Die Definition von „Aufbrechen“

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasst das „Aufbrechen“ die Anwendung von Gewalt, auch wenn nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich ist. Aber sicher ist nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines „falschen“ Funksignals mit umfasst.

Die Definition von „Aufbrechen“

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht München in dem hier vorliegenden Fall die Klage eines Piloten aus dem Raum Freiburg gegen ein Münchner Versicherungsunternehmen auf Zahlung aus Hausratsversicherung in Höhe von 3.314,72 € für einen aus seinem PKW entwendeten Koffer abgewiesen

Der Kläger stellte am 10.12.2018 seinen PKW in der Münchener Straße in Frankfurt am Main ab und verließ es für fünf Minuten. Sein Pkw kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden. Während der Abwesenheit des Piloten wurden ein Reise- und ein Pilotenkoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte. Teile seiner Uniform, Ausweisdokumente und Pilotenlizenz wurden ihm von der Polizei ausgehändigt, nachdem sie in einer Mülltonne in unmittelbarer Nähe zum Tatort gefunden worden waren. Der Pilotenkoffer nebst den seinem Arbeitgeber gehörenden Geräten sowie die Uniform wurden durch seinen Arbeitgeber ersetzt.

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Der Vertrag über die Hausratsversicherung enthält die Klausel: „Entschädigt werden auch versicherte Sachen, die (…) durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet…werden.“

Vom Kläger wird vorgetragen, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sogenannte „Relay Attack“ entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff „Aufbrechen“ falle.

Dem gegenüber argumentiert die Beklagte, dass keine Einstandspflicht bestehe, da es vorliegend an einem „Aufbrechen“ fehle. Hierfür sei mehr erforderlich als jedes unbefugte Öffnen. Die Verwendung eines falschen Schlüssels sei aber gerade nicht gleichzusetzen mit einem „Aufbrechen“.

In seiner Urteilsbegründung hat das Amtsgericht München ausgeführt, dass das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten falle. Der Wortlaut des Begriffs „Aufbrechen“ sei nach Auffassung des Amtsgerichts eindeutig. So umfasse nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) ein entsprechendes Vorgehen die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich sei, falle unter „Aufbrechen“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines „falschen“ Funksignals.

Darüber hinaus sei es für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt seien. Es können nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden.

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Nach Auffassung des Amtsgerichts München spreche auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürfen in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal könne die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers und ggf. Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar, und es bestünde nach Auffassung des Amtsgerichts München eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr.

Amtsgericht München, Urteil vom 12. März 2020 – 274 C 7752/19

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