Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters im aktienrechtlichen Spruchverfahren – und die Zinsen

Der für die Auslagen und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters festgesetzte Betrag ist in entsprechender Anwendung von § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verzinsen.

Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters im aktienrechtlichen Spruchverfahren – und die Zinsen

Der nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG für die Auslagen und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters festgesetzte Betrag ist in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 SpruchG, § 85 FamFG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 30.10.2020 zu verzinsen.

Das Festsetzungsverfahren nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG ist mit einem regulären Kostenfestsetzungsverfahren derart vergleichbar, dass darauf § 85 FamFG (i.V.m. § 17 SpruchG) anzuwenden ist.

Auch wenn die Festsetzung der Auslagen und der Vergütung des gemeinsamen Vertreters keine Kostenfestsetzung im Sinn von § 85 FamFG ist, so ähnelt sie ihr aufgrund der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens in § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG1. Die Festsetzung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG knüpft zwar nicht an eine richterliche Kostengrundentscheidung an. Einer solchen bedarf es angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG aber nicht. Es handelt sich bei der Festsetzung um einen rechtlich selbstständigen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, der im Prozessrechtsverhältnis wurzelt und verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten anknüpft2. Die Festsetzung eines solchen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist auch Gegenstand des regulären Kostensetzungsverfahrens. Es ist kein der entsprechenden Anwendung von § 85 FamFG entgegenstehender wesensmäßiger Verfahrensunterschied, dass die Festsetzung nach der in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 bzw. Nr. 6 SpruchG ausdrücklich abweichend geregelten funktionellen Entscheidungszuständigkeit nicht vom Rechtspfleger, sondern vom Gericht vorgenommen wird.

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Das gilt ebenso für den Einwand, dass § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG keinen Antrag erfordert. Auch wenn die Festsetzung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SpruchG von Amts wegen eingeleitet wird, wird sie ohne die Angaben des gemeinsamen Vertreters zu den Auslagen nicht möglich sein3. bb)) Der Ausspruch der Verzinsung der festgesetzten Kosten des gemeinsamen Vertreters ist im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des gemeinsamen Vertreters mit einem Rechtsanwalt geboten. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters kaum von der Tätigkeit der anwaltlichen Vertreter der Antragsteller im Spruchverfahren unterscheidet und der gemeinsame Vertreter einen ähnlichen Aufgabenzuschnitt und Arbeitsaufwand hat, wie die sonst am Verfahren beteiligten anwaltlichen Rechtsvertreter4. Deshalb sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Gebührentatbestände der Rechtsanwälte auf den gemeinsamen Vertreter so anzuwenden, als wäre er Verfahrensbevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten5. Da ein Rechtsanwalt über § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO den Ausspruch der Verzinsung seiner Kosten verlangen kann, ist deshalb konsequenterweise auch die Verzinsung des für den gemeinsamen Vertreter festgesetzten Betrags in entsprechender Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf seinen Antrag hin auszusprechen6. cc)) Die entsprechende Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf die Auslagen- und Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters ist nicht durch § 6 Abs. 2 Satz 4 SpruchG ausgeschlossen, wonach das Gericht den Zahlungsverpflichteten auf Verlangen des gemeinsamen Vertreters die Leistung von Vorschüssen aufgeben kann7. Die Möglichkeit des gemeinsamen Vertreters, einen Vorschuss vom Antragsgegner zu fordern, steht aufgrund seiner Tätigkeit, die sich in Aufgabenzuschnitt und Arbeitsaufwand kaum von der der sonst am Verfahren beteiligten Rechtsvertreter unterscheidet4, und die seine gebührenrechtliche Gleichbehandlung rechtfertigt5, einer Verzinsung der festgesetzten Vergütung entsprechend § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht entgegen. Auch ein Rechtsanwalt kann im Rahmen des § 9 RVG für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern, ohne dass diese Möglichkeit auf die Verzinsung seiner Vergütung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO Einfluss hat. Der geleistete Vorschuss ist als getilgter Betrag im Vergütungsfestsetzungsantrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 RVG abzusetzen8.

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Der festgesetzte Betrag ist entsprechend § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ab dem Eingang des Festsetzungsantrags zu verzinsen.

Die Verzinsung der festgesetzten Kosten beginnt mit dem Eingang des hierauf gerichteten Antrags, wenn die Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung vorliegen. Die Auslagen und Vergütung sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 SpruchG von Amts wegen festzusetzen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. November 2021 – II ZB 14/21

  1. vgl. BGH, Beschluss vom 22.10.2013 – II ZB 4/13, ZIP 2013, 2426 Rn. 10[]
  2. BGH, Beschluss vom 15.01.2019 – II ZB 2/16, ZIP 2019, 722 Rn. 41[]
  3. BGH, Beschluss vom 22.10.2013 – II ZB 4/13, ZIP 2013, 2426 Rn. 7[]
  4. RegE eines Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens [Spruchverfahrensneuordnungsgesetz], BT-Drs. 15/371, S. 14[][]
  5. BGH, Beschluss vom 22.10.2013 – II ZB 4/13, ZIP 2013, 2426 Rn. 14[][]
  6. so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.11.2013 I26 W 6/09 (AktE) 4; OLG München, Beschluss vom 24.10.2019 31 Wx 213/1719; Dreier in Dreier/Fritzsche/Verführt, SpruchG, § 6 Rn. 68[]
  7. so aber Lutter/Mennicke, UmwG, 6. Aufl., § 6 SpruchG Rn. 15 unter Verweis auf OLG Saarbrücken, Beschluss vom 19.02.2015 1 W 108/06, n.v.; KK-AktG/Wasmann, 3. Aufl., § 6 SpruchG Rn. 35 unter Verweis auf OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.03.2012 20 W 6/08 11[]
  8. Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl., § 11 Rn. 81; BeckOK RVG/v.Seltmann, Stand: 1.09.2021, § 11 Rn. 41[]
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