Die ergänzte Selbstauskunft bei der Bewerbung um eine Notarstelle

Wenn der Bewerber um eine Notarstelle seine Angaben zur Selbstauskunft im Bewerbungsverfahren ergänzt, erfordert die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der seitens der Landesjustizverwaltung an ihn gerichteten Fragen, dass die Ergänzung vollständig erfolgt.

Die ergänzte Selbstauskunft bei der Bewerbung um eine Notarstelle

Wie der Bundesgerichtshof1 bereits mehrfach ausgesprochen hat, muss sich die Landesjustizverwaltung darauf verlassen können, dass Notare und Notarbewerber ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteilen. Das gilt auch – und erst recht – für die Selbstauskunft, die im Zusammenhang mit einem Antrag auf Bestellung zum Notarvertreter der Landesjustizverwaltung vorgelegt wird. Diese soll, worauf das Kammergericht zu Recht hingewiesen hat, die Landesjustizverwaltung instand setzen, über einen solchen Antrag schnell und ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden. Deshalb wird von dem Bewerber um eine Notarvertretung in den Selbstauskunftsformularen stets eine ausdrückliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte verlangt. Auf diese klare Anfrage hatte ein Bewerber – unabhängig von den persönlichen und sachlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Landesjustizverwaltung – ohne weitere Umstände richtig und vollständig zu antworten. Im hier entschiedenen Fall war dies infolge sehr nachlässigen Verhaltens des Bewerbers nicht der Fall.

Ohne Erfolg wendet sich der Notarbewerber vorliegend gegen die Berücksichtigung der Nichtangabe der bei der Rechtsanwaltskammer gegen ihn geführten Beschwerdeverfahren. Nach den Grundsätzen der Bundesgerichtshofsrechtsprechung2 hätten diese Beschwerdeverfahren im Notarbestellungsverfahren mitgeteilt werden müssen, was unterblieben ist. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob – wovon das Kammergericht ausgeht – eine Pflicht zur Vervollständigung der Angaben im Bewerbungsverfahren unabhängig davon bestand, dass die Beschwerdeverfahren erst nach Einreichung des Antrags auf Bestellung zum Notar und der Erstellung der in diesem Verfahren gemachten Selbstauskunft eingeleitet wurden und somit in diesem Zeitpunkt noch nicht angegeben werden konnten. Der Bundesgerichtshof hat in seiner oben genannten Entscheidung ausgeführt, dass jedenfalls eine nachträgliche Berichtigung der ursprünglich gemachten Angaben dann besteht, wenn die zunächst unbekannten Verfahren zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung bereits eingeleitet sind, die Kenntnis jedoch erst später davon erlangt wird. Es gilt jedoch unabhängig davon der Grundsatz, dass ein Notarbewerber, der Auskunft gibt, diese vollständig und richtig zu machen hat. Das gilt jedenfalls in dem Umfang, in dem die erfragten Umstände von Bedeutung für die Entscheidung der Behörde sein können und dürfen3. Im vorliegenden Fall hat der Notarbewerber im laufenden Bewerbungsverfahren weitere Angaben zur Selbstauskunft im Verfahren zur Bestellung als Notar gemacht. So hat er in der Anlage zur Selbstauskunft für eine Notarvertretung vom 25.02.2012 bis zum 27.02.2012 unter dem 2.02.2012 und mit Schreiben vom 29.08.2011 [Verwaltungsakten Aktenordner Bl. 157, 159, 648] seine Angaben im Verfahren zur Bestellung zum Notar ergänzt. Deshalb hatte er unbeschadet der weiteren hiermit zusammenhängenden Rechtsfragen jedenfalls die Pflicht, eine vollständige Angabe zu machen. Dies hat er nicht getan, sondern die hier maßgeblichen Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer trotz Kenntnis hiervon gegenüber der Beklagten nicht offenbart. Damit hat er seine Auskunftspflicht gegenüber der Beklagten verletzt. Da er mit Schreiben vom 29.08.2011 auch ein anderes letztlich erfolglos gebliebenes Beschwerdeverfahren vor der Rechtsanwaltskammer der Beklagten mitgeteilt hat, war ihm auch bewusst, dass diese Verfahren generell gegenüber der Beklagten zu offenbaren sind. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte zuvor einen Hinweis erteilt hat, dass nachträglich eingeleitete Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer von sich aus nachgemeldet werden müssten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob diese Vorwürfe allein berechtigt gewesen wären, einen Widerruf der Bestellung zum Notar zu begründen. Mit dem Kammergericht ist davon auszugehen, dass sie bei der Gesamtwürdigung der Einzelumstände mit zu berücksichtigen sind.

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Ohne Erfolg macht der Notarbewerber geltend, die Verneinung seiner persönlichen Eignung nach § 6 BNotO und die deswegen erfolgte Zurückweisung seines Antrags auf Bestellung zum Notar sei unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auch ein Fehlverhalten als Bewerber zum Notarvertreter bei der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen mit einbezogen werden. An die Prüfung der persönlichen Eignung dürfen jedoch wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern müssen stets in Beziehung zu den Bedürfnissen einer leistungsfähigen vorsorgenden Rechtspflege gesetzt werden. Gefordert ist eine Gesamtbewertung aller – gemessen an den persönlichen Anforderungen an einen Notar – aussagekräftigen Umstände, die in der Persönlichkeit und im früheren Verhalten des Bewerbers zutage getreten sind4. Die Annahme der Verhältnismäßigkeit im konkreten Einzelfall, die das Kammergericht auch unter dem persönlichen Eindruck des Notarbewerbers im Termin zur mündlichen Verhandlung gewonnen hat, ist nicht in einer die Zulassung der Berufung fordernden Weise angegriffen worden. Erforderlich ist eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei kann der Blick nicht allein auf die Schwere der Pflichtverletzung der unterbliebenen Angabe des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens in Anträgen auf Bestellung zum Notarvertreter begrenzt werden. Vielmehr sind alle unrichtigen Auskünfte in den Vertreterbestellungsanträgen zu berücksichtigen. Zugunsten des Notarbewerbers ist zu erwägen, dass er die Notarvertretungen beanstandungsfrei durchgeführt hat. Zugunsten des Notarbewerbers ist auch einzubeziehen, dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren im Verfahren um die Bewerbung als Notar angegeben und „nur“ bei den Anträgen auf Bestellung zum Notarvertreter nicht nochmals erwähnt wurde. Zugunsten des Notarbewerbers ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass die berufsgerichtlichen Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer in zwei Fällen mit der Benachrichtigung des Notarbewerbers über das Verfahren zugleich auch dessen Erledigung enthielt, so dass sich für ihn der Eindruck ergeben konnte, diese Verfahren seien nicht weiter von Bedeutung, wenngleich er diese Einschätzung letztlich der Beklagten zu überlassen hatte und es nichts an der Pflicht zur Angabe des Verfahrens änderte. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist weiter zu berücksichtigen, dass die Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer und die zivilrechtlichen Klageverfahren nicht in einer Weise geendet haben, die aus Sicht des Beklagten einer Bestellung zum Notarvertreter oder als Notar entgegengestanden hätten. Auf der anderen Seite fällt die Vielzahl der unrichtigen Auskünfte im Rahmen von Anträgen auf Notarvertreterbestellung zu Lasten des Notarbewerbers ins Gewicht. In der Gesamtabwägung verbleiben Zweifel an der persönlichen Eignung des Notarbewerbers zum Notar, da sein Verhalten einen sehr nachlässigen Umgang mit der Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Beantwortung der an ihn von der Landesjustizverwaltung gestellten Fragen erkennen lässt.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Juli 2014 – NotZ(Brfg) 3/14

  1. vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2012 – NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14 mwN[]
  2. BGH, Beschluss vom 10.03.1997 – NotZ 22/96, DNotZ 1997, 894[]
  3. vgl. BGH, Urteil aaO[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2012 – NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 17.03.2014 – NotZ(Brfg) 20/13[]