Flensburger Punktekonto – Aufbauseminar oder MPU?

Gemäß § 4 Abs. 11 Satz 3 StVG entfällt die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wenn die zur Wiedererteilung beantragte Fahrerlaubnis zuvor gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG wegen Nichtteilnahme an einem angeordneten Aufbauseminar entzogen worden ist.

Flensburger Punktekonto – Aufbauseminar oder MPU?

Eine Ausnahme hiervon hat nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg jedoch dann zu gelten, wenn die frühere Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar unzulässig war, weil wegen konkreter Eignungszweifel (hier: wiederholte vorsätzliche Straftaten gemäß § 6 PflVG) die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zwingend gewesen wäre und mithin das Punktsystem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG wegen der Notwendigkeit einer anderen Maßnahme nicht zur Anwendung hätte kommen dürfen.

Bestehen in einem solchen Ausnahmefall die Eignungszweifel im Zeitpunkt des Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis fort, so hat die Behörde nunmehr in Abweichung von § 4 Abs. 11 StVG das Gutachten anzufordern. Der Antragsteller kann sich in diesem Fall nicht wegen der früher tatsächlich zur Anwendung gelangten Punktsystem-Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG auf Vertrauensschutz berufen. Das öffentliche Interesse daran, möglicherweise ungeeignete Kraftfahrer durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu erkennen und vom Straßenverkehr fernzuhalten, überwiegt vielmehr sein (primäres) Interesse an einer Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 27. Januar 2010 – 1 K 118/08

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