Der Thüringer Landtag, sein Alterspräsident – und der Landesverfassungsgericht

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag und des Landtagsabgeordneten Andreas Bühl, der auch die Landtagsfraktionen von SPD, Die Linke und BSW beigetreten sind, mit einer einstweiligen Anordnung einen verpflichtenden „Fahrplan“ für die Fortsetzung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags am heutigen Samstag aufgestellt und dem Gebahren des Alterspräsidenten dabei deutliche Grenzen gesetzt:

Der Thüringer Landtag, sein Alterspräsident – und der Landesverfassungsgericht

Der Alterpräsident des Thüringer Landtags wird verpflichtet, bei der Fortsetzung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags den Namensaufruf der Abgeordneten durchzuführen, daran anknüpfend die Feststellung über die Beschlussfähigkeit des Landtags zu treffen und sodann die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19. September 2024 im Plenum zur Abstimmung zu stellen.

In seinem gestern Nacht erlassenen Beschluss hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof den Alterspräsidenten des Thüringer Landtags insbesondere dazu verpflichtet, in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Thüringer Landtags bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten die Neufassung der Tagesordnung vom 19. September 2024 im Plenum zur Abstimmung zu stellen; einen Teil der anderen An-träge hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof abgelehnt.

Die Thüringer Verfassung trifft, wie der Thüringer Verfassungsgerichtshof ausdrücklich feststellt, keine Regelung zur Reihenfolge der einzelnen Konstituierungshandlungen. Sie gibt insbesondere nicht vor, dass die Wahl des Landtagspräsidenten noch vor dem Beschluss einer Geschäftsordnung zu erfolgen hat. Die Abgeordneten haben aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Parlaments- und Geschäftsautonomie das Recht, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung zu bestimmen und dabei sowohl die Gegenstände als auch die Reihenfolge der Tagesordnung festzulegen. Damit ist auch eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig.

Die beabsichtigte Regelung, die vorsieht, dass sämtliche Fraktionen – und nicht allein die stärkste Fraktion – bereits für den 1. Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, ist verfassungsrechtlich zulässig. Eine solche Bestimmung in der Geschäftsordnung verstößt weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht. Eine Nichtbehandlung des auf die Änderung der Wahlmodalitäten des Landtagspräsidenten gerichteten Antrags durch den Alterspräsidenten kommt deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

Was bisher geschah

Am 19.09.2024 reichten die Landtagsfraktionen von CDU und „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) einen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtages ein1. Der Änderungsantrag lautet wie folgt: 

Die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags in der Fassung ihrer Bekanntmachung vom 15.05.20242 wird wie folgt geändert:

  1. § 2 wird wie folgt geändert:Absatz 1 erhält folgende Fassung:“(1) Der Landtag wählt aus seiner Mitte die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten für die Dauer der Wahlperiode. Die Wahl wird ohne Aussprache und geheim durchgeführt. Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so gilt § 46 Abs. 3 Satz 2 bis 5 entsprechend.“Absatz 2 erhält folgende Fassung:“(2) Der Landtag wählt aus seiner Mitte die Vizepräsidentinnen beziehungsweise Vizepräsidenten in besonderen Wahlgängen für die Dauer der Wahlperiode. Jede Fraktion kann eines ihrer Mitglieder für die Wahl zur Vizepräsidentin beziehungsweise zum Vizepräsidenten vorschlagen, sodass jede Fraktion im Vorstand des Landtags mit einem Mitglied vertreten sein soll. Das Vorschlagsrecht entfällt, wenn eine Fraktion im Ergebnis der Wahl gemäß Absatz 1 die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten stellt; der Wahlvorschlag dieser Fraktion für die Wahl einer Vizepräsidentin beziehungsweise eines Vizepräsidenten ist gegenstandslos. Die Wahl wird ohne Aussprache und geheim durchgeführt. Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, können für weitere Wahlgänge neue Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber derselben Fraktion vorgeschlagen werden.“

Unter dem 19.09.2024 lud die Präsidentin des 7. Thüringer Landtages sämtliche in den 8. Thüringer Landtag gewählten Abgeordneten zur konstituierenden Landtagssitzung ein. Die Neufassung der Einladung lautet in den ersten fünf Tagesordnungspunkten auszugsweise wie folgt: 

  1. Eröffnung durch die Alterspräsidentin bzw. den Alterspräsidenten
  2. Ernennung von vorläufigen Schriftführerinnen beziehungsweise Schriftführern
  3. Aufruf der Namen der Abgeordneten und Feststellung der Beschlussfähigkeit
  4. Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags, Antrag der Fraktionen der CDU und des BSW – Drucksache 8/7 –
  5. Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten des Landtags, Wahlvorschlag der Fraktion der AfD – Drucksache 8/. –

Im Anschluss an die Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten des Landtags: Amtsübernahme durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landtags“

Am 26.09.2024 trat der am 1.09.2024 gewählte 8. Thüringer Landtag um 12:00 Uhr zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Der Alterspräsident eröffnete die Sitzung des 8. Thüringer Landtages, stellte die Anzahl der Fraktionsmitglieder fest und nannte die Namen der Fraktionsvorsitzenden sowie der parlamentarischen Geschäftsführer. Im Anschluss bat der Abgeordnete Bühl den Alterspräsidenten, die Beschlussfähigkeit des 8. Thüringer Landtages festzustellen. Der Alterspräsident kam dem nicht nach, unterbrach die Sitzung und teilte nach einer Beratung mit den Parlamentarischen Geschäftsführern mit, dass er nun seine Rede halten dürfe. Nach dem Ende der Rede des Alterspräsidenten erinnerte der Abgeordnete Bühl erneut an seinen gestellten Antrag zur Beschlussfähigkeit und bat um dessen Behandlung. Im weiteren Verlauf unterbrach der Alterspräsident mehrfach die Sitzung, ohne dem Antrag des Abgeordneten Bühl nachzukommen. Nachdem die Fraktionen Gelegenheit zur Äußerung erhalten hatten, teilte der Alterspräsident mit, dass er sich der von der Fraktion der AfD geäußerten Rechtsauffassung anschließe. Dem Thüringer Landtag sei es solange verwehrt, über die Ausgestaltung der Tagesordnung abzustimmen, bis die Wahl des Landtagspräsidenten abgeschlossen sei. Der Abgeordnete Bühl kündigte hierauf an, den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Thüringer Verfassungsgerichtshof zu beantragen. Der Alterspräsident unterbrach die Sitzung mit der Ankündigung, diese am 28.09.2024 fortzusetzen. 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Die CDU-Landtagsfraktion sowie der CDU-Abgeordnete Bühl haben am 26.09.2024 beim Thüringer Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie machen geltend, der Landtag habe nach Art. 57 Abs. 5 ThürVerf sowohl das Recht als auch die Pflicht, sich eine Geschäftsordnung zu geben. Seine Geschäftsordnungsautonomie umfasse nicht nur die generelle Organisation des Verfahrens, sondern auch den konkreten Ablauf der Plenar- und Ausschusssitzungen. Der konkrete Sitzungsablauf, einschließlich der Tagesordnung, liege in den Händen des Landtags. Die Tagesordnung könne zu Beginn jeder Sitzung mit einfacher Mehrheit geändert werden. Dieses Recht sowie die parlamentarischen Antrags- und Mitwirkungsrechte der Antragsteller aus Art. 53 Abs. 2 i. V. m. Art. 58 ThürVerf verletze der Alterspräsident, indem er sich weigere, entsprechend der Tagesordnung zu verfahren und über die beantragte Änderung der Geschäftsordnung abstimmen zu lassen. Die Geschäftsordnungsautonomie gelte auch im Hinblick auf die konkrete Verfahrensausgestaltung bei Plenarsitzungen. Diese beinhalte auch die zeitliche Dimension der Verfahrensgestaltung. Soweit das Thüringer Geschäftsordnungsgesetz eine Weitergeltung der Geschäftsordnung des vorherigen Landtags anordne, handele es sich lediglich um ein „Angebot“ an den neu gewählten Landtag. Er könne jederzeit davon abweichen. Die Aufgabe des Alterspräsidenten erschöpfe sich darin, bis zur Wahl des Landtagspräsidenten durch die Sitzung zu führen. Er dürfe weder die Geschäftsordnung noch die Tagesordnung selbst festlegen. Die Sitzung habe er neutral und unparteiisch zu leiten. Der von der CDU-Landtragsfraktion und der BSW-Landtragsfraktion eingebrachte Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung sei auch nicht verfassungs- oder geschäftsordnungswidrig. Er bewege sich in den weit gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen der Geschäftsordnungsautonomie. Er beschränke weder die verfassungsrechtlichen Rechte der Abgeordneten noch der einzelnen Fraktionen noch des Landtags in seiner Gesamtheit. Art. 57 Abs. 1 ThürVerf spreche ausdrücklich davon, dass der Landtagspräsident aus der Mitte des Landtags gewählt werde. Ein Vorschlagsrecht für sämtliche Fraktionen sei hiervon gedeckt. Bei dem bisherigen Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion handele es sich lediglich um eine Regelung auf der Ebene der Geschäftsordnung, hingegen nicht um eine Vorgabe der Verfassung. Ebenso ergebe sich aus der Verfassung keine Pflicht, zuerst einen Landtagspräsidenten zu wählen, bevor über Änderungen der Geschäftsordnung abgestimmt werden könne. 

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind die Fraktion der SPD, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion des „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ (BSW) beigetreten.

Die einstweilige Anordnung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof erließ daraufhin – nach § 26 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz – ThürVerfGHG) ohne mündliche Verhandlung – eine einstweilige Anordnung mit dem oben zitierten Tenor, in dem das Verfassungsgericht den Antragstellern zu großen Teilen Recht gab:

Nach § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG kann der Verfassungsgerichtshof im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

Zulässigkeit der Anträge

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang zulässig, im Übrigen ist er unzulässig.

Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz setzt nicht voraus, dass das Hauptsacheverfahren bereits anhängig gemacht wurde3. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 26 ThürVerfGHG kann auch im Vorfeld eines noch zu erhebenden Hauptsacheverfahrens gestellt werden, sofern ein solches nicht von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre4.

Antragsbefugnis

Die Antragsteller sind antragsbefugt:

  • Die CDU-Landtragsfraktion ist als Fraktion des Thüringer Landtags durch die Thüringer Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet (vgl. Art. 58 und Art. 59 Abs. 2 ThürVerf). Sie ist nach § 38 i.V.m. § 11 Nr. 3 ThürVerfGHG beteiligtenfähig und kann im Wege der Prozessstandschaft eine Verletzung der Rechte des Landtags nach § 39 Abs. 1 ThürVerfGHG geltend machen5.
  • Der Abgeordnete Bühl verfügt als Abgeordneter über die Rechte, die Ausfluss des freien Mandats aus Art. 53 Abs. 1 und 2 ThürVerf sind.

Der Zulässigkeit steht keine Verfristung entgegen. Im Verfahren der einstweiligen Anordnung gibt es keine Antragsfrist. Sofern sich der Alterspräsident darauf beruft, das Thüringer Geschäftsordnungsgesetz finde seit dem Jahr 1994 unverändert Anwendung, führt dies nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Die Antragsteller machen eine Verfassungswidrigkeit des Thüringer Geschäftsordnungsgesetzes nicht geltend. Sie vertreten die Auffassung, das Gesetz stehe der Änderung der Geschäftsordnung nicht entgegen.

Rechtsschutzbedürfnis

Die Anträge sind zulässig, soweit sie zum Gegenstand haben, den Alterspräsidenten zu verpflichten,

  • den Namensaufruf der Mitglieder des Landtags durchzuführen (Antrag zu 1.),
  • die Beschlussfähigkeit des Landtags festzustellen (Antrag zu 1.) und
  • die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 („Neufassung der Einladung zur 1. Plenarsitzung“) zur Abstimmung durch das Plenum zu stellen, die ein notwendiger Verfahrensschritt für die darüber hinaus beantragte Feststellung der Tagesordnung ist (Antrag zu 2.).

Hinsichtlich dieser Antragsgegenstände besteht ein Rechtsschutzinteresse der antragstellenden Landtagsfraktion wie auch des antragstellenden Landtagsabgeordneten. Der Alterspräsident hat es in der 1. Sitzung des Thüringer Landtags am 26.09.2024 trotz mehrfacher Anträge der Antragsteller abgelehnt, die Beschlussfähigkeit des Landtags festzustellen (die den vorherigen Namensaufruf der Mitglieder des Landtags zur Voraussetzung hat). Der Alterspräsident hat es außerdem abgelehnt, über die Tagesordnung durch das Plenum abstimmen zu lassen. Er hat die Rechtsauffassung vertreten, dass der Landtag erst nach der Wahl des Präsidenten (Art. 57 Abs. 1 ThürVerf) in der Lage sei, Beschlüsse zu fassen. 

Diese durch den Alterspräsidenten vorzunehmenden Verfahrenshandlungen sind eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Landtag seine Geschäftsordnungsautonomie, wozu die Festlegung der Tagesordnung gehört, realisieren und darüber entscheiden kann, mit welchen weiteren Beratungsgegenständen in welcher Reihenfolge er sich in seiner konstituierenden Sitzung befasst. Aufgrund der Geschäftsordnungsautonomie des Landtags können Abgeordnete bereits zu Beginn der Konstituierung beanspruchen, dass über einen hierauf gerichteten Antrag abgestimmt wird. Die Auffassung des Alterspräsidenten, dass er ein Bestimmungsrecht über den Zeitpunkt der Abstimmung über einen solchen Antrag hat, würde die Geschäftsordnungsautonomie des Landtags aushöhlen.

Soweit die Antragsteller die Verpflichtung des Alterspräsidenten beantragen, 

  • die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 („Neufassung der Einladung zur 1. Plenarsitzung“) bereits festzustellen (Antrag zu 2.),
  • den unter Ziffer 4 der vorläufigen Tagesordnung enthaltenen Antrag der Fraktionen der CDU und des BSW zur Änderung der Geschäftsordnung1 zur Abstimmung zu stellen (Antrag zu 3.) und
  • für den Fall, dass die unter Ziffer 4 der vorläufigen Tagesordnung beantragte Änderung der Geschäftsordnung durch den Landtag beschlossen worden ist, bei der daran anschließenden Wahl des Landtagspräsidenten (Ziffer 5 der vorläufigen Tagesordnung) Wahlvorschläge sämtlicher Fraktionen zuzulassen (Antrag zu 4.),

fehlt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. 

Diese Anträge antizipieren bereits eine bestimmte Willensbildung des Landtags. Eine Feststellung der Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 würde voraussetzen, dass das Plenum des Landtags bereits eine entsprechende Willensbildung vollzogen hätte. Diese Willensbildung hat bisher nicht stattgefunden. Sie kann erst erfolgen, wenn der Alterspräsident die vorläufige Tagesordnung zur Abstimmung durch das Plenum stellt. Gleiches gilt für die hieran anknüpfenden Anträge bezüglich der Abstimmung über Ziffer 4 der vorläufigen Tagesordnung sowie die Zulassung von Wahlvorschlägen im Rahmen der Wahl des Landtagspräsidenten gemäß Ziffer 5 der vorläufigen Tagesordnung. Die Abgeordneten sind in der Ausübung ihres Mandats frei (Art. 53 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf). Die Entscheidung darüber, in welcher Fassung die Tagesordnung beschlossen wird, und gegebenenfalls die Beschlüsse zu den Punkten 4 und 5 der vorläufigen Tagesordnung, obliegen allein dem Plenum des Landtags im Rahmen seiner Parlamentsautonomie6

Vorwegnahme der Hauptsache

Soweit die Anträge zulässig sind, liegt zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache vor. 

Diese Vorwegnahme ist jedoch ausnahmsweise zulässig, weil mit der Konstituierung eine Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme und den Antragstellern in anderer Weise gebotener und ausreichender Rechtsschutz nicht gewährt werden könnte7. Nach dem erfolgten Namensaufruf der Mitglieder des Parlaments, der Feststellung der Beschlussfähigkeit und der Abstimmung über die Tagesordnung im Rahmen der konstituierenden Sitzung bestünde zu einem späteren Zeitpunkt kein Raum mehr für eine Wiederholung dieser Verfahrensschritte. Daher dürfen die Antragsteller ausnahmsweise vorbeugenden Rechtsschutz begehren8.

Kein Rechtsmissbrauch

Die Anträge sind entgegen der Auffassung des Alterspräsidenten nicht rechtsmissbräuchlich. Für einen Rechtsmissbrauch bestehen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte. Denn der Alterspräsident hat in der 1. Sitzung des Thüringer Landtags am 26.09.2024 geäußert, dass die Wahl des Landtagspräsidenten unmittelbar nach der Feststellung der Beschlussfähigkeit zu erfolgen habe. Seiner Ansicht nach sei zum Zeitpunkt der Stellung der Anträge zur Geschäftsordnung eine Beschlussfähigkeit des Landtags nicht festgestellt und es seien weder eine Abstimmung über die Auslegung der Geschäftsordnung noch über die Tagesordnung selbst möglich und zulässig. 

Verfahrensbeitritt der weiteren Landtagsfraktionen

Die Verfahrensbeitritte der SPD-Fraktion, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion des BSW im Thüringer Landtag – sind zulässig. Sie haben als Fraktionen des Thüringer Landtags die gleiche organschaftliche Stellung wie die CDU-Landtragsfraktion (§ 40 Abs. 1 ThürVerfGHG).

Begründetheit der Anträge

Die Anträge sind, so der Thüringer Verfassungsgerichtshof, soweit sie zulässig sind auch begründet:

Prüfungsmaßstab für eine einstweilige Anordnung

Bei der Frage nach der Erforderlichkeit einer vorläufigen Regelung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt in besonderer Weise für Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz innerhalb eines Organstreitverfahrens, da dann im Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Eingriff des Verfassungsgerichtshofs in die Kompetenz eines anderen Staatsorgans liegt9. Die Autonomie eines jeden Verfassungsorgans und der Grundsatz der gegenseitigen Respektierung oberster Staatsorgane erfordern, dass sich der Verfassungsgerichtshof bei Eingriffen in die Entscheidungsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht des Parlaments – jedenfalls im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – Zurückhaltung und Selbstbeschränkung auferlegt10.

Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG bleiben die Gründe, die für oder gegen die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, grundsätzlich außer Betracht. Etwas anderes gilt nur, wenn das Hauptsacheverfahren von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre. In den übrigen Fällen sind die Nachteile, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht, die Maßnahme später aber für verfassungswidrig erklärt wird, gegen die Folgen abzuwägen, die entstehen, wenn die Anordnung erlassen wird, die Maßnahme sich im Hauptsacheverfahren aber als rechtmäßig erweist11.

Darüber hinaus ist einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aber auch dann stattzugeben, wenn ein Antrag in der Hauptsache zulässig und offensichtlich begründet wäre und die Rechtsverletzung bei Verweigerung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte12.

Auch von anderen Landesverfassungsgerichten wird teilweise die offensichtliche Begründetheit der Hauptsache in die Betrachtung einbezogen13. Vom Bundesverfassungsgericht werden die Erfolgsaussichten in der Hauptsache teilweise bei Vorwegnahme der Hauptsache in Betracht gezogen, insbesondere wenn die behauptete Rechtsverletzung bei Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, die Entscheidung damit zu spät käme14.

Ein Hauptsacheverfahren wäre vorliegend zulässig und offensichtlich begründet. 

Die verweigerte Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtags

Der Alterspräsident hat die Rechte der Landtagsfraktionen der CDU, SPD, Die Linke und BSW aus Art. 53 Abs. 2 Satz 1 ThürVerf i. V. m. Art. 58 ThürVerf dadurch verletzt, dass er nicht – wie durch die Antragsteller in der konstituierenden Sitzung des Landtags beantragt – den Namensaufruf der Abgeordneten durchgeführt, nicht hieran anknüpfend die Beschlussfähigkeit des Landtags festgestellt und schließlich die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 nicht zur Abstimmung durch das Plenum gestellt hat. Es besteht mithin nicht lediglich Streit über die Verletzung von Vorschriften der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags (ThürGOLT).

Der Alterspräsident ist nicht berechtigt, den beantragten Namensaufruf der Abgeordneten, daran anknüpfend die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtags und schließlich die Abstimmung des Plenums über die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 zu verweigern. 

Das Amt des Alterspräsidenten

Das Amt des Alterspräsidenten wird durch die Thüringer Verfassung nicht vorgegeben. § 1 Abs. 2 ThürGOLT beschreibt das Amt des Alterspräsidenten als „das an Jahren älteste“ Mitglied des Landtags.

Das Amt des Alterspräsidenten entspringt allein der Notwendigkeit, dass ein neu gewähltes Parlament noch über keine Leitungsorgane verfügt und sich zunächst eine Binnenorganisation geben muss. Das Amt des Alterspräsidenten hat daher die Funktion eines vorläufigen Leitungsorgans15. Bei der Eröffnung der konstituierenden Sitzung eines neu gewählten Parlaments durch den Alterspräsidenten handelt es sich um einen Parlamentsbrauch16.

Der Anknüpfung an das Lebensalter liegt die historisch überkommene Erwartung zugrunde, dass das Lebensalter und die diesem zugeschriebene Würde Garanten für die der Amtsführung nötige Autorität darstellen17. Inzwischen stellen jedoch die Geschäftsordnungen einiger Länderparlamente und auch des Bundestages nicht mehr auf das Lebensalter, sondern das Dienstalter als maßgebliches Anknüpfungskriterium ab18. In der Freien und Hansestadt Bremen wird hingegen traditionell durch interfraktionelle Abstimmung bestimmt, wer die erste Sitzung der neuen Bürgerschaft leitet19. Letztlich ist es eine Entscheidung im Rahmen des Selbstorganisationsrechts des Parlaments, welcher Abgeordnete die konstituierende Sitzung eröffnen soll20.

Das Amt des Alterspräsidenten ist allein durch seine funktionelle Notwendigkeit geprägt, das Verfahren bis zur Wahl des Landtagspräsidenten durchzuführen und das Amt an den gewählten Präsidenten zu übergeben21

Darüber hinausgehende Befugnisse hat der Alterspräsident nicht. Er ist weder demokratisch legitimiert – er übt seine Funktion nicht aufgrund eines Wahlakts aus – noch ist eine bestimmte Qualifikation Voraussetzung für dieses Amt. Der Alterspräsident ist, anders als der Landtagspräsident, gerade nicht oberster Repräsentant des Landtags. Er hat allein eine „dienende Aufgabe“ gegenüber dem Parlament, indem er die Handlungs- und Arbeitsfähigkeit des neu gewählten Landtags herbeiführt. Aus dieser Stellung folgt insbesondere, dass er weder zu einer Entscheidung über die Auslegung der Geschäftsordnung befugt ist noch Anträge des Plenums ablehnen darf. 

Notwendiger Bestandteil der Konstituierung eines neu gewählten Parlaments ist, dass es eine Entscheidung über seine Geschäftsordnung trifft22.

Die parlamentarische Geschäftsordnung sichert das geordnete Funktionieren des Parlaments im Staats- und Verfassungsleben. Sie regelt das Verfahren für die Abwicklung der Parlamentsgeschäfte23 und ist daher unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Abgeordnete ihr freies Mandat aus Art. 53 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf auch tatsächlich und effektiv wahrnehmen können. Gemäß Art. 53 Abs. 2 ThürVerf hat jeder Abgeordnete das Recht, im Landtag das Wort zu ergreifen, Anfragen und Anträge zu stellen sowie an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen. Damit Abgeordnete diese und weitere durch die Verfassung garantierten Rechte auch tatsächlich wahrnehmen können, bedarf es verfahrensausgestaltender Regelungen durch eine Geschäftsordnung. 

Das Bundesverfassungsgericht hat zur Geschäftsordnung des Bundestages ausgeführt: „Die Geschäftsordnung des Bundestages ist eine autonome Satzung. Ihre Bestimmungen binden nur die Mitglieder des Bundestages. Sie gelten nur für die Dauer der Wahlperiode des Bundestages, der die Geschäftsordnung beschlossen hat, obwohl es möglich und sogar in der Praxis die Regel ist, dass der nächste Bundestag die in Kraft befindliche Geschäftsordnung des früheren Parlamentes übernimmt“24.

Diese Geschäftsordnungsautonomie ist zentraler Ausdruck der Parlamentsautonomie25. Parlamentsautonomie bedeutet damit vor allem das Recht und die Pflicht des Parlaments, selbst „das Ideal seines guten Funktionierens zu definieren“26. Sie unterliegt aufgrund der Parlamentsautonomie des jeweils gewählten Parlaments verfassungsrechtlich der Diskontinuität27. Die Diskontinuität gewährleistet, dass der Landtag bzw. Bundestag der jeweiligen Legislaturperiode seine Geschäftsordnungsautonomie allein für sich in Anspruch nehmen kann. Er vermag keine Regelungen zu treffen, die über seine eigene Existenz hinausgehen28. Kein Parlament kann das spätere durch parlamentarische Interna binden29. Ferner hat die Diskontinuität zur Folge, dass bei dem erstmaligen Zusammentritt eines neu gewählten Parlaments außer der Verfassung noch keine organisations- und verfahrensrechtlichen Regelungen existieren, die die Grundlage für dessen Konstituierung und auch dessen weitere Arbeit bilden könnten30

Aus diesem Grund ist es beispielsweise bei der jeweiligen Konstituierung des Bundestages üblich, dass diejenige Person, die den Vorsitz in der konstituierenden Sitzung führt, den Anwesenden zu Beginn der Sitzung mitteilt, dass bis zur Beschlussfassung über eine (neue) Geschäftsordnung vorläufig nach der Geschäftsordnung des letzten Bundestages verfahren wird. Das wird regelmäßig ohne Widerspruch hingenommen und damit die Geschäftsordnung stillschweigend gebilligt31

Die konstituierende Sitzung und die Geschäftsordnung

Zu Beginn der konstituierenden Sitzung des 8. Thüringer Landtags galt die Geschäftsordnung des 7. Thüringer Landtags fort. 

Der Alterspräsident war bereits nach Maßgabe dieser fortgeltenden Geschäftsordnung des 7. Thüringer Landtags nicht berechtigt, den beantragten Namensaufruf der Abgeordneten, daran anknüpfend die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Landtags und schließlich die Abstimmung des Plenums über die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 zu verweigern.

Unter Anwendung der fortgeltenden Geschäftsordnung hat der Alterspräsident zu fragen, ob der vorläufigen Tagesordnung – hier die vorläufige Tagesordnung in der Fassung vom 19.09.2024 („Neufassung der Einladung zur 1. Plenarsitzung“) widersprochen wird (§ 21 Abs. 2 Satz 1 ThürGOLT). Erfolgt kein Widerspruch, so gilt die Tagesordnung als festgestellt (§ 21 Abs. 2 Satz 2 ThürGOLT). Wird hingegen der vorläufigen Tagesordnung widersprochen, stellt das Plenum des Landtags die Tagesordnung fest (§ 21 Abs. 3 Satz 1 ThürGOLT). Die Feststellung der Tagesordnung obliegt mithin nicht dem Alterspräsidenten, sondern dem Plenum. Dies entspricht insoweit der Parlaments- und Geschäftsordnungsautonomie des Parlaments. Das Parlament entscheidet im Rahmen seiner autonomen Willensbildung selbst, über welche Gegenstände es berät. Ein Prüfungs- oder gar Absetzungsrecht des Alterspräsidenten ist damit unvereinbar. Der Parlamentsautonomie unterfällt auch die Entscheidung darüber, zu welchem Zeitpunkt sich das Parlament mit Anträgen befasst. Im Hinblick auf diese zeitliche Autonomie ist es vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob der Alterspräsident möglichweise zu einem späteren Zeitpunkt eine Befassung des Plenums mit den gestellten Anträgen beabsichtigt hatte.

Da allein dem Plenum die Feststellung der Tagesordnung obliegt, spielt es – anders als der Alterspräsident meint – vorliegend keine Rolle, dass die vorläufige Tagesordnung vom 19.09.2024 von der Präsidentin des 7. Thüringer Landtags übermittelt worden ist. 

Sofern der Alterspräsident Bedenken gegen Ziffer 4 der vorläufigen Tagesordnung hegt, ist er aufgrund der Parlamentsautonomie verpflichtet, einen Beschluss des Plenums hierüber herbeizuführen.

Etwas anderes würde sich auch nicht aus § 1 Abs. 4 ThürGOLT ergeben. Hiernach wählt der Landtag nach Feststellung seiner Beschlussfähigkeit die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten. Diese Regelung steht einer Beratung und Beschlussfassung über den Antrag der Fraktionen der CDU und des BSW zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags1 vor der Wahl des Präsidenten nicht entgegen. 

Eine Änderung der Geschäftsordnung ist bereits in der Konstituierungsphase des Landtags und noch vor der Wahl des Präsidenten möglich.

Eine Entscheidung des neu gewählten Thüringer Landtags über eine Geschäftsordnung kann bereits in der Konstituierungsphase erfolgen.

Gemäß Art. 50 Abs. 3 Satz 1 ThürVerf endet die (vorangegangene) Wahlperiode mit dem Zusammentritt eines neuen Landtags. Bei diesem erstmaligen Zusammentritt befindet sich der Landtag in seinem „Naturzustand“. Zur Herstellung seiner Arbeitsfähigkeit muss er sich zunächst eine eigene Organisation geben32

Die Konstituierungsphase wird in der Thüringer Verfassung nicht ausdrücklich beschrieben33. Die zwingenden Elemente der Konstituierung ergeben sich aus dem Zweck der Sitzung, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments als Gesamtorgan herzustellen34. Zudem lassen sich ihr Inhalt und ihr Ablauf auch partiell aus dem Zusammenspiel einer Reihe von Bestimmungen der Verfassung des Freistaats Thüringen ableiten: Der Landtag wählt aus seiner Mitte den Präsidenten, die Vizepräsidenten und die Schriftführer (Art. 57 Abs. 1 ThürVerf). Er gibt sich eine Geschäftsordnung (Art. 57 Abs. 5 ThürVerf). Ferner ist der Landtag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 ThürVerf). Zudem bestellt der Landtag in seiner konstituierenden Sitzung einen für die Angelegenheiten der Europäischen Union zuständigen und beschließenden Ausschuss (Art. 62a Satz 1 ThürVerf).

Die aus dem Grundsatz der Diskontinuität resultierenden Verfahrensschritte der (konkludenten) Anwendung der bisherigen Geschäftsordnung sowie der Beschluss einer neuen Geschäftsordnung können im Freistaat Thüringen aufgrund §?1 des Thüringer Geschäftsordnungsgesetzes (ThürGOG) vom 19.07.199435 entfallen. Dieses formelle und damit im Rang unter der Thüringer Verfassung stehende Gesetz ordnet an, dass die Geschäftsordnung des Landtags solange fortgilt, bis der Landtag eine neue Geschäftsordnung beschlossen hat. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, dass ein Überleitungsgesetz sinnvoll sei, weil damit zeitintensive Verhandlungen über die Geschäftsordnung vermieden werden könnten. Einem neuen Landtag stehe hierdurch bereits zu Beginn der Legislaturperiode eine Geschäftsordnung zur Verfügung36.

Das Thüringer Geschäftsordnungsgesetz dient der bloßen Arbeitserleichterung eines neu gewählten Landtags. Es ist weder sein Zweck noch wäre es aufgrund seines Ranges unterhalb der Verfassung in der Lage, die durch die Thüringer Verfassung gewährleistete Parlaments- und Geschäftsordnungsautonomie zu beschränken37. Daraus folgt, dass ein neu gewählter Landtag nach wie vor dieselben Konstituierungshandlungen durchlaufen kann, die er auch ohne das Bestehen des Thüringer Geschäftsordnungsgesetzes zu durchlaufen hätte. Der Beschluss einer neuen Geschäftsordnung ist damit nach wie vor eine Verfahrenshandlung, die ein neu gewählter Thüringer Landtag im Rahmen seiner Konstituierung vornehmen kann. Die sich unmittelbar aus der Verfassung ergebenden Konstituierungsbestandteile – zu denen auch die Entscheidung des Landtags gehört, welche Verfahrensregeln er sich gibt – werden durch das Thüringer Geschäftsordnungsgesetz nicht beschnitten.

Die Thüringer Verfassung trifft keine Regelung zur Reihenfolge der einzelnen Konstituierungshandlungen. Die Verfassung gibt insbesondere nicht vor, dass die Wahl des Landtagspräsidenten noch vor dem Beschluss einer Geschäftsordnung zu erfolgen hat. Die Abgeordneten haben demnach das Recht, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung zu bestimmen und dabei sowohl die Gegenstände als auch die Reihenfolge der Tagesordnung festzulegen. Damit ist eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig.

Aus der Reihenfolge der einzelnen Bestimmungen der Thüringer Verfassung, die einen Bezug zur Konstituierung des Landtags aufweisen, lässt sich nicht ableiten, dass vor der Wahl des Landtagspräsidenten eine Änderung der Geschäftsordnung unzulässig ist.

Die Bestimmung zur Beschlussfähigkeit des Landtags findet sich in Art. 61 Abs. 1 ThürVerf. Hingegen sind die Wahlen des Präsidenten, der Vizepräsidenten, der Schriftführer und die Geschäftsordnung bereits in Art. 57 ThürVerf geregelt. Das Vorliegen der Beschlussfähigkeit ist jedoch denknotwendig eine Voraussetzung, die bereits vor jeglichen Wahlakten und sonstigen Entscheidungen des Landtags gegeben und damit festgestellt sein muss. 

Auch die Binnenstruktur des Art. 57 ThürVerf gebietet nicht, die Wahl eines Präsidenten vor dem Beschluss über eine Geschäftsordnung durchzuführen. Zwar ist die Wahl des Präsidenten in Absatz 1 der Verfassungsbestimmung, die Regelung zur Geschäftsordnung hingegen erst in deren Absatz 5 enthalten. Hieraus lässt sich aber keine zwingende Reihenfolge ableiten. Die Absätze 2 bis 4 des Art. 57 ThürVerf enthalten Regelungen zu den Aufgaben und Befugnissen des Präsidenten, die sich vornehmlich auf die Zeit nach Abschluss der Konstituierung beziehen. Beispielsweise leitet der Präsident die Sitzungen des Landtags nach Maßgabe der Geschäftsordnung (Art. 57 Abs. 2 Satz 3 ThürVerf), obgleich sich die Rechtsgrundlage für den Beschluss einer Geschäftsordnung erst in Art. 57 Abs. 5 ThürVerf findet. 

Unter der Prämisse des Grundsatzes der Diskontinuität, dass ein neu gewählter Landtag zunächst nicht über eine Geschäftsordnung als Arbeitsgrundlage verfügt, wäre es – sofern es das Thüringer Geschäftsordnungsgesetz nicht gäbe – notwendig, sich bereits unmittelbar nach dem namentlichen Aufruf der Mitglieder und der Feststellung der Beschlussfähigkeit des neu gewählten Landtags eine neue Geschäftsordnung als weitere Arbeitsgrundlage zu geben38 oder die bisherige Geschäftsordnung konkludent zu übernehmen. Das bedeutet, dass auch vor der Durchführung der Wahl des Landtagspräsidenten nach Art. 50 Abs. 1 ThürVerf Anträge zur Geschäftsordnung gestellt werden können39

Der beispielsweise im Bundestag beschrittene Weg, dass zu Beginn der Sitzung mit konkludentem Einverständnis des Plenums zunächst die bisher geltende Geschäftsordnung Anwendung findet, ist letztlich nichts anderes als eine konkludente Beschlussfassung über eine temporäre Anwendung des bisherigen Geschäftsordnungsrechts. 

Aus alledem folgt, dass der unter Ziffer 4 der vorläufigen Tagesordnung vorgesehene Antrag der Fraktionen der CDU und des BSW zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags1 hinsichtlich seiner Stellung vor Ziffer 5 der Tagesordnung – der Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten des Landtags – einen in der Reihenfolge zulässigen Tagesordnungspunkt darstellt. Die Geschäftsordnung darf bereits vor der Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten geändert werden. Dies folgt auch aus dem Recht zur Selbstorganisation der Legislative. Der Landtag ist bereits in der Phase der Konstituierung beschlussfähig. 

Im Hinblick darauf kann sich der Alterspräsident nicht erfolgreich darauf berufen, er habe § 1 ThürGOLT ohne „in irgendeiner Weise überschießende Auslegungen etc. angewendet“. 

Kein Anrecht der AfD-Fraktion auf den Landtagspräsidenten

Der Inhalt des Antrags der Fraktionen der CDU und des BSW zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags1 ist mit der Verfassung vereinbar. Eine Nichtbehandlung des Antrags durch den Alterspräsidenten kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

Gegenstand des Antrags ist insbesondere die Änderung von § 2 ThürGOLT. Nach der bisherigen Regelung schlägt die stärkste Fraktion ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Präsidentin beziehungsweise zum Präsidenten vor (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ThürGOLT). Der Änderungsantrag sieht hingegen vor, dass der Landtag die Präsidentin beziehungsweise den Präsidenten aus seiner Mitte für die Dauer der Wahlperiode wählt. 

Diese Änderung verstößt weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht. Ein ausschließlicher Anspruch der stärksten Fraktion im Thüringer Landtag zur Unterbreitung von Vorschlägen (exklusives Vorschlagsrecht) für die Wahl des Landtagspräsidenten oder gar einen Anspruch dieser Fraktion auf die Wahl einer von ihr vorgeschlagenen Person (Benennungsrecht oder Besetzungsrecht) für dieses Amt ergibt sich weder aus geschriebenem noch aus ungeschriebenem Verfassungsrecht.

Gemäß Art. 57 Abs. 1 ThürVerf wählt der Landtag aus seiner Mitte den Präsidenten, die Vizepräsidenten und die Schriftführer. 

Dem Wortlaut („wählt“) ist unmittelbar das zwingende Erfordernis einer Wahl zu entnehmen40. Dies steht einem Anspruch auf „Wahl“ eines bestimmten Kandidaten entgegen. Dem Begriff der Wahl wohnt inne, eine Entscheidung treffen zu dürfen, d. h. sich auch gegen einen Kandidaten entscheiden zu können. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl (vgl. Art. 46 Abs. 1 ThürVerf sowie Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) steht einer Verengung dieser Entschließungsfreiheit entgegen41. Eine echte Wahl liegt nur dann vor, wenn sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht gewährleistet sind und die Wahl frei ist. Die Freiheit der Wahl würde untergraben, wenn keine Auswahlmöglichkeiten und ein faktischer Zwang zur Zustimmung bestünde42. Die Wahl wäre ihres Sinns entleert, wenn eine Fraktion das Recht auf ein bestimmtes Wahlergebnis hätte43.

Darüber hinaus steht die Formulierung „aus seiner Mitte“ ebenfalls einem ausschließlichen Vorschlagsrecht einer bestimmten Fraktion entgegen. Daraus ist gerade nicht zu entnehmen, dass das Vorschlagsrecht Beschränkungen dergestalt unterliegt, dass lediglich eine bestimmte, namentlich die stärkste Fraktion Wahlvorschläge unterbreiten dürfte. Zwar dürfte die Formulierung „aus seiner Mitte“ vornehmlich darauf abzielen, dass allein Mitglieder des Landtags (und nicht Außenstehende) in das Präsidentenamt gewählt werden können44. Gleichwohl läge keine Wahl mehr „aus seiner Mitte“ vor, wenn der Kreis derjenigen, die Vorschläge für mögliche Kandidaten unterbreiten dürfen, von vornherein begrenzt wäre. Für eine derartige Begrenzung bietet der Wortlaut des Art. 57 Abs. 1 ThürVerf keine Anknüpfungspunkte.

Die Entstehungsgeschichte der Thüringer Verfassung spricht ebenfalls gegen ein ausschließliches Vorschlags- bzw. Besetzungsrecht. Aus der Verfassungsgenese ergibt sich, dass der Verfassungsgeber keiner bestimmten Fraktion einen Anspruch oder ein ausschließliches Vorschlagsrecht bezüglich des Amtes des Parlamentspräsidenten einräumen wollte. Die Besetzung dieses Amtes sollte vielmehr einem demokratischen Entscheidungsprozess überlassen werden.

Die jeweiligen Vorentwürfe der Fraktionen zur Thüringer Verfassung sahen übereinstimmend vor, dass der Landtagspräsident vom Landtag gewählt wird45. Sie gingen damit übereinstimmend ebenso von dem Erfordernis eines Wahlakts aus.

Der Vorentwurf der CDU-Fraktion sah zusätzlich noch vor, dass das Präsidium des Landtags aus dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und drei weiteren vom Landtag zu wählenden Mitgliedern zu bestehen habe, sodass sich die Sitzverhältnisse im Landtag wie bei der Bildung von Ausschüssen widerspiegeln46. Der Vorentwurf der Fraktion der LL/PDS sah ferner vor, dass jede Fraktion oder Parlamentariergruppe, der der Präsident nicht angehört, einen Vizepräsidenten stellt47. Die Vorentwürfe der übrigen Fraktionen enthielten keine derartigen Bestimmungen.

Der Wahlmodus des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der Schriftführer wurde am 10.04.1992 in der 12. Sitzung des Unterausschusses des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses (VerfUA) ausführlich erörtert. Der Abgeordnete Geißler (Bündnis 90/Grüne) schlug vor, dass jede Fraktion einen Anspruch auf einen Präsidiumssitz haben solle48. Er vertrat die Auffassung, dass jede Fraktion das Recht haben müsse, im Präsidium präsent zu sein. Dies wurde insbesondere vom Abgeordneten Enkelmann (SPD) kritisch gesehen: Er führte aus, es sei „jedesmal neu und aufgrund des Wahlergebnisses möglich, hier interparlamentarisch zu einer Lösung zu kommen“. Ein Präsidium, das zwingend aus Vertretern sämtlicher parlamentarischen Gruppen bestehe, unterscheide sich kaum noch vom Ältestenrat49. Der Abgeordnete Dr. Pietzsch (CDU) wandte noch ein, dass es sich bei der Wahl des Präsidiums um eine reine Personenwahl handele: „Sollte von einer kleinen Fraktion jemand im Landtag so viel Reputation haben, dass die anderen Fraktionen der Meinung sind, der sollte Vizepräsident werden oder gar Präsident, dann [sei das] (…) möglich“. Es sei gerade nicht Inhalt des Verfassungsentwurfs, „dass nur aus der stärksten Fraktion oder aus der Koalition oder von der stärksten Fraktion und der Opposition (…) gewählt werden muss“50. Schließlich empfahl der Unterausschuss, die Problematik nochmals im Verfassungsschuss zu erörtern51

Der Verfassungsausschuss lehnte in seiner 9. Sitzung vom 27.06.1992 schließlich einen derartigen Anspruch ab52. Es verblieb bei dem Vorschlag des Unterausschusses des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses: „Der Landtag wählt aus seiner Mitte den Präsidenten, die Vizepräsidenten und die Schriftführer. Der Präsident und die Vizepräsidenten bilden das Präsidium.“, wobei der zweite Satz schließlich auf Anregung der Landtagsverwaltung53 gestrichen wurde54.

Die systematische sowie verfassungsvergleichende Interpretation der Norm stützt, so der Thüringer Verfassungsgerichtshof, dieses Ergebnis:

Die in Art. 57 Abs. 1 ThürVerf verwendete Formulierung „aus seiner Mitte“ findet sich ebenfalls im fünften Abschnitt („Die Gesetzgebung“) des Zweiten Teils der Thüringer Verfassung. In Art. 81 Abs. 1 ThürVerf ist bestimmt, dass Gesetzesvorlagen „aus der Mitte des Landtags“ eingebracht werden können. Inhaltsgleiche Bestimmungen finden sich außerdem im Grundgesetz (Art. 76 Abs. 1 GG) und in nahezu sämtlichen Landesverfassungen (vgl. Art. 71 BayVerf; Art. 59 Abs. 2 VvB; Art. 75 Verf Bbg; Art. 123 Abs. 1 BremVerf; Art. 48 Abs. 1 HambVerf; Art. 117 HessVerf; Art. 55 Abs. 1 Satz 1 Verf M-V; Art. 42 Abs. 3 NdsVerf; Art. 65 Verf NRW; Art. 108 Verf RP; Art. 70 Abs. 1 SächsVerf; Art. 77 Abs. 2 Verf LSA). Die Formulierung „aus der Mitte“ wird bei sämtlichen dieser Bestimmungen jeweils dahingehend verstanden, dass jedenfalls eine Fraktion entsprechende Gesetzesvorlagen einreichen kann55. Daher spricht die in Art. 57 Abs. 1 ThürVerf verwendete Formulierung „aus seiner Mitte“ ebenfalls dafür, dass jede Fraktion des Thüringer Landtags Vorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten kann.

Zwar hat die Formulierung „aus der Mitte“ in Art. 81 Abs. 1 ThürVerf eine andere Funktion als in Art. 57 Abs. 1 ThürVerf. Art. 81 Abs. 1 ThürVerf beschreibt den Kreis derjenigen, die Gesetzesvorlagen einreichen dürfen. Art. 57 Abs. 1 ThürVerf zielt hingegen auf eine zu wählende Person ab. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den in Art. 57 Abs. 1 und Art. 81 Abs. 1 ThürVerf verwendeten Formulierungen ein verschiedener Bedeutungsgehalt zukommen soll.

Das Grundgesetz enthält mit Art. 40 Abs. 1 Satz 1 eine zu Art. 57 Abs. 1 ThürVerf gleichartige Norm. Gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG wählt der Bundestag seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die Schriftführer. 

Bei der Auslegung dieser bundesrechtlichen Verfassungsbestimmung geht eine weit überwiegende herrschende Meinung davon aus, dass eine – namentlich die stärkste – Fraktion im Bundestag keinen Rechtsanspruch auf Stellung des Parlamentspräsidenten hat56. Als zentrales Argument für diese Auffassung wird vor allem das ausdrückliche Erfordernis einer Wahl angeführt; es steht dem Rechtsanspruch einer einzelnen Fraktion entgegen57.

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht zur Frage des Vorschlagsrechts und der Wahl im Rahmen des Art. 40 GG ausgeführt, dass das Recht zur gleichberechtigten Berücksichtigung einer Fraktion bei der Besetzung des Präsidiums insoweit unter dem Vorbehalt der Wahl durch die Abgeordneten steht und daher nur verwirklicht werden kann, wenn die von dieser Fraktion vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten die erforderliche Mehrheit erreichen. Das Grundgesetz sieht ausdrücklich eine Wahl vor und gerade kein von einer Wahl losgelöstes Besetzungsrecht der Fraktionen. Weitere ausdrückliche verfassungsrechtliche Vorgaben für diese Wahl bestehen nicht. Die Ausgestaltung des Wahlverfahrens stellt sich daher als eine innere Angelegenheit des Parlaments dar, die dieses im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung autonom regeln kann58.

Dabei ist die Wahl nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 GG frei. Wahlen zeichnen sich gerade durch die Wahlfreiheit aus, wenngleich die Wählbarkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängen kann59. Der mit einer Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl eines bestimmten Kandidaten oder einer bestimmten Kandidatin gäbe. Die freie Wahl entspricht dem freien Mandat der Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und dem Demokratieprinzip nach Art.20 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG üben die Abgeordneten des Bundestages ihr Mandat in Unabhängigkeit aus, sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen60

Zu den Statusrechten des Abgeordneten gehört auch das Stimmrecht und insbesondere das Recht, sich an Wahlen zu beteiligen61. Hierzu gehört auch das Recht, Personalvorschläge im Rahmen von Wahlen zu unterbreiten62. Bestandteil dieser Wahlfreiheit ist auch, an Organisationsentscheidungen des Parlaments mitzuwirken, insbesondere durch Beteiligung an Wahlakten innerhalb des Parlaments63. Daher kommen keine Maßnahmen in Betracht, die dazu führen würden, dass einzelne Abgeordnete unmittelbar oder mittelbar verpflichtet wären, ihre Wahlabsicht oder ihre Stimmabgabe offenzulegen oder zu begründen64

Insbesondere gilt der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit – wonach grundsätzlich jeder Ausschuss des Parlaments ein verkleinertes Abbild des Plenums sein muss65 – nicht für Gremien und Funktionen, die lediglich organisatorischer Art sind und daher nicht dem Einfluss des Prinzips gleichberechtigter Teilnahme an den dem Parlament und der Verfassung übertragenen Aufgaben unterliegen66. Das freie Mandat (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. Art. 53 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf) begründet folglich für sich genommen keinen Anspruch auf Zugang zu Leitungsämtern, bei denen es nicht zur inhaltlichen Vorformung der parlamentarischen politischen Willensbildung kommt. Die Wahl von Präsident und Stellvertretern kann nicht im Sinne des Benennungsrechts, sondern als Recht jeder Fraktion, einen Abgeordneten zur Wahl zu stellen, verstanden werden67.

Auch hinsichtlich inhaltsgleicher Bestimmungen zur Wahl des Parlamentspräsidenten in den Verfassungen anderer Länder wird weit überwiegend davon ausgegangen, dass ein Anspruch einer Fraktion auf ausschließliche Benennung oder gar auf Wahl eines bestimmten Kandidaten nicht besteht68.

Schließlich stehen auch Funktion und Aufgaben des Landtagspräsidenten sowie die Bedeutung seines Amts einem solchen Anspruch entgegen.

Die zentrale Aufgabe des Landtagspräsidenten besteht darin, durch die operative Handhabung der Geschäftsordnung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags und damit die effektive Wahrnehmung des individuellen Mandats seiner Mitglieder zu sichern69. Er führt unter anderem die Geschäfte des Landtags (Art. 57 Abs. 3 Satz 1 ThürVerf) und leitet dessen Sitzungen (Art. 57 Abs. 2 Satz 3 ThürVerf). Ferner fungiert er als Schnittstelle zur Landesregierung. Darüber hinaus weist ihm die Verfassung des Freistaats Thüringen die Aufgabe zu, die vom Landtag beschlossenen Gesetze auszufertigen (Art. 85 Abs. 1 ThürVerf; ausführlich zu den Aufgaben des Landtagspräsidenten: Linck, in: Linck/Jutzi/Hopfe, Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 8 ff.). Er trägt damit die vorrangige Verantwortung für den störungsfreien Ablauf der Arbeit des Parlaments70.

Damit können ohne die Besetzung des Präsidentenamtes weder Gesetze verkündet noch die Kontrollfunktion des Landtags gegenüber der Landesregierung effektiv wahrgenommen werden. Der Landtag als Organ ist erst dann voll handlungsfähig, wenn der Landtagspräsident gewählt ist71

Die Funktionsfähigkeit des Landtags kann im Übrigen auch für die Funktionsfähigkeit der weiteren Verfassungsorgane bedeutsam sein: Ohne einen funktionsfähigen Landtag können beispielsweise keine Wahl des Ministerpräsidenten nach Art. 70 Abs. 3 ThürVerf und damit keine Bildung einer neuen Landesregierung erfolgen. Zudem kommt ohne einen funktionsfähigen Landtag auch keine (Nach-)Wahl von Mitgliedern und Stellvertretern des Verfassungsgerichtshofs zustande (§ 3 ThürVerfGHG). 

Schließlich hat der Landtagspräsident das Parlament in seiner Gesamtheit – und nicht etwa nur die Anliegen einer parlamentarischen Minderheit72 – zu vertreten und ist zu einer unparteiischen Amtsführung verpflichtet73.

Die Wahl des Präsidenten ist ein zwingendes Element der Konstituierung des Parlaments74.

Aus dieser besonderen Bedeutung des Landtagspräsidenten folgt, dass er einer entsprechenden Legitimation bedarf, die durch Wahlvorschläge „aus der Mitte“ des Landtags und den erforderlichen Wahlakt hergestellt wird. Der Präsident benötigt das Vertrauen des Parlaments, um das Organ nach außen zu vertreten, seine Würde und seine Rechte zu wahren, seine Verhandlungen „gerecht und unparteiisch“ zu leiten und die Ordnung im Hause zu wahren75. Er muss über eine breite Vertrauensgrundlage im Parlament verfügen76.

Dieses Maß an Legitimation würde durch ein auf eine einzelne Fraktion beschränktes Vorschlagsrecht oder gar einen Anspruch dieser Fraktion auf „Wahl“ einer bestimmten Person nicht gewährleistet. Der mit einer Wahl einhergehende legitimatorische Mehrwert könnte nicht erreicht werden, wenn es eine Pflicht zur Wahl einer bestimmten Kandidatin oder eines bestimmten Kandidaten gäbe77

Nach alledem ergibt sich aus Art. 57 Abs. 1 ThürVerf weder ein ausschließliches Vorschlagsrecht einer einzelnen Fraktion noch ein Recht auf Wahl einer bestimmten Kandidatin oder eines Kandidaten.

Ein Anspruch auf ein ausschließliches Vorschlagsrecht für das Amt des Landtagspräsidenten oder ein Anspruch dieser Fraktion auf die Wahl einer von ihr vorgeschlagenen Person für dieses Amt ergibt sich schließlich nicht aus Verfassungsgewohnheitsrecht. 

Die Bildung von Gewohnheitsrecht erfordert, dass eine über längere Zeit „geübte Staatspraxis“ vorliegt, die zur Überzeugung der Beteiligten als rechtlich verbindlich angesehen wird78.

Im Falle der Wahl des Präsidenten des Thüringer Landtags kann offen bleiben, ob sich überhaupt eine solche „geübte Staatspraxis“ etabliert hat. 

Bezüglich der Wahl des Bundestagspräsidenten wird dies teilweise unter Verweis auf die seit 1920 praktizierte Verfahrensweise angenommen79.

Für die Herausbildung von Gewohnheitsrecht wird hierzu auch auf die Regelung des § 7 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT) verwiesen, wonach der Stellvertreter der zweitstärksten Fraktion den Präsidenten im Verhinderungsfall vertritt80. Mit der Anfügung des Absatz 6 an § 7 GOBT habe der Bundestag diese parlamentarische Übung auch satzungsmäßig verankern wollen81.

Anders als im Fall der Wahl des Bundestagspräsidenten fehlt bei der Thüringer Verfassung jedoch bereits ein derart weit zurückliegender zeitlicher Anknüpfungspunkt. Die Thüringer Verfassung ist am 30.10.1993 in Kraft getreten. Nach ihrem Inkrafttreten wurde dann insgesamt sieben Mal eine Präsidentin bzw. ein Präsident des Thüringer Landtags gewählt.

Darüber hinaus fehlt es an den erforderlichen Anhaltspunkten für die notwendige Rechtsüberzeugung einer solchen (verfassungs-)rechtlichen Verpflichtung („opinio iuris sive necessitatis„). Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Wahlen der jeweiligen Landtagspräsidentin bzw. des jeweiligen Landtagspräsidenten mit dem Willen einer Bindung auf verfassungsrechtlicher Ebene erfolgt sind82

Zum einen handelt es sich bei der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags um Recht unterhalb der Thüringer Verfassung. Zum anderen ist den Protokollen des Verfassungsausschusses und des Unterausschusses des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses zu den Beratungen über die Verfassung des Freistaats Thüringen zu entnehmen, dass an eine solche gegebenenfalls im Bund oder anderen Ländern „geübte Staatspraxis“ gerade nicht angeknüpft werden sollte. Unter dem Eindruck der Beratungen im Verfassungsausschuss bzw. dem Unterausschuss des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses und deren Ergebnis kann gerade nicht angenommen werden, dass die Wahl der nachfolgenden Landtagspräsidenten in der Rechtsüberzeugung erfolgt ist, dass ein rechtliches Gebot zur Wahl des Kandidaten der stärksten Fraktion besteht, da der Verfassungsgeber eine solche Verfahrensweise gerade nicht etablieren wollte.

Schließlich könnte sich eine entsprechende „geübte Staatspraxis“ auch nicht über geschriebenes Verfassungsrecht hinwegsetzen. Gemäß Art. 83 Abs. 1 ThürVerf kann die Verfassung nur durch ausdrückliche Änderung ihres Wortlauts geändert werden. Das Gebot der Textänderung hindert die Bildung von Gewohnheitsrecht, das in Widerspruch zu den geschriebenen Regeln der Verfassung stünde83. Die Bildung von Gewohnheitsrecht darf sich, sofern es überhaupt für zulässig gehalten wird, nur unter Wahrung der Bindung an die Verfassung vollziehen84

Es handelt sich bei der parlamentarischen Praxis, wonach die stärkste Fraktion des Thüringer Landtags den Präsidenten vorschlägt, lediglich um einen allgemeinen parlamentarischen Brauch, aus dem sich keine rechtlichen Bindungen ableiten85.

Der Fahrplan für die Fortführung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags

Aus alldem folgt für den Thüringer Verfassungsgerichtshof, dass bei Fortsetzung der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags wie folgt zu verfahren ist:

  1. Ernennung von vorläufigen Schriftführern.
  2. Aufruf der Namen der Abgeordneten und Feststellung der Beschlussfähigkeit.
  3. Abstimmung des Plenums über die vorläufige Tagesordnung in der Neufassung der Einladung vom 19.09.2024.
  4. Fortsetzung der Sitzung in der Reihenfolge der beschlossenen Tagesordnung.

Thüringer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 27. September 2024 – VerfGH 36/24

  1. LTDrucks 8/7[][][][][]
  2. vergleiche Drucksache 8/10000 – korrigierte Fassung[]
  3. ThürVerfGH, Beschluss vom 06.03.2013 – VerfGH 25/12 14 m. w. N.[]
  4. vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.06.2005 – 2 BvQ 18/05,BVerfGE 113, 113 [120] =24[]
  5. ThürVerfGH, Urteil vom 02.02.2011 – VerfGH 20/09,LVerfGE 22, 537 [542] =28[]
  6. vgl. BVerfG, Urteil vom 21.07.2000 – 2 BvH 3/91,BVerfGE 102, 224 [234 ff.] =45 ff.[]
  7. vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 29.05.2006 – VerfGH 20/06 31[]
  8. vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 21.12.2018 – VerfGH 32/18 22; Beschluss vom 14.10.2020 VerGH 106/20,ThürVBl 2021, 121 [123] =30[]
  9. ThürVerfGH, Beschluss vom 29.05.2006 – VerfGH 20/06 39; Urteil vom 25.05.2000 – 6/00 EA,LKV 2000, 450 [451] =35; ständige Rechtsprechung des ThürVerfGH; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25.03.2003 – 2 BvQ 18/03,BVerfGE 108, 34 [41] =26 m. w. N.[]
  10. ThürVerfGH, Beschluss vom 21.06.2016 – VerfGH 31/16,ThürVBl 2016, 289 [290] =21; BayVerfGH, Entscheidung vom 11.07.1996 – Vf. 81-IVa-96,NVwZ-RR 1997, 203 [203] =35[]
  11. st. Rspr. des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 24.06.2020 – VerfGH 17/20 70 f.; Beschluss vom 14.10.2020 – VerfGH 106/20,ThürVBl 2021, 121 [123] =33[]
  12. vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 14.10.2020 – VerfGH 106/20,ThürVBl 2021, 121 [123] =34 f.; Beschluss vom 13.05.2021 – VerfGH 18/21 eAO 47[]
  13. bei „überschlägiger Prüfung“: BayVerfGH, Entscheidung vom 08.05.2020 – Vf. 34-VII-20 15; grundsätzlich für Organstreitverfahren: LVerfG M-V, Beschluss vom 24.09.2015 – 5/15,LVerfGE 26, 240 [246] =25; für Organstreitverfahren: SächsVerfGH, Beschluss vom 13.12.2007 – Vf. 149-I-07 (eA) 9[]
  14. für Verfassungsbeschwerden: BVerfG, Beschluss vom 23.06.2004 – 1 BvQ 19/04,BVerfGE 111, 147 [153] =14; vgl. auch für summarische Prüfung bei einem völkerrechtlichen Vertrag: BVerfG, Beschluss vom 12.09.2012 – 2 BvE 6/12,BVerfGE 132, 195 [233] =88[]
  15. Köhler, ZParl 1991, 177 [177][]
  16. Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 39 Rn. 48; Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 138 m. w. N.; Limanowski, VBlBW 2023, 56 [56]; zur rechtlichen Einordnung dieser Tradition: Payandeh, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 7 Rn. 9[]
  17. zum historischen Hintergrund siehe Köhler, ZParl 1991, 177 [177 f.] m. w. N. einschließlich der Kritik an diesem Merkmal[]
  18. zum Beispiel: Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt; vgl. Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 138 m. w. N.[]
  19. vgl. Haberland, in: Fischer-Lescano, Verfassung Bremen, Art. 81 BremVerf, Rn. 9[]
  20. vgl. auch Brocker, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 39 Rn. 15; Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 140[]
  21. vgl. StGH BW, Urteil vom 19.03.2021 – 1 GR 93/19,LVerfGE 32, 3 [16 f.] =85[]
  22. vgl. Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 135; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 39 Rn. 22; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 39 Rn. 51; a. A. Brocker, in: BeckOK GG, Art. 39 Rn. 11, wonach die Konstituierung bereits mit dem Abschluss des Namensaufrufs der Abgeordneten abgeschlossen sei[]
  23. BVerfG, Urteil vom 06.03.1952 – 2 BvE 1/51,BVerfGE 1, 144 [148] =21[]
  24. BVerfG, Urteil vom 06.03.1952 – 2 BvE 1/51,BVerfGE 1, 144 [148] =20[]
  25. BVerfG, Beschluss vom 10.05.1977 – 2 BvR 705/75,BVerfGE 44, 308 [314 f.] =23 ff.; Urteil vom 16.07.1991 – 2 BvE 1/91,BVerfGE 84, 304 [321 f.] =94 ff.; BVerfG, Urteil vom 28.02.2012 – 2 BvE 8/11,BVerfGE 130, 318 [348] =115[]
  26. Brocker, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 84 m. w. N.[]
  27. BVerfG, Urteil vom 06.03.1952 – 2 BvE 1/51,BVerfGE 1, 144 [148] =20; VerfGH RP, Urteil vom 23.01.2018 – VGH O 17/17,NVwZ-RR 2018, 546 [553] =104; Schliesky, in: Huber/Voßkuhle, GG Art. 40 Rn. 17; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 40 Rn. 22; Austermann, JuS 2018, 760 [761] m. w. N.[]
  28. vgl. Limanowski, VBlBW 2023, 56 [59] m. w. N.[]
  29. Dette, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 50 Rn. 10[]
  30. vgl. BVerfG, Urteil vom 06.03.1952 – 2 BvE 1/51,BVerfGE 1, 144 [148] =20 ff.; ganz h. M. vgl. Köhler, ZParl 1991, 177 [180] m. w. N. sowie Limanowski, VBlBW 2023, 56 [59][]
  31. vgl. Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 142; vgl. auch Köhler, BayVBl.1993, 680 [681] zum Bayerischen Landtag[]
  32. Köhler, ZParl 1991, 177 [177] m. w. N.[]
  33. vgl. Dette, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 50 Rn. 15[]
  34. vgl. Haug, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 30 BWVerf, Rn. 26[]
  35. ThürGVBl. S. 911[]
  36. LTDrucks 1/3456, S. 2[]
  37. vgl. auch Linck/Hopfe, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 50 Rn. 40[]
  38. in diesem Sinne wohl ebenso: Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 137 ff.; ferner: Haug, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 30 BWVerf, Rn. 26[]
  39. vgl. auch Leunig, ZParl 2023, 554 [556]; beispielsweise wurden in den konstituierenden Sitzungen des 10. und 11. Bundestages noch vor der Wahl des Bundestagspräsidenten Geschäftsordnungsdebatten geführt, vgl. die Plenarprotokolle 10/1 [S. 3 ff.] und 11/1 [S. 1 f.] des Deutschen Bundestages[]
  40. zur Wahl als rechtliche Verpflichtung vgl. Bieler/Poschmann/Schulte, in: Dressel/Poschmann [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 11 m. w. N.[]
  41. vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 15.02.1978 – 2 BvR 134/76,BVerfGE 47, 253 [282] =62[]
  42. Hemmer, Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen, S. 56 f. m. w. N.[]
  43. BVerfG, Urteil vom 18.09.2024 – 2 BvE 1/20, 2 BvE 10/21, Rn. 118[]
  44. zum Bundestagspräsident vgl. Brocker in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 141 m. w. N.[]
  45. vgl. Thüringer Landtag [Hrsg.], Die Entstehung der Verfassung des Freistaats Thüringen 1991 1993, Dokumentation, S. 149[]
  46. vgl. Thüringer Landtag [Hrsg.], Die Entstehung der Verfassung des Freistaats Thüringen 1991 – 1993, Dokumentation, S. 149 [Art. 53 Abs. 7 des Vorentwurfs][]
  47. vgl. LTDrucks 1/678, S. 27 [Art. 60 Abs. 1 Satz 2 des Vorentwurfs][]
  48. vgl. Protokoll des VerfUA, S. 11 f.[]
  49. vgl. Protokoll des VerfUA, S. 13 f.[]
  50. vgl. Protokoll des VerfUA, S. 15[]
  51. Thüringer Landtag [Hrsg.], Die Entstehung der Verfassung des Freistaats Thüringen 1991 – 1993, Dokumentation, S. 151[]
  52. vgl. Protokoll des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses, S. 111 bis 113[]
  53. vgl. das Protokoll der 19. Sitzung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses vom 16.03.1993, S. 85[]
  54. vgl. auch Bieler/Poschmann/Schulte, in: Dressel/Poschmann [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 4[]
  55. vgl. Fibich, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 81 Rn. 14 f.; Poschmann/Hyckel, in: Dressel/Poschmann [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 81 Rn. 8; jeweils m. w. N.; ferner: Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 76 Rn. 46; Mann, in: Sachs, GG, Art. 76 Rn. 9; BrosiusGersdorf, in: Dreier, GG, Art. 76 Rn. 54[]
  56. Brocker, in: Epping/Hillgruber, GG, Art. 40 Rn. 9 sowie in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 142; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 40 Rn. 93; Schliesky, in: Huber/Voßkuhle, GG, Art. 40 Rn. 7; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 40 Rn. 1; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 40 Rn. 5; Lang, in: Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 40 Rn. 12; Gröpl, in: Gröpl/Windthorst/v. Coelln, Studienkommentar GG, Art. 40 Rn. 2; Kluth, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 40 Rn. 55; Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, Art. 40 Rn. 81; jeweils m. w. N.[]
  57. a. A. Achterberg, Parlamentsrecht, S. 67; Austermann JuS 2018, 760 [761]; Austermann/Waldhoff, Parlamentsrecht, S. 50 Rn. 119; Blum, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 21 Rn. 2; Bollmann, Verfassungsrechtliche Grundlagen und allgemeine verfassungsrechtliche Grenzen des Selbstorganisationsrechts des Bundestages, S. 138 f.; Schulze-Fielitz, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, § 11 Rn. 10; im Wesentlichen jeweils unter Verweis auf Gewohnheitsrecht[]
  58. vgl. BVerfG, Urteil vom 13.06.1989 – 2 BvE 1/88,BVerfGE 80, 188 [219] =104; Urteil vom 21.07.2000 – 2 BvH 3/91,BVerfGE 102, 224 [235 f.] =42 ff.; Urteil vom 28.02.2012 – 2 BvE 8/11,BVerfGE 130, 318 [348] =115; Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [396] =80[]
  59. vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2016 2 BvR 2453/15,BVerfGE 143, 22 [33] =28[]
  60. vgl. BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 – 2 BvE 1/06,BVerfGE 118, 277 [324] =206; Beschluss vom 17.09.2013 – 2 BvE 6/08,BVerfGE 134, 141 [172[]
  61. vgl. BVerfG, Urteil vom 13.06.1989 2 BvE 1/88,BVerfGE 80, 188 [218] =102; Urteil vom 28.02.2012 – 2 BvE 8/11,BVerfGE 130, 318 [342] =104; Urteil vom 22.09.2015 2 BvE 1/11,BVerfGE 140, 115 [150 f.] =92[]
  62. BVerfG, Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [391 ff.] =66 ff.[]
  63. BVerfG, Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [384] =50; Urteil vom 18.09.2024 – 2 BvE 1/20, 2 BvE 10/21,Rn. 92, abrufbar unter www.bverfg.de[]
  64. vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2016 – 2 BvR 2453/15,BVerfGE 143, 22 [35]; Beschluss vom 22.03.2022 – 2 BvE 9/20,BVerfGE 160, 411 [420 f.][]
  65. vgl. BVerfG, Urteil vom 13.06.1989 – 2 BvE 1/88,BVerfGE 80, 188 [222] =114; Urteil vom 16.07.1991 – 2 BvE 1/91,BVerfGE 84, 304 [323 f.] =100[]
  66. vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.09.1997 – 2 BvE 4/95,BVerfGE 96, 264 [280] =69; Urteil vom 22.09.2015 – 2 BvE 1/11,BVerfGE 140, 115 [151 f.] =94; Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvE 1/20,BVerfGE 154, 1 [12] =29[]
  67. BVerfG, Beschluss vom 22.03.2022 – 2 BvE 9/20,BVerfGE 160, 411 [423 f.] =39 f.; Urteil vom 18.09.2024 – 2 BvE 1/20, 2 BvE 10/21,Rn. 96 f.[]
  68. vgl. Möstl, in: Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, Art.20 BayVerf, Rn. 5; Lieber, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes Brandenburg, Art. 69 Verf Bbg, Ziff. 2.1; Brocker, in: Knops/Jänicke, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Art. 18 HambVerf, Rn. 12; Hollo, in: Butzer et al., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, Art. 18 NdsVerf, Rn. 15; Langner, in: Ogorek/Poseck, BeckOK Verfassung Hessen, Art. 84 HessVerf, Rn. 67, 70; Kober, in: Ogorek/Dauner-Lieb, BeckOK Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, Art. 38 Verf NRW, Rn. 4; Thesling, in: Heusch/Schönenbroicher, Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, Art. 38 Verf NRW, Rn. 11; Tebben, in: Classen/Sauthoff, Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Art. 29 Verf M-V, Rn. 2; Perne, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 85 Verf RP, Rn.20; Schulte/Kloos, in: Baumann-Hasske, Die Verfassung des Freistaats Sachsen, Art. 47 SächsVerf, Rn. 1; Waak, in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art.20 SchlHVerf, Rn. 13[]
  69. VerfGH RP, Urteil vom 19.08.2002 – VGH O 3/02,NVwZ 2003, 75 [76] =26; LVerfG M-V, Urteil vom 23.01.2014 – 3/13,LVerfGE 25, 367 [373] =30[]
  70. BVerfG, Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [402] =98[]
  71. vgl. Langner, in: Ogorek/Poseck, BeckOK Verfassung Hessen, Art. 84 HessVerf, Rn. 51, 65[]
  72. vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.02.1952 – 2 BvE 1/51,BVerfGE 1, 115 [116] =4[]
  73. vgl. BVerfG, Urteil vom 13.06.1989 – 2 BvE 1/88,BVerfGE 80, 188 [227] =125; Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [402] =98; vgl. auch Brocker, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 40 Rn. 5[]
  74. h. M. vgl. Linck/Hopfe, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 15a m. w. N.; Hölscheidt, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 39 Rn. 135, 148; Magiera, in: Sachs, GG, Art.?39 Rn.?22; weitere Nachweise bei: Bieler/Poschmann/Schulte, in: Dressel/Poschmann [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 12[]
  75. vgl. Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 40 Rn. 98[]
  76. vgl. BVerfG, Urteil vom 22.03.2022 – 2 BvE 2/20,BVerfGE 160, 368 [402] =98; Wilrich, DÖV 2002, 152 [158][]
  77. vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.09.2016 – 2 BvR 2453/15,BVerfGE 143, 22 [33] =28; Beschluss vom 22.03.2022 – 2 BvE 9/20,BVerfGE 160, 411 [420 f.] =29 ff.[]
  78. vgl. Bollmann, Verfassungsrechtliche Grundlagen und allgemeine verfassungsrechtliche Grenzen des Selbstorganisationsrechts des Bundestages, S. 138; Lohse, in: Stern/Sodan/Möstl, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Staatenverbund, § 38 Rn. 34 m. w. N.; Schulze-Fielitz, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, § 11 Rn. 8 m. w. N.; Wolff, Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz, S. 438?ff., der jedenfalls einen Zeitraum von 50 Jahren als ausreichend erachtet; siehe im Übrigen v. Arnauld in v. Münch/Kunig, GG, Art. 54 Rn. 4 zu den ungeschriebenen Verfassungskompetenzen des Bundespräsidenten im Hinblick auf einen Zeitraum von 70 Jahren; zum Gewohnheitsrecht im Allgemeinen: BVerfG, Beschluss vom 08.01.1959 – 1 BvR 296/57,BVerfGE 9, 109 [117] =21; Beschluss vom 28.06.1967 – 2 BvR 143/61,BVerfGE 22, 114 [121] =25; Beschluss vom 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07,BVerfGE 122, 248 [269] =62[]
  79. vgl. Achterberg, Parlamentsrecht, S. 67; Austermann, JuS 2018, 760 [761]; Austermann/Waldhoff, Parlamentsrecht, S. 50 Rn. 119; Blum, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, § 21 Rn. 2; Bollmann, Verfassungsrechtliche Grundlagen und allgemeine verfassungsrechtliche Grenzen des Selbstorganisationsrechts des Bundestages, S. 138 f.; Schulze-Fielitz, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, § 11 Rn. 10; weitere Nachweise bei: Hemmer, Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen, S. 57[]
  80. Austermann, JuS 2018, 760 [761]; Austermann/Waldhoff, Parlamentsrecht, S. 50 Rn. 119; weitere Nachweise bei Hemmer, Der Präsident des Landtags NordrheinWestfalen, S. 56[]
  81. vgl. Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, § 2 Ziff. 1 c; letztlich einen Rechtsanspruch jedoch ablehnend[]
  82. vgl. zur Problematik auch StGH BW, Urteil vom 19.03.2021 – 1 GR 93/19,LVerfGE 32, 3 [20] =101[]
  83. vgl. Herdegen, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 79 Rn. 30 m. w. N.[]
  84. Hain, in: Huber/Voßkuhle, GG, Art. 79 Rn. 14[]
  85. vgl. auch Linck/Hopfe, in: Brenner/Hinkel/Hopfe/Poppenhäger/von der Weiden, Verfassung des Freistaats Thüringen, Art. 57 Rn. 14 m. w. N.[]

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