Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte1. Das Recht zur Errichtung von Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen ist jedoch durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG). Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen2. Art. 7 Abs. 4 GG begründet unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Genehmigung einer privaten Schule3.

Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind der generelle Bildungsauftrag der Schule und die jeweiligen Bildungsziele der einzelnen Schularten und Schulstufen, damit auch des Primarbereichs. Es kommt darauf an, ob im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, unbeschadet eines von einer eigenen weltanschaulichen Basis aus eigenverantwortlich geprägten Unterrichts mit darauf abgestellten Lehrmethoden und Lehrinhalten. Insofern wird keine Gleichartigkeit mit öffentlichen Schulen verlangt, sondern eine Gleichwertigkeit4. Entscheidend ist mithin, ob am Ende des jeweiligen Bildungsgangs das Niveau des Bildungsprogramms der öffentlichen Schulen im Ergebnis erreicht wird, wobei den Ersatzschulen hinsichtlich der hierbei beschrittenen Wege und eingesetzten Mittel weitgehende Freiheit eingeräumt wird. Dies kann zur Folge haben, dass Ersatzschulen nach ihrer ganzen Struktur so grundsätzlich verschieden von öffentlichen Schulen sein können, dass etwa für ihre Schüler vor Abschluss des Bildungsgangs ein Wechsel in das öffentliche Schulsystem ausscheidet5.
Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Zweck des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht darin sieht, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg zu schützen6. Es unterscheidet dabei hinsichtlich der Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zutreffend zwischen „Erziehungszielen“ einerseits und der „Qualifikation“ andererseits. In Bezug auf Letztere kommt es danach für die Feststellung der Gleichwertigkeit darauf an, ob die von der Ersatzschule vermittelten fachlichen Kenntnisse und die Allgemeinbildung dem nach geltendem Recht vorgeschriebenen Standard öffentlicher Schulen entsprechen7. Insofern stellt das Bundesverwaltungsgericht auf die im jeweiligen Landesschulrecht für die betreffende Schulart getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation ab, die aber erst bei Abschluss des schulischen Bildungsgangs im Sinne eines Gesamtergebnisses erreicht sein muss. Denn wegen der durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gewährleisteten und sich auf Lehrmethode und Lehrinhalte erstreckenden Gestaltungsfreiheit der Ersatzschule, die gerade nicht die jederzeitige Durchlässigkeit in das staatliche Schulsystem sicherzustellen hat, muss diese nach eigenem pädagogischen Ermessen entscheiden dürfen, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln sie dieses Gesamtergebnis erreichen will8.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die schulaufsichtlichen Leistungsüberprüfungen im vorliegenden Fall bei Schülern der 4. Jahrgangsstufe vorgenommen worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat das bayerische Schulrecht dahin ausgelegt, dass die Verbindung der Schularten Grund- und Hauptschule zur „Volksschule“ bloß nomineller Natur ist und keinen einheitlichen Bildungsgang entstehen lässt. Er hat dies vor allem damit begründet, dass sich die gesetzlich vorgegebenen Bildungsziele beider Schularten deutlich unterscheiden. Die alle schulpflichtigen Kinder erfassende Grundschule solle nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayEUG die Voraussetzungen für „jede weitere schulische Bildung“ an den jeweiligen weiterführenden Schulen, also auch an Realschulen und Gymnasien schaffen. Mit dieser umfassenden Bildungsperspektive unterscheide sie sich wesentlich von der Hauptschule, deren Bildungsziele in einem engen Zusammenhang mit der späteren Berufswahl und einer berufsqualifizierenden Ausbildung stünden und die nach dem Willen des Gesetzgebers nur einen begrenzten Kreis von Schülerinnen und Schülern ansprechen solle (Art. 7 Abs. 6 Satz 1 und 2 BayEUG). Das landesrechtlich vorgesehene Bildungsziel der Grundschule verlange demnach nicht allein, dass bei deren Abschluss den Schülern lediglich der weitere Besuch der mit ihr verbundenen „Volksschule“ und damit auf längere Sicht die Erlangung des Hauptschulabschlusses ermöglicht werde, sondern dass ein Wechsel zu allen übrigen weiterführenden Schulen eröffnet sei.
Diese Auslegung des einfachen Rechts, mit der der Beschwerdeführer sich nicht näher auseinandersetzt, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zumal auch das Verfassungsrecht mit dem in Art. 7 Abs. 5 GG verwendeten Begriff der Volksschule zumindest auch die der Vorbereitung auf den Besuch weiterführender Schulen dienende Grundschule meint und diese jedenfalls als eigenständige Schulart begreift9.
Das Landesrecht bestimmt, welche öffentlichen Schulen es gibt, denen eine Ersatzschule entsprechen kann10. Angesichts dessen kommt es hier nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer auch eine Hauptschule betreiben möchte, für deren Errichtung er jedoch derzeit noch keine Genehmigung erhalten hat. Zwar bezieht sich die Akzessorietät der Ersatzschulen zu den öffentlichen Schulen nicht notwendigerweise auf eine formale Entsprechung zu den jeweils im Landesrecht typisierten Schularten und ‑formen, sondern auf eine Entsprechung in deren Gesamtzweck11. Aber selbst wenn der Beschwerdeführer eine Hauptschule gemeinsam mit der Grundschule als einheitliche „Volksschule“ führen könnte, bliebe es doch dabei, dass deren Jahrgangsstufen 1 bis 4 in Orientierung an der Regelung des Art. 7 Abs. 5 Satz 1 BayEUG ihrem Gesamtzweck nach der öffentlichen Grundschule entsprechen müssten, so dass auch dann diese der Bezugspunkt für die Feststellung im Kern gleicher Kenntnisse und Fertigkeiten bliebe. Deshalb ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn am Ende eines 4. Schuljahres geprüft wird, ob die im bayerischen Landesschulrecht für die Grundschule getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation von einer als Ersatz für eine solche öffentliche Schule genehmigten Privatschule im Sinne eines Gesamtergebnisses tatsächlich erreicht worden sind oder nicht.
Ebenso wenig begegnet es verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die angegriffenen Entscheidungen allein die Leistungsüberprüfungen in den Fächern Deutsch und Rechnen zur Grundlage der Feststellung eines Nichterreichens der Bildungsziele durch die vom Beschwerdeführer getragene Ersatzschule genommen haben.
Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verlangt, dass eine Ersatzschule hinter der Gesamtheit der Lehrziele einer öffentlichen Schule nicht zurücksteht. Verfehlt eine als Ersatz für eine Grundschule genehmigte private Schule die für diese Schulart landesrechtlich maßgeblichen zentralen Bildungsstandards in den beiden Kernfächern Deutsch und Rechnen, dann steht fest, dass sie nicht im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wie eine öffentliche Grundschule.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 1 BvR 759/08 und 1 BvR 733/09
- vgl. BVerfGE 27, 195, 200 f.; 75, 40, 61 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 27, 195, 201, 203[↩]
- vgl. BVerfGE 27, 195, 200[↩]
- vgl. BVerfGE 90, 107, 122[↩]
- vgl. BVerfGE 27, 195, 205; 90, 107, 125[↩]
- vgl. BVerwGE 112, 263, 268[↩]
- vgl. BVerwGE 90, 1, 9; 112, 263, 267 f.[↩]
- vgl. BVerwGE 112, 263, 268 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 88, 40, 45 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 90, 128, 139[↩]
- vgl. BVerfGE 27, 195, 201; 90, 128, 139 f.[↩]