Hat ein anderer als der Grundstückseigentümer einen abgelehnten Bauantrag gestellt, ist der Eigentümer geschützter „Dritter“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch aufgrund seiner rechtlichen Stellung eigentlicher Träger des Interesses an der Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens ist. Ob er den Bauantrag selbst hätte stellen können, ist in diesem Fall bedeutungslos1.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall verlangte die klagende Grundstückseigentümerin von der beklagten Stadt unter dem Vorwurf der amtspflichtwidrigen Ablehnung eines Bauantrags Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen. Sie ist Eigentümerin eines auf dem Gebiet der beklagten Stadt gelegenen Grundstücks, das mit einer Villa bebaut ist. Im August 2016 beauftragte sie die A. AG, eine Projektentwicklerin, mit der Erarbeitung eines Konzepts „zur maximalen Renditeerwirtschaftung in der künftigen Vermietung“ und der dazu erforderlichen Genehmigungsplanung sowie der Einreichung von Bauanträgen und der Verfolgung von Rechtsmitteln im Baugenehmigungs- und in eventuellen weiteren Gerichtsverfahren. Am 26.09.2017 beantragte die A. AG – die dabei angab, nicht Grundstückseigentümerin zu sein – die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Umbau und eine Nutzungsänderung der Villa dahingehend, dass aus vorhandenen Büroräumen im Obergeschoss zwei Wohnungen werden sollten. Mit Bescheid vom 14.03.2018 lehnte die Stadt den Antrag mit der Begründung ab, dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans, der als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet ausweise, nicht erteilt werden könne. Zwar seien in einem Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO Wohngebäude allgemein zulässig. Jedoch sei die geplante Wohnnutzung im vorliegenden Einzelfall nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig. Denn es sei zu befürchten, dass durch ihre Zulassung die gewerbliche als eigenständige (Haupt-)Nutzung verdrängt werde und sich somit der festgesetzte Gebietscharakter einer ausgewogenen Durchmischung der beiden Hauptnutzungsarten Wohnen und Gewerbe ändere. Der dagegen von der A. AG fristgemäß erhobene und vier Wochen später ausführlich begründete Widerspruch, dem die Stadt nach einer internen Stellungnahme ihres Stadtplanungsamts ohne nähere Begründung nicht abhalf, wurde am 5.02.2019 vom Thüringer Landesverwaltungsamt zurückgewiesen.
Auf die Klage der A. AG verpflichtete das Verwaltungsgericht Weimar die Stadt mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 07.07.2020 unter Aufhebung des Bescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung, da die begehrte Umnutzung die vorhandene Situation weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht „zum Kippen“ bringe.
Daraufhin wurde die Baugenehmigung am 14.10.2020 erteilt. Die fertiggestellten Wohnungen vermietete die Grundstückseigentümerin ab dem 1.04.2021 zu einem monatlichen Gesamtmietzins von 3.360 €. Sie macht geltend, dass sie bei einer Bewilligung des Bauantrags spätestens am 14.03.2018 und einer sich daran anschließenden Umbauzeit von sechs Monaten die Wohnungen bereits ab dem 1.10.2018 hätte vermieten können, weshalb ihr ein Mietausfallschaden in Höhe von insgesamt 100.800 € (30 Monate x 3.360 €) entstanden sei.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Erfurt hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt2.
Das Thüringer Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Stadt zurückgewiesen3. Und der Bundesgerichtshof hat nun die Urteile der Vorinstanzen bestätigt und auch die Revision der Stadt als unbegründet zurückgewiesen:
Im Ergebnis zutreffend ist das Thüringer Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die Ablehnung des für den Umbau und die Nutzungsänderung nach § 62 Abs. 1 ThürBauO erforderlichen Bauantrags rechtswidrig gewesen ist.
Dies steht allerdings entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht schon aufgrund des rechtskräftig gewordenen verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 07.07.2020 fest. Zwar sind die Zivilgerichte grundsätzlich an Vorentscheidungen der Verwaltungsgerichte insbesondere zur Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts, an den ein Schadensersatzbegehren geknüpft ist, gebunden. Diese Bindung besteht aber – was das Thüringer Oberlandesgericht übersehen hat – nur im Rahmen der Rechtskraftwirkung des verwaltungsgerichtlichen Urteils nach § 121 VwGO und damit allein zwischen den am Verwaltungsrechtsstreit Beteiligten, zu denen gemäß § 63 Nr. 3 VwGO auch ein nach § 65 VwGO Beigeladener gehört4. Da die Grundstückseigentümerin weder als Partei noch als Beigeladene an dem von der A. AG betriebenen Verwaltungsrechtsstreit beteiligt gewesen ist, entfaltet das dort ergangene – für sie günstige – Urteil ihr gegenüber keine Rechtskraft- und damit auch keine Bindungswirkung im Zivilprozess zwischen ihr und der Stadt.
Jedoch lassen die weiteren Urteilsausführungen des Thüringer Oberlandesgerichts, es halte „abgesehen davon“ die Entscheidung des Verwaltungsgerichts „auch in der Sache für richtig“, erkennen, dass es sich diese vollinhaltlich zu Eigen gemacht hat. Dies wird von der Revision nicht angegriffen und ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden5.
Die Annahme des Thüringer Oberlandesgerichts, dass die beklagte Stadt damit eine ihr gegenüber der Grundstückseigentümerin obliegende und diese schützende Amtspflicht verletzt hat, was weitere Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch sowohl aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG als auch aus § 1 Abs. 1 ThürStHG ist6, hält ebenfalls der Nachprüfung stand.
Nach ständiger Bundesgerichtshofsrechtsprechung ist ein Geschädigter geschützter „Dritter“ im amtshaftungsrechtlichen Sinne, wenn die verletzte Amtspflicht – nicht notwendig allein, aber doch auch – den Zweck hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den sie begründenden und umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange geschützt und gefördert werden sollen, kann ihre schuldhafte Verletzung eine Schadensersatzpflicht ihm gegenüber auslösen. Dagegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss also eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen in dem Sinne, dass deren sachlicher Schutzbereich sein im Einzelfall konkret berührtes Interesse erfasst und er in persönlicher Hinsicht zu dem erkennbar abgegrenzten Personenkreis gehört, auf dessen Interessen bei der betreffenden Maßnahme in qualifizierter und individualisierbarer Weise Rücksicht zu nehmen ist7.
Beantragt – wie hier – nicht der Grundstückseigentümer selbst, sondern ein Dritter im eigenen Namen die Erteilung einer Baugenehmigung, wirkt deren Versagung, auch soweit sie bestandskräftig wird, nur diesem gegenüber. Dagegen greift sie nicht unmittelbar in das Grundstückseigentum ein und entfaltet keine Feststellungswirkung gegenüber dem am Verwaltungsverfahren nicht beteiligten Eigentümer, zumal die bestandskräftige Versagung die Behörde nicht berechtigt, einen neuen Bauantrag – sei es des Dritten oder des Eigentümers ohne Sachprüfung abzulehnen8. Ist eine Klage auf Erteilung der Genehmigung rechtskräftig abgewiesen worden, wirkt diese Entscheidung – wie bereits dargelegt – nach § 121 VwGO nur zwischen den Beteiligten des Verwaltungsprozesses und ihren Rechtsnachfolgern. Zu diesen gehört der Grundstückseigentümer als solcher nicht, wenn ein Dritter den Bauantrag gestellt und nach dessen Ablehnung Verpflichtungsklage erhoben hat9. Dementsprechend besteht die behördliche Amtspflicht, eine baurechtliche Genehmigung nicht aus unrichtigen materiellen Gründen zu versagen, grundsätzlich nur gegenüber dem Antragsteller. Dringt also ein anderer mit einem Baugesuch nicht durch, ist der mittelbar am Ausgang des Genehmigungsverfahrens interessierte, aber daran formell unbeteiligte und nicht gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugte Grundstückseigentümer regelmäßig kein geschützter „Dritter“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB10.
Von diesem Grundsatz, dass die Amtspflicht, eine baurechtliche Genehmigung nicht rechtswidrig abzulehnen, nur gegenüber dem Antragsteller besteht, hat der Bundesgerichtshof aber von jeher Ausnahmen zugelassen. So hat er etwa angenommen, dass diese Amtspflicht auf eine Grundstückseigentümerin gerichtet ist, die im Hinblick auf ein zunächst verfolgtes „Bauherrenmodell“ als Alleingesellschafterin einer Bauherrengemeinschaft in deren Namen den Bauantrag gestellt und vor dem Eintritt weiterer Gesellschafter nach dem Wechsel auf ein „Erwerbermodell“ die Verhandlungen im Baugenehmigungsverfahren weitergeführt hat11. Auch hat er der Gemeinde die Pflicht, ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB nicht rechtswidrig zu versagen, gegenüber demjenigen zugewiesen, dem aufgrund eines bereits vor der Antragstellung durch den Eigentümer geschlossenen notariellen Vorvertrags ein Anspruch auf Übertragung des Grundeigentums und die Befugnis zur Bebauung des Grundstücks eingeräumt worden ist12. Schließlich hat der Bundesgerichtshof erwogen, im Ergebnis aber dahinstehen lassen, ob eine Antragstellung im Auftrag eines anderen, der die Baugenehmigung als Rechtsnachfolger des Antragstellers nutzen will, drittgerichtete Amtspflichten diesem anderen gegenüber begründet13. Diese Fälle, in denen einem anderen als dem Antragsteller die Eigenschaft eines „Dritten“ zuerkannt worden ist, wiesen die Besonderheit auf, dass dieser andere (auch) eine Rechtsstellung innehatte, die ihrem sachlichen Gehalt nach der eines Bauherrn gleichkam14, der seine aus dem Grundeigentum folgende Baufreiheit in Anspruch nahm15. Dagegen besaß der andere in den Fällen, in denen er nicht in den Kreis der geschützten „Dritten“ im Sinne des § 839 Abs. 1 BGB einbezogen worden ist, jeweils nur ein wirtschaftliches Interesse an der Genehmigungserteilung und war etwa als Vermieter gegenüber der die Baumaßnahme auf eigene Kosten durchführenden Mieterin16 beziehungsweise als Grundstücksveräußerer und -erwerber17 allenfalls rein wirtschaftlich betrachtet als Bauherr anzusehen. Für die Annahme der erforderlichen besonderen Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem Geschädigten genügt aber allein dessen Vermögensinteresse am Erfolg des Baugesuchs nicht, mag es im Einzelfall auch erheblich sein18. Vielmehr muss der andere auch aufgrund seiner rechtlichen Stellung eigentlicher Träger des Interesses an der Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens sein12.
Wie das Thüringer Oberlandesgericht zu Recht ausgeführt hat, trifft dies auf die Grundstückseigentümerin zu, die nicht nur wirtschaftlich als Eigentümerin, sondern aufgrund des bereits vor Antragstellung von ihr als „Bauherr“ mit der A. AG als „Auftragnehmer“ geschlossenen Vertrags „über Projektentwicklung, Planung und Bauüberwachung“ auch rechtlich die eigentliche Trägerin des Interesses an der Verwirklichung der Umnutzung gewesen ist. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 15.11.198419 entschieden, dass Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch derjenige ist, der gegen den den Bauantrag stellenden Grundstückseigentümer einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung hat und dem gleichsam im Vorgriff auf den Grundstückserwerb die Befugnis zur Inanspruchnahme der Baufreiheit eingeräumt wurde. Ist bereits ein solcher lediglich schuldrechtlich berechtigter Nichtantragsteller Dritter im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, muss dies wertungsmäßig erst recht für einen Grundstückseigentümer gelten, der – wie die Grundstückseigentümerin – den Bauantrag zwar nicht selbst gestellt hat, in dessen Interesse jedoch das Bauvorhaben durchgeführt werden soll und der das projektierte Bauwerk nach dessen Fertigstellung selbst – hier zur Vermietung – nutzen will. Dem entspricht spiegelbildlich, dass die bauantragstellende Projektgesellschaft nach plangemäßer Verwirklichung des Vorhabens keine dinglichen oder schuldrechtlichen (Nutzungs-)Rechte an dem Bauwerk erwerben sollte. Ihr wirtschaftliches Interesse an der Vollendung des Vorhabens beschränkte sich vielmehr auf ihren Honoraranspruch gegen die Grundstückseigentümerin und entsprach damit nicht demjenigen eines Bauherren.
Dieser Beurteilung steht der BGH, Beschluss vom 26.06.200820 nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung, die über eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 1 ZPO) erging, lediglich unter Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände einen Revisionszulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO verneint. Er hat dabei tragend darauf abgestellt, dass dort die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung zunächst einen eigenen Bauantrag zurückgenommen und daraufhin ihr Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer als natürliche Person im eigenen Namen einen neuen Bauantrag gestellt hatte. Dabei hat der Bundesgerichtshof auch auf die von den Beteiligten gewählte Verselbständigung der Rechtspersönlichkeiten und die damit verbundenen Konsequenzen für die Reichweite des amtshaftungsrechtlichen Drittschutzes verwiesen und in diesem Zusammenhang lediglich angemerkt, dass nicht erkennbar sei, dass die Grundstückseigentümerin aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert gewesen sein könnte, das verwaltungsrechtliche Genehmigungsverfahren selbst zu betreiben21. Damit ist – anders als es das Oberlandesgericht Dresden in seinem Urteil vom 05.07.2019 versteht – nicht ausgesagt, dass ein Grundstückseigentümer immer dann kein geschützter Dritter ist, wenn er das Baugenehmigungsverfahren selbst hätte betreiben können. Da anders gelagerte Fälle, in denen der „eigentliche“ Bauherr gehindert wäre, selbst die Baugenehmigung zu beantragen, kaum vorstellbar sind, würde dies – wie das Thüringer Oberlandesgericht zu Recht angeführt hat – der dargestellten Bundesgerichtshofsrechtsprechung den Boden entziehen.
Ob das Thüringer Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei ein Verschulden der Stadt bejaht hat, ist zweifelhaft, muss aber nicht abschließend entschieden werden.
Nach ständiger Bundesgerichtshofsrechtsprechung begründet – wovon auch die Vorinstanz ausgegangen ist – nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn eine nach sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung der Gesetzes- und Rechtslage gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als vertretbar angesehen werden kann, lässt sich auch aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht herleiten22. Das Thüringer Oberlandesgericht hat seine Annahme, es sei nicht zu erkennen, dass die Mitarbeiter der Stadt ihre der Ablehnung des Bauantrags zugrundeliegende unrichtige Rechtsauffassung aufgrund einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung gewonnen hätten, allein darauf gestützt, dass diese sich im Widerspruchsbescheid vom 05.02.2019 nicht mit den im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt hätten. Dabei hat es indes – wie die Revision zu Recht beanstandet – verkannt, dass der Widerspruch nicht von der beklagten Stadt selbst, sondern vom zuständigen Thüringer Landesverwaltungsamt beschieden worden ist. Außerdem hat es nicht berücksichtigt, dass das Stadtplanungsamt der Stadt in seiner internen Stellungnahme ausdrücklich auf das Widerspruchsvorbringen eingegangen ist.
Darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an, weil das Thüringer Oberlandesgericht die Verschuldensfrage letztlich offengelassen und selbständig tragend einen Anspruch der Grundstückseigentümerin aus § 1 Abs. 1 ThürStHG angenommen hat, der lediglich eine rechtswidrige Schadenszufügung erfordert23. Dagegen führt die Revision – abgesehen von der unbegründeten Rüge, dass das auch insoweit geltende haftungsbegrenzende Kriterium der Drittgerichtetheit der verletzten Amtspflicht nicht erfüllt sei – keine weiteren Angriffe.
– 15 4. Schließlich beanstandet die Revision erfolglos, dass ein Grundurteil nicht habe ergehen dürfen, weil ein aus der Pflichtverletzung adäquat-kausal entstandener Schaden nicht vorliege beziehungsweise dessen Abwendung durch Ergreifung von Rechtsmitteln sowohl im Genehmigungs- als auch im Widerspruchsverfahren von der Grundstückseigentümerin versäumt worden sei (vgl. § 2 ThürStHG).
Nach § 304 Abs. 1 ZPO darf ein Grundurteil nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Anspruchsgrund gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht24. Entgegen der Meinung der Revision ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.07.202025 nichts anderes. Denn dort ging es nur darum, dass bei einem Grundurteil (mit-)festgestellt werden muss, dass die Klageforderung einen Haftungshöchstbetrag nicht übersteigt, der sich aus einer in der Anspruchsgrundlage enthaltenen Haftungsbegrenzung ergibt26. Dass die Grundstückseigentümerin mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einer Genehmigungserteilung spätestens am 14.03.2018 die Wohnungen ab dem 1.10.2018 hätte vermieten können und damit ab diesem Zeitpunkt einen Mietausfallschaden erlitten hat, ergibt sich bereits daraus, dass es ihr tatsächlich gelungen ist, den Umbau innerhalb von etwa sechs Monaten nach der schließlich am 14.10.2020 erfolgten Genehmigungserteilung durchzuführen und die Wohnungen ab dem 1.04.2021 zu vermieten.
Der Einwand der Revision, die Grundstückseigentümerin hätte einen Schadenseintritt durch Erhebung von Untätigkeitsklagen nach § 75 VwGO im Genehmigungs- und im Widerspruchsverfahren verhindern können, greift nicht. Selbst wenn die Grundstückseigentümerin im Wege einer schon Ende 2017 erhobenen Untätigkeitsklage eine Verurteilung der beklagten Stadt nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO zur Erteilung der Baugenehmigung erstritten hätte, wäre eine solche verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Hinblick auf die etwa 1½-jährige Verfahrensdauer des später tatsächlich von ihr geführten Verwaltungsprozesses jedenfalls nicht vor 2019 ergangen. Zu diesem Zeitpunkt war aber ein Mietausfallschaden bereits eingetreten.
Dieser wäre auch nicht mehr durch eine im August 2018 erhobene Untätigkeitsklage im Widerspruchsverfahren vermieden worden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. August 2025 – III ZR 125/24
- Fortführung von BGH, Urteil vom 15.11.1984 – III ZR 70/83, BGHZ 93, 87[↩]
- LG Erfurt, Grundurteil vom 15.07.2022 – 10 O 309/21[↩]
- Thür. OLG, Urteil vom 02.09.2024 – 3 U 871/22[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 15.11.1984 – III ZR 70/83, BGHZ 93, 87, 90 f; und vom 24.02.1994 – III ZR 6/93, NJW 1994, 2091, 2092[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1984, aaO S. 91[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 14.07.1994 – III ZR 174/92, BGHZ 127, 57, 73; und vom 29.07.1999 – III ZR 234/97, BGHZ 142, 259, 271; Wurm, JA 1992, 1, 10[↩]
- vgl. nur BGH, Urteile vom 15.11.1984, aaO S. 91 f; vom 24.02.1994, aaO; und vom 15.08.2019 – III ZR 18/19, NVwZ 2020, 90 Rn. 41; Versäumnisurteil vom 15.10.2009 – III ZR 8/09, BGHZ 182, 370 Rn. 14; Beschluss vom 23.11.1989, – III ZR 161/88, NVwZ 1990, 501[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 06.05.1993 – III ZR 2/92, NJW 1993, 2303, 2304; und vom 24.02.1994, aaO; Beschlüsse vom 24.10.1985 – III ZR 21/85, BeckRS 1985, 1518; vom 30.10.1986 – III ZR 10/86, NVwZ 1987, 356; und vom 23.11.1989 – III ZR 161/88, NVwZ 1990, 501; BVerwGE 48, 271, 275 ff[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 24.02.1994, aaO; Beschlüsse vom 24.10.1985, aaO; vom 30.10.1986, aaO; und vom 23.11.1989, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 24.02.1994, aaO; und vom 10.03.1994 – III ZR 9/93, BGHZ 125, 258, 268; Beschluss vom 26.06.2008, aaO Rn. 6[↩]
- BGH, Urteil vom 08.10.1992 – III ZR 220/90, BGHZ 119, 365, 368[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1984, aaO S. 92 f[↩][↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 27.09.1990 – III ZR 64/89, NVwZ 1992, 204 sowie dazu BGH, Urteil vom 24.02.1994, aaO S.2093[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 29.02.1996 – III ZR 4/95, NJW-RR 1996, 724[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.11.1984, aaO S. 93[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2004 – III ZR 227/02, NVwZ 2004, 1143 f und Beschluss vom 07.03.1991 – III ZR 84/90, BeckRS 1991, 31064113[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 06.06.1991 – III ZR 221/90, NJW 1991, 2696 f[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 06.06.1991, aaO; vom 24.02.1994, aaO S.2092 f; und vom 10.03.1994, aaO S. 269 f; Beschluss vom 23.11.1989, aaO; BeckOGK BGB/Thomas, Stand 1.05.2025, § 839 Rn. 339[↩]
- BGH, Urteil vom 15.11.1984, aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.06.2008, aaO[↩]
- BGH, aaO Rn. 7[↩]
- vgl. nur BGH, Urteile vom 15.08.2019, aaO Rn. 49; vom 23.07.2020 – III ZR 66/19, NVwZ-RR 2021, 66 Rn. 16; und vom 19.01.2023 – III ZR 234/21, BeckRS 2023, 1919 Rn. 31[↩]
- vgl. Wurm, aaO S. 10[↩]
- st. Rspr. zB BGH, Urteil vom 05.11.2015 – III ZR 41/15, BGHZ 207, 316 Rn. 22; BGH, Urteile vom 10.03.2005 – VII ZR 220/03, NJW-RR 2005, 928; und vom 09.11.2006 – VII ZR 151/05, NJW-RR 2007, 305, 306[↩]
- BGH, Urteil vom 23.07.2020 – I ZR 119/19, BeckRS 2020, 21836[↩]
- BGH, aaO Rn. 23[↩]
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