Beteiligungen an Schiffsfonds – zur Altersvorsorge

Beteiligungen an Schiffsfonds sind spektakuläre Anlagen, die sich nur für Anleger eignen, die Erfahrungen in Beteiligungen haben und bereit sind, die besonderen Risiken, die mit ihnen verbunden sind, auch einzugehen. Sie sind zur Altersvorsorge generell ungeeignet.

Beteiligungen an Schiffsfonds – zur Altersvorsorge

Schiffsfonds sind nur für Anleger geeignet, die erhebliche Erfahrungen mit derartigen Beteiligungen haben und auch bereit sind, die besonderen Risiken, die mit Schiffsfonds verbunden sind, auch einzugehen. Sie sind zur Altersvorsorge generell ungeeignet, weil es sich um hochspekulative Anlagen handelt, die mit sehr hohen Chancen aber auch mit außerordentlichen weitaus höheren Risiken, die vielfältige Ursachen haben können, verbunden sind.

Zum einen sind die Erfolgschancen von Schiffsfonds, sei es als Beteiligungen an Einschiffsgesellschaften oder Beteiligungen an Dachfonds über mehrere Einschiffsgesellschaften existenziell abhängig von Konjunktur und Krise der Seeschifffahrt. Existenzielle Krisen in der Seeschifffahrt, die zu ruinösen Wettbewerb, dem Zusammenbruch ganzer Märkte oder von Teilmärkten geführt haben, sind in der Vergangenheit jedoch in regelmäßigen Abständen aufgetreten, mit der Folge wellenartig auftretender Insolvenzen von Seeschiffen in großer Zahl.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Schifffahrtskrisen, die meist, aber nicht immer mit allgemeinen Wirtschafts- und Welthandelskrisen zusammenfallen. Dem Schifffahrtshistoriker Martin Stopford zufolge ist die Krise von 2008-14 bereits die 22. seit Mitte des 18. Jahrhunderts (Martin Stopford: Globalization and the Long Shipping Cycle, RINA President’s invitation lecture Cycle, 11.11.2009) . Die fortschreitende Globalisierung führt immer häufiger zu globalen als auch zu nationalen Seeschifffahrtskrisen; allerdings können sie von Segment zu Segment (z. B. Tankschifffahrt, Trockenschifffahrt) unterschiedlich ausgeprägt sein. Besonders bekannt geworden sind dabei in den letzten Jahrzehnten insbesondere die Tankerkrise in den siebziger Jahren, hervorgerufen durch ein Überangebot an Tankern im Zusammenhang mit der damaligen Ölkrise, sowie die schwere Schifffahrtskrise in den achtziger Jahren und die sogenannte Asienkrise in den neunziger Jahren, die verbunden mit einem Boom im Bau und Ausbau asiatischer Werften zu einem erheblichen Überangebot von Ladekapazitäten, damit verbunden zu einem Verfall der Schifffahrtspreise und den daraus folgenden zahlreichen Schiffsinsolvenzen führten, mit der Folge, dass zahlreiche Schiffe lange vor Erreichen ihres technischen Alters nur noch zum Schrottpreis zu veräußern waren.

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Im Reedergewerbe ist demgemäß auch die Rede von einem sogenannten zehnjährigen „Schweinezyklus“, einem auf und ab zwischen Boom und Marktzusammenbruch durch ruinöse Frachtraten und hierauf beruhendem Zusammenbruch der Preise für Schiffe. Weil dieses Phänomen bekannt ist, beteiligen sich Reeder an Schiffen, die regelmäßig als Einschiffsgesellschaften unter anderem zur Begrenzung des Risikos ausgestaltet sind, in der Regel nur im einstelligen Prozentbereich, wobei auch diesem Betrag in der Regel in übersteigende Rückflüsse in den ersten ein bis zwei Jahren gegenüberstehen.

Hinzu kommt für die Anleger, die sich an solchen Fonds beteiligen, dass dem von ihnen eingebrachten Kapital Sachsubstanz zur Absicherung ihres Kapitals nicht zur Verfügung steht.

Tatsächlich ist, anders als etwa bei Fonds, die sich an Grundstücken beteiligen, von einer Sachsubstanz der Schiffe, die das Beteiligungskapital der Anleger sichert, nicht auszugehen. Vielmehr ist eine dahingehende Erwartung als rein spekulativ zu beurteilen. Dies folgt vorliegend zum einen schon daraus, dass selbst bei planmäßigen Verlauf des Fonds der Kaufpreis der Schiffe bei Ablieferung insgesamt etwa 80 % des Gesamtkapitals betragen sollte, während die Darlehensvaluta der kreditgebenden Banken, die über die Schiffe abgesichert ist, schon rund 60 % ausmacht, die Gesamtverpflichtung aus den Darlehensverträgen bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist den Sachwert (Neupreis) der Schiffe bei Ablieferung deutlich übersteigt. Selbst bei planmäßigem Ablauf übersteigt frühestens nach 10 Jahren der jeweilige restliche Sachwert der Schiffe die Darlehensvaluta. Darüber hinaus ist selbst die Annahme des Sachwertes schon bei Ablieferung als auch bei Veräußerung der Schiffe am Ende der Laufzeit des Fonds spekulativ. Denn die Veräußerbarkeit der Schiffe und die dabei zu erzielende Preise hängen weniger von ihrem Sachwert, als vom Marktwert ab, der seinerseits durch die zu erzielenden Fracht- und Charterraten gebildet wird, so dass eines Teils bei steigenden Fracht- und Charterraten Kauferlöse weit über dem Sachwert erzielt werden können, bei sinkenden Fracht- und Charterraten Schiffe wegen des Verfalls der Fracht- und Charterraten nicht einmal die laufenden reinen Betriebskosten erwirtschaften können und auch bereits erheblich vor der prognostizierten Zeit von 20 Jahren nur noch zum Schrottwert im einstelligen Prozentbereich des Kaufpreises veräußert werden können. Dies hat zur Folge, dass aus den Erlösen nicht einmal die vorrangigen Ansprüche der Darlehensgeber befriedigt werden können. Letzteres ist jedoch gerade dann der Fall, wenn Schifffonds mangels kostendeckender Charterraten in die Krise geraten. Unerheblich ist insoweit, ob sich das Risiko, dass die Verkaufserlöse der Schiffe nicht zur Deckung des Beteiligungskapitals dienen, in der jüngsten Vergangenheit vor dem Vertrieb der Schiffsfonds nicht realisiert hatte, denn allein die Tatsache, dass es in den vergangenen fünf Jahren gut gegangen ist, ändert nichts am spekulativen Charakter einer Kapitalanlage in Schiffsbeteiligungen.

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Danach widersprach die Empfehlung des Anlageberaters, die streitgegenständlichen Beteiligungen zu erwerben, den Grundsätzen einer anleger- und anlagegerechten Beratung. Nach dem Inhalt der Beratungsgespräche, sowie sie dokumentiert sind, und wie sich aus der Aussage des Anlageberaters auch nicht anders ergeben, war es dem Anleger daran gelegen, das bisher anderweitig angelegte Geld zur Altersvorsorge anzulegen, im Hinblick darauf, dass er aufgrund geänderter Bedingungen seines Dienstverhältnisses künftig eine geringere Pension zu erwarten hat. Dies ist auch aus den Beratungsprotokollen zu entnehmen, obwohl insoweit auch Widersprüche in den Protokollen sind. Jedenfalls hätte es dem Zeugen, sofern er meinte, dem Anleger sei es auch um eher riskante Anlagen gegangen, ihn auf den hochspekulativen Charakter und die fehlende Eignung hinzuweisen, insbesondere deshalb, weil es sich um einen relativ hohen Anteil des gesamten dem Anleger an liquiden Mitteln zur Verfügung stehenden Kapitals handelte. Davon ist ersichtlich, auch wenn man der Aussage des Anlageberaters folgte, nicht die Rede gewesen, zumal der Anlageberater die Schiffsbeteiligungen offenbar als sicher und ertragreich angesehen hat, wohl aufgrund der ihm von der Bank bzw. der private finance AG zur Verfügung gestellten Unterlagen.

Die Anlageentscheidung beruht auch auf den Beratungsgesprächen mit dem Anlageberater, es ist auch zu vermuten, dass der Anleger bei ordnungsgemäßer Beratung ein anderes Produkt, das sicherer gewesen wäre, gewählt hätte.

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Der Anspruch ist im vorliegenden Fall auch nicht verjährt. Denn die dafür darlegungs- und beweispflichtige Bank hat nicht hinreichend dargetan, dass dem Anleger in verjährter Zeit der spekulative Charakter der Produkte bekannt geworden ist oder hätte bekannt sein müssen. Allein aus der Tatsache, dass nach kurzer Zeit bereits keine Ausschüttungen mehr entstanden, lässt sich dies nicht entnehmen. Der Anleger handelte auch nicht grob fahrlässig, wenn er aufgrund der mangelnden Ausschüttungen keine weiteren Nachforschungen hinsichtlich des Charakters der Anlage, insbesondere ihres spektakulären Charakters und des erheblichen Totalverlustrisikos tätigte.

Soweit die Bank meint, der Anleger habe aufgrund der Angaben in den Flyern und in den Beitrittserklärungen einen Widerspruch zu dem Inhalt der Beratungsinhalten des Anlageberaters feststellen und deshalb die Prospekte eingehend studieren müssen, so vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Zum einen ist der Anlageberater nach seinen eigenen Äußerungen im Termin davon ausgegangen, dass es sich um ein für die Altersvorsorge geeignetes Produkt handle, wie der Anleger dies in seiner mündlichen Anhörung erklärt hat. Die Hinweise lassen demgegenüber nur das Bestehen eines theoretischen Risikos erkennen, nicht aber dessen Ausmaß. Der Anleger konnte danach auf die Äußerungen des Anlageberaters vertrauen, zumal er im Übrigen mit dem Zeugen sehr gute Erfahrung gemacht hatte. Zum anderen sind in den Prospekten, wie auch in dem unstreitig vorliegenden Flyer sämtliche Risiken eher bagatellisierend dargestellt. Eine Gewichtung der im Prospekt angegeben Risiken nach Wahrscheinlichkeit und Ausmaß ist durchweg unterblieben, für einen Laien ist kaum zu erkennen, welche Risiken vernachlässigbar und welche ernsthaft und existenziell sind.

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Der Höhe nach ist die Klage hinsichtlich des Hauptanspruchs begründet. Dem Anleger steht das investierte Kapital einschließlich Agio, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen zu. Soweit der Anleger darüber hinaus entgangenen Gewinn in Höhe von 4% geltend gemacht hat, waren ihm lediglich 2% zuzusprechen. Das Gericht vermag ohne weitere Angaben nicht festzustellen, dass der Anleger in fraglicher Zeit tatsächlich 4% Zinsen erzielt hätte, dass der Anleger für langfristige sichere Anlagen seit dem Einlagezeitpunkt im Durchschnitt jedenfalls 2% erzielt hätte, hält das Gericht aufgrund des damals herrschenden Kapitalmarkts für hinreichend erwiesen (§ 287 ZPO).

Landgericht Itzehoe, Urteil vom 6. Oktober 2016 – 7 O 236/13