Der überlange Besuch im Heimatland

Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG kommt es weder auf die Natur des Ausreisegrunds noch auf die Gründe an, aus denen ein Ausländer nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist wieder in das Bundesgebiet eingereist ist. Von einem Antrag auf Verlängerung der Ausreisefrist kann ausnahmsweise nur in extremen Ausnahmefällen abgesehen werden, nämlich dann, wenn der Ausländer aus objektiven und von ihm nicht zu vertretenen Gründen an einer fristgerechten Rückkehr und zudem an der Stellung eines fristgerechten Verlängerungsantrags gehindert ist. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf Fälle der verspäteten Antragstellung nach Ablauf (bzw. Erlöschen) eines Aufenthaltstitels, also auf die in § 81 Abs. 4 AufenthG geregelten Fälle, kommt nicht in Betracht.

Der überlange Besuch im Heimatland

Denn diese Aufenthaltserlaubnis ist vor der Wiedereinreise des Antragstellers nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG (in der vor dem 01.07.2011 geltenden Fassung) mit allergrößter Wahrscheinlichkeit erloschen. Nach dieser Vorschrift erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG kommt es weder auf die Natur des Ausreisegrunds noch auf diejenigen Gründe an, aus denen ein Ausländer nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist wieder in das Bundesgebiet eingereist ist1. Durch seinen ununterbrochenen Aufenthalt in der Republik Guinea vom 30.11.2009 bis zu seiner Wiedereinreise am 13.08.2010, also über mehr als acht Monate, ist die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers ungeachtet ihrer ursprünglichen Gültigkeit bis zum 06.10.2010 nach dieser Vorschrift (kraft Gesetzes) erloschen. Damit ist es ohne Bedeutung, ob im hier entschiedenen Fall der Antragsteller (der immerhin in Deutschland mehrere Semester Jura studiert hat und deshalb einen „gewissen“ Zugang zu deutschen Gesetzen haben müsste) die Folgen einer Ausreise für eine Zeit von mehr als sechs Monaten gekannt hat oder nicht. Ebenso ist es ohne Bedeutung, ob er einen schlüssigen Grund für seinen langen Aufenthalt in seiner Heimat, Guinea, hat. Da der Antragsteller vor dem Erlöschen seiner Aufenthaltserlaubnis keinen Antrag auf Verlängerung der (Wiedereinreise-)Frist gestellt hat, kann es dahingestellt bleiben, ob ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Von einem solchen Antrag kann ausnahmsweise nur in extremen Ausnahmefällen abgesehen werden, nämlich dann, wenn der Ausländer aus objektiven und von ihm nicht zu vertretenden Gründen an einer fristgerechten Rückkehr und zudem an der Stellung eines fristgerechten Antrags auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist gehindert ist2. Ein solcher Ausnahmefall lag bei dem Antragsteller nicht vor. Es ist nicht erkennbar, was den Antragsteller auf der Grundlage seines eigenen Vortrags über den Grund seines langen Aufenthalts in der Republik Guinea objektiv davon abgehalten haben könnte, sich (per Post, per Telefax oder über die deutsche Auslandsvertretung in der Republik Guinea) bei der Antragsgegnerin zu melden und einen solchen Antrag zu stellen.

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Nach alledem war die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers im Zeitpunkt seiner Wiedereinreise nach Deutschland am 13.08.2010 bereits seit einigen Monaten erloschen. Im Zeitpunkt der Stellung seines Antrags auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis am 15.09.2010 war der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland somit nicht rechtmäßig und damit nicht geeignet, eine Fiktion nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG auszulösen. Das gilt auch im Hinblick auf die Vorschrift in § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, weil die dort geregelte Duldungsfiktion nur in dem Fall eintritt, dass der Ausländer sich zuvor trotz fehlenden Aufenthaltstitels rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hat, wie das (u.a.) bei Staatsangehörigen von Staaten der Fall ist, die für eine Einreise und einen kurzfristigen Aufenthalt in Deutschland nicht in jedem Fall einen Aufenthaltstitel benötigen. Als Staatsangehöriger der Republik Guinea gehört der Antragsteller nicht zu diesem Personenkreis. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf Fälle der verspäteten Antragstellung nach Ablauf (bzw. Erlöschen) eines Aufenthaltstitels, also auf die in § 81 Abs. 4 AufenthG geregelten Fälle, kommt angesichts der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen eindeutigen Absicht des Gesetzgebers nicht in Betracht3.

Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 28. März 2012 – 4 K 333/12

  1. OVG NRW, Beschluss vom 14.02.2011 – 18 B 176/11 , juris, m.w.N.; Armbruster, in: HTK-AuslR, Stand: 01.03.2012, Anm. 2.1 zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, m.w.N.[]
  2. vgl. hierzu Armbruster, a.a.O., Anm. 2.3 zu § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG, m.w.N.[]
  3. vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.06.2011, NVwZ 2011, 1340; Zeitler, in: HTK-AuslR, Stand: 01.03.2012, Anm. 5 zu § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG, m.w.N.[]
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