Bei einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 NStrG handelt es sich grundsätzlich nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Erteilung der Erlaubnis gleichzeitig und zwangsläufig eine grundsätzlich zur Nutzung des Straßenraums berechtigende subjektive Rechtsposition eines Dritten betrifft. Insoweit kommt eine Verletzung des Anliegergebrauchs in Betracht.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Klage nur zulässig, wenn die Klägerin geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein; eine Rechtsverletzung der Klägerin muss demnach zumindest möglich erscheinen. Da die Klägerin selbst nicht Adressatin des angefochtenen Verwaltungsakts ist, ist eine Klagebefugnis nur gegeben, wenn es sich bei der angefochtenen Sondernutzungserlaubnis um einen sogenannten Verwaltungsakt mit Drittwirkung handelt und die zugrundeliegende Norm, hier § 18 Niedersächsisches Straßengesetz – NStrG, dem Schutz der individuellen Interessen der Klägerin zu dienen bestimmt ist. Dies ist nicht der Fall. Bei der Sondernutzungserlaubnis nach § 18 NStrG handelt es sich grundsätzlich nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, weil § 18 NStrG grundsätzlich keinen Drittschutz vermittelt. Bei der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis sind vorrangig Belange des Straßenverkehrs, insbesondere die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu prüfen. Maßgeblich ist allein, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar und insoweit gemeinverträglich ist. Dritte können daher regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis an eine andere Person nicht gerichtlich überprüfen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur, wenn die Erteilung der Erlaubnis gleichzeitig und zwangsläufig eine grundsätzlich zur Nutzung des Straßenraums berechtigende subjektive Rechtsposition eines Dritten betrifft1.
Eine solche Rechtsposition macht die Klägerin hier geltend, indem sie sich sinngemäß auf eine Verletzung ihres Rechts am Anliegergebrauch beruft. Eine Verletzung des Anliegergebrauchs kommt in Betracht, wenn durch eine Sondernutzungserlaubnis die für das Grundstück erforderlichen Zufahrten und Zugänge unzumutbar beeinträchtigt werden2. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass das von der Beigeladenen aufgestellte Werbeschild den Zugang zu ihrem Geschäft verhindert oder unzumutbar beeinträchtigt. Soweit sie vorträgt, der Fußgängerverkehr vor ihrem Geschäft werde durch das Werbeschild beeinträchtigt, betrifft dies nicht den Zugang zu ihrem Geschäft und damit nicht ihren Anliegergebrauch. Eine Verletzung ihres Anliegergebrauchs kommt jedoch insoweit in Betracht, als sie geltend macht, sie werde durch das von der Beigeladenen aufgestellte Werbeschild in ihren eigenen Werbemöglichkeiten für ihr Geschäft eingeschränkt, da das Schild der Beigeladenen unmittelbar vor dem Schaufenster ihres Geschäfts und direkt neben ihrem eigenen Werbeschild stehe. Zum Anliegergebrauch kann auch der Kontakt nach außen gehören, der dem Grundstück über die Gewährleistung seiner Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz hinaus in gewissen Grenzen die Nutzung der Straße als Kommunikationsmittel ermöglicht. Hierzu zählt die Einwirkung durch Werbung auf den vorbeifließenden Verkehr3.
Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die Klägerin in ihrem Anliegergebrauch tatsächlich nicht verletzt ist. Das vom Anliegergebrauch umfasste Recht auf werbende Kommunikation wird nicht schrankenlos gewährleistet. Es besteht insbesondere kein Anspruch des Einzelnen darauf, dass er in bestmöglicher Weise von seinem Grundstück aus werben kann und sein Grundstück zu diesem Zweck von allen Seiten und auf weite Entfernung hin einsehbar ist. Eine Grenze ist erst dort zu ziehen, wo der Betroffene praktisch keine Möglichkeit mehr hat, auf den Verkehr werbend einzuwirken. Gewisse Einschränkungen der (optimalen) Einwirkungsmöglichkeiten sind hinzunehmen4.
Nach diesem Maßstab wird das Recht der Klägerin auf werbende Kommunikation in seinem Kerngehalt durch die der Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis nicht verletzt. Eine werbende Kommunikation ist für die Klägerin trotz der Sondernutzungserlaubnis nach wie vor möglich. Der durchgeführte Ortstermin hat gezeigt, dass das Werbeschild der Beigeladenen am Rand des an dem Geschäft der Klägerin vorbeiführenden Gehwegs steht und den Blick der an dem Geschäft vorbeikommenden Passanten auf die Schaufensterauslagen der Klägerin nicht beeinträchtigt. Der Einwand der Klägerin, sie werde deshalb unzumutbar in ihren eigenen Werbemöglichkeiten beeinträchtigt, weil das Werbeschild der Beigeladenen mit einem Seitenabstand von nur 60 cm zu ihrem eigenen Werbeschild aufgestellt sei, ist bereits deshalb unerheblich, weil – wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat – die Klägerin für ihr eigenes Werbeschild gar nicht über die notwendige Sondernutzungserlaubnis verfügt. Da die Klägerin tatsächlich in ihrem Anliegergebrauch nicht verletzt ist, kann dahingestellt bleiben, ob der Beigeladenen die Sondernutzungserlaubnis ermessenfehlerhaft erteilt wurde. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde es immer noch an einer Rechtsverletzung der Klägerin fehlen.
Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 26. Juni 2014 – 1 A 126/13
- BayVGH, Urteil vom 23.07.2009 – 8 B 08.3282 –, Rn. 35 ff. und VG Augsburg, Urteil vom 23.05.2012 – Au 6 K 12.317 –, Rn. 21[↩]
- BayVGH, a.a.O., Rn. 37 und BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 – 4 VR 7/99 –, Rn. 5 ff., jeweils zitiert nach juris[↩]
- VG Augsburg, a.a.O., Rn. 33 ff., mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 – IV C 15.75, Rn. 17[↩]
- VG Augsburg, a.a.O., Rn. 33[↩]