Ein durch das Verhalten der Klägerin begründeter Vertrauensverlust bei der Beklagten stellt einen einleuchtenden Grund für die Kündigung dar.

Die Kündigung ist in einem solchen Fall weder sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) noch treuwidrig (§ 242 BGB).
Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig iSv. § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Verstößt das Rechtsgeschäft – wie eine an sich neutrale Kündigung1 – nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung, muss ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, welches diesem zum Vorwurf gemacht werden kann. Hierfür genügt es im Allgemeinen nicht, dass vertragliche Pflichten verletzt werden. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann2.
Der Grundsatz von Treu und Glauben in § 242 BGB bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen. Eine Kündigung verstößt in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie auf willkürlichen, sachfremden oder diskriminierenden Motiven beruht3. Dieser Vorwurf scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung vorliegt. Ein solcher ist bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust grundsätzlich auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar sind4.
Ein durch das Verhalten der Geschäftsführerin begründeter Vertrauensverlust bei den Gesellschaftern stellt einen einleuchtenden Grund für die Kündigung dar. Ob die ordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH mit Rücksicht auf seine Vertrauensstellung als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft mit Unternehmerfunktion – sofern ihre formellen Voraussetzungen erfüllt sind – auch dann wirksam ist, wenn sie sich auf keinen anderen Grund als den Willen des kündigungsberechtigten Organs stützen kann5, bedurfte deshalb hier keiner Entscheidung seitens des Bundesarbeitsgerichts.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Juni 2020 – 2 AZR 374/19
- BAG 21.03.1980 – 7 AZR 314/78 – zu II 3 der Gründe[↩]
- BAG 05.12.2019 – 2 AZR 107/19 – Rn. 11; BGH 16.07.2019 – II ZR 426/17 – Rn. 24[↩]
- vgl. BAG 28.08.2003 – 2 AZR 333/02 – zu B III 1 und B III 1 b der Gründe[↩]
- vgl. BAG 05.12.2019 – 2 AZR 107/19 – Rn. 17[↩]
- vgl. BGH 03.11.2003 – II ZR 158/01[↩]
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- Time to say Goodbye: Geralt