Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Heranziehung zum Rundfunkbeitrag richtete.

Der Beschwerdeführer machte unter anderem geltend, die Aufsichtsgremien des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hätten in den Jahren 2014 und 2015 nicht den der Vielfaltsicherung dienenden Geboten der Staatsferne und Transparenz genügt, sodass hierdurch auch der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil gefehlt habe. Er sei daher unter anderem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Das Bundesverfassungsgericht beurteilte die Verfassungsbeschwerde als unzulässig, da insbesondere die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt sei:
Die Verfassungsbeschwerde
Der MDR setzte in den Jahren 2014 und 2015 gegenüber dem Beschwerdeführer Rundfunkbeiträge fest. Die gegen die Beitragsbescheide eingelegten Widersprüche blieben erfolglos, die vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage gegen die Bescheide wurde abgewiesen. Zwar sei mit dem Beschwerdeführer davon auszugehen, dass der MDR-Staatsvertrag in der hier maßgeblichen Fassung vor dessen Änderung im Jahr 2021 keine dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne genügende Zusammensetzung der Aufsichtsgremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat vorgesehen habe. Dies lasse die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsbescheide jedoch unberührt. Die Beitragsbescheide seien auch im Übrigen rechtmäßig. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Sächsische Oberverwaltungsgericht ab.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtlichen Entscheidungen.
Er macht unter anderem geltend, es habe im für die Beitragserhebung relevanten Zeitraum an dem die Beitragspflicht rechtfertigenden individuellen Vorteil in Gestalt der Möglichkeit der Nutzung eines auf Vielfalt und Ausgewogenheit ausgerichteten öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms gefehlt, weil die Aufsichtsgremien des MDR nicht den Geboten der Staatsferne und Transparenz genügt hätten. Dabei wird im Einzelnen etwa aufgezeigt, weshalb die verfassungsrechtlichen Transparenzanforderungen verfehlt worden seien. Dies werde insbesondere an der Behandlung der Programmbeschwerden deutlich. Anzahl, Gegenstand und Behandlung dieser Beschwerden würden der Öffentlichkeit vorenthalten, obwohl es sich um einen „Marker“ für die Qualität und Ausgewogenheit der Berichterstattung handele. Die Sitzungen der für die Programmbeschwerden zuständigen Ausschüsse seien generell nicht öffentlich; es würden weder Tagesordnungen oder Anwesenheitslisten noch Sitzungsprotokolle veröffentlicht. Förmliche Programmbeschwerden würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit in nahezu allen Fällen negativ beschieden.
Der Beschwerdeführer sieht sich daher durch die Beitragserhebung unter anderem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen (vgl. § 93a BVerfGG). Sie ist mit Blick auf das Gebot einer hinreichenden Darlegung der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) und der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) unzulässig.
Dem Darlegungsgebot ist unter anderem insoweit nicht genügt, als der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch Nichtvorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG mit der Begründung geltend macht, die Gerichte hätten willkürlich verkannt, dass es für die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung maßgeblich auf die Gültigkeit der die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des MDR betreffenden Normen des MDR-Staatsvertrags a.F. ankomme.
Zwar begründet eine sachlich nicht mehr vertretbare Verkennung der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG einen mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbaren Entzug des gesetzlichen Richters1. Dies legt der Beschwerdeführer jedoch nicht unter inhaltlicher Auseinandersetzung mit den maßgeblichen gerichtlichen Erwägungen2 hinreichend substantiiert dar. Die Entscheidungserheblichkeit wird im Kern damit begründet, dass Verwaltungsakte einer fehlerhaft errichteten Behörde in der Regel zwar nicht unwirksam, jedoch rechtswidrig seien. Dieses Argument führt indes nicht weiter. Denn die Gerichte sind nicht davon ausgegangen, dass die Rundfunkanstalt MDR als Ganze fehlerhaft errichtet wurde, weil ihre Aufsichtsgremien nicht dem Gebot der Staatsferne entsprechend zusammengesetzt waren. Die Vertretbarkeit dieser Auffassung stellt der Beschwerdeführer nicht substantiiert in Abrede. Auch wird weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass nicht der MDR als Ganzer handelnde Behörde im funktionalen Sinne ist, sondern die Aufsichtsgremien. Im Übrigen haben beide Fachgerichte maßgeblich darauf abgestellt, dass nicht der MDR-Staatsvertrag a.F., sondern der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag die rechtliche Grundlage der angefochtenen Beitragsbescheide bilde und die Aufsichtsorgane des MDR auch nicht unmittelbar am Erlass der Rundfunkbeitragsbescheide beteiligt gewesen seien. Zu all dem verhält sich der Beschwerdeführer nicht.
Es ist fraglich, ob das Darlegungsgebot gewahrt ist, soweit der Beschwerdeführer rügt, die Erhebung des Rundfunkbeitrags sei mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil der die Beitragserhebung rechtfertigende individuelle Vorteil der Möglichkeit des Empfangs eines vielfältigen und ausgewogenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms wegen der Staatsnähe der Aufsichtsgremien des MDR und deren intransparentem Vorgehen insbesondere bei der Behandlung der Programmbeschwerden nicht gewährleistet gewesen sei.
Zwar wird nachvollziehbar dargetan, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gebote der Staatsferne und Transparenz der Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten dazu dienten, die Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots zu sichern3, wobei die Möglichkeit zur Nutzung eines entsprechend ausgestalteten Programms wiederum den die Beitragserhebung rechtfertigenden individuellen Vorteil begründe4. Der Beschwerdeführer zeigt auch auf, welche Folgen es aus seiner Sicht für die Erhebung des Rundfunkbeitrags hat, wenn die Aufsichtsgremien einer Rundfunkanstalt die gerade der Sicherung der Programmvielfalt dienenden organisations- und verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine plurale, staatsferne Zusammensetzung ihrer Mitglieder und eine transparente, die Öffentlichkeit einbeziehende Wahrnehmung ihrer Aufgabe insbesondere bei der Behandlung der Programmbeschwerden verfehlen. Danach spreche in solchen Fällen eine Vermutung dafür, dass die Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots auch tatsächlich nicht gewährleistet sei und daher die Möglichkeit zur Nutzung dieses Angebots keinen die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteil biete.
Ob der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Maßstab genügt, um darzulegen, dass es bezogen auf den MDR an einer Programmvielfalt fehlte und welche Folgen sich hieraus für die Erhebung des gesamten Rundfunkbeitrags ergeben, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls ist die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde im materiellen Sinne (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) nicht gewahrt. Diese erfordert über die formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, dass der Beschwerdeführer alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen5.
Der Beschwerdeführer hat nicht alle Möglichkeiten genutzt, um zunächst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht klären zu lassen, ob die Aufsichtsgremien des MDR im hier für die Beitragserhebung relevanten Zeitraum wegen ihrer Zusammensetzung dem Gebot der Staatsferne und darüber hinaus insbesondere wegen ihres Umgangs mit den Programmbeschwerden dem Gebot der Transparenz nicht genügten, und ob für diesen Fall davon auszugehen ist, dass der die Beitragserhebung rechtfertigende individuelle Vorteil in Gestalt der Möglichkeit des Empfangs eines vielfältigen und ausgewogenen Programms nicht gewährleistet war, ohne dass es darüber hinaus auf eine Überprüfung der tatsächlichen Inhalte des Programms ankommt. Zwar hat der Beschwerdeführer diese Fragen auch im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren aufgeworfen, ohne dass das Verwaltungsgericht hierauf eingegangen ist. Im Verfahren des Antrags auf Zulassung der Berufung wurde jedoch die Rüge, mangels Staatsferne und Transparenz der Aufsichtsgremien des MDR sei der für die Beitragserhebung notwendige Vorteil eines vielfältigen und ausgewogenen Programmangebots nicht gewährleistet, weder im Rahmen einer Gehörsrüge noch eines sonstigen Zulassungsgrundes (§ 124 Abs. 2 VwGO) zum Gegenstand gemacht. Die Nichteinhaltung des Gebots der Staatsferne wird im Zulassungsantrag lediglich insoweit thematisiert, als es um die für die beantragte Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG notwendige Entscheidungserheblichkeit einer Ungültigkeit der die Zusammensetzung des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats betreffenden Regelungen des MDR-Staatsvertrags a.F. für die hoheitliche Beitragsfestsetzung geht, nicht jedoch mit Blick auf die Frage, ob es deshalb an einem die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteil fehlt. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht war daher gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO von vornherein gehindert, das Berufungsverfahren aus diesem Grund zuzulassen und sodann in diesem Verfahren zu klären6, ob es im beitragsrechtlich maßgeblichen Zeitraum mangels staatsfern zusammengesetzter und transparent agierender Aufsichtsgremien des MDR an einer organisations- und verfahrensrechtlichen Sicherung der Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots fehlte, und gegebenenfalls, ob deshalb das Fehlen eines die Beitragserhebung rechtfertigenden individuellen Vorteils ohne Rücksicht auf die tatsächliche Programmgestaltung festgestellt oder etwa nach Maßgabe abgesenkter Darlegungsanforderungen überprüft werden kann.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 2025 – 1 BvR 622/24
- vgl. BVerfGE 138, 64 <87 ff. Rn. 71 ff.>[↩]
- vgl. BVerfGE 130, 1 <21>[↩]
- vgl. BVerfGE 136, 9 <37 ff. Rn. 45 ff., 49 ff. Rn. 78 ff.>[↩]
- vgl. BVerfGE 149, 222 <262 Rn. 81> zur Frage einer entsprechenden gerichtlichen Kontrolle der Programmgestaltung in beitragsrechtlichen Klageverfahren vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.04.2023 – 1 BvR 601/23, Rn. 9[↩]
- vgl. BVerfGE 112, 50 <60> m.w.N.[↩]
- vgl. Roth, in: Passer/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, § 124a Rn. 63 m.w.N.[↩]
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- MDR-Zentrale Leipzig: MDR, Stephan Flad