung eines brüllenden Löwenkopfes als Tattoo bei einem Einstellungsbewerber für den Polizeivollzugsdienst kommt kein in ihrem Deutungsgehalt eindeutiger, die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Frage stellender Inhalt zu.

Der Polizeibewerber mit der Löwenkopftätowierung

Mit dieser Begründung hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem hier vorliegenden Eilverfahren das Land NRW verpflichtet, einen tätowierten Einstellungsbewerber für den Polizeivollzugsdienst vorläufig weiterhin am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen. Für die Einstellung zum 1. September 2020 hat sich der aus Recklinghausen stammende Antragsteller für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes NRW beworben. Auf seine linke Brust ist ein Löwenkopf mit aufgerissenem Maul in einer Größe von ca. 22 cm x 18 cm tätowiert. Nachdem er das Testverfahren erfolgreich durchlaufen hatte, lehnte das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen seine Einstellung ab und führte zur Begründung aus, es bestünden Zweifel an seiner charakterlichen Eignung. Der Zähne fletschende Löwenkopf wirke angriffslustig und aggressiv auf den Betrachter; er vermittle einen gewaltverherrlichenden Eindruck, der sich nicht mit dem an einen Polizeivollzugsbeamten gestellten Anforderungsprofil vereinbaren lasse. Nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die Tätowierung des Antragstellers als kein der Einstellung entgegenstehendes Kriterium angesehen hat, ist vom Land Nordrhein-Westfalen dagegen Beschwerde eingereicht worden.

In seiner Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
ausgeführt, dass berech­tigte Zweifel an der charakterlichen Eignung gegeben sein können, wenn Art und Inhalt vorhandenen Körperschmucks auf eine innere Einstellung oder Gesinnung des Bewer­bers schließen lassen, die mit den Grundpflichten eines Beamten nicht mehr vereinbar ist. Das sei insbesondere der Fall, wenn der Bewerber nicht die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.

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Die Löwenkopftätowierung des Antragstellers lasse jedoch für sich genom­men keinen Schluss auf eine in diesem Sinne bedenkliche Einstellung zu. Der fein konturierten, realitätsgetreuen Abbildung eines männlichen Löwenkopfes in brüllender Manier komme kein in ihrem Deutungsgehalt eindeutiger, die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Frage stellender Inhalt zu. Angesichts der Intensität des mit der Ablehnung verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit bedürfe es weiterer Anhaltspunkte, um aus dem vom Antragsteller gewählten Motiv auf eine Eignungszweifel begründende, hier insbesondere gewaltverherrlichende Einstellung seiner Person schließen zu können. An solchen fehle es hier jedoch. Der Antragsteller habe eine gewaltverherrlichende Einstellung dementiert und auf im Zusammenhang mit seiner Trainertätigkeit erworbene soziale Kompetenzen hingewiesen. Für ihn stehe der Löwe für Stärke, Mut und Macht.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Mai 2020 – 6 B 212/20