Kosten aus Amtspflichtverletzungen der BaFin

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann die Kosten aus Amtspflichtverletzungen im Wege der Umlage von den von ihr beaufsichtigten Finanzinstituten einfordern. Dem stehen nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts weder das Gesetz über die Bundesanstalt (FinDAG) und die dazu ergangene Kostenverordnung noch Verfassungsrecht entgegen.

Kosten aus Amtspflichtverletzungen der BaFin

Die Klägerin unterliegt als Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche der Aufsicht der Beklagten, die die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vollständig durch Gebühren und – zum weit überwiegenden Teil – durch Umlage ihrer Kosten auf die beaufsichtigten Institute und Unternehmen zu finanzieren hat.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zu den umlagefähigen Kosten auch Schadensersatzzahlungen der BaFin aufgrund von Amtspflichtverletzungen ihrer Bediensteten bzw. der Beschäftigten ihrer Rechtsvorgänger gehören. In die Berechnung von Umlagevorauszahlungen für das Jahr 2009 hat die Beklagte erstmals derartige Aufwendungen eingestellt. Hiergegen wendet sich die Klägerin, die durch drei, verschiedene Aufsichtsbereiche der Beklagten betreffende, Bescheide zur Umlagevorauszahlung herangezogen worden ist. Ihre Widersprüche und Klagen vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main sind erfolglos geblieben1. Mit den in allen drei Verfahren vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevisionen verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, der Staat habe die finanziellen Folgen von Amtspflichtverletzungen zu tragen und könne diese nicht auf die beaufsichtigten Unternehmen abwälzen. Andernfalls müsste ein geschädigtes Institut zumindest einen Teil seines Schadens selbst tragen.

Dieser Argumentation folgte das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht und entschied, dass der Kostenbegriff des FinDAG auch haushaltsmäßig veranschlagte Zahlungen wegen Amtspflichtverletzungen umfasst, soweit sie – wie hier – im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung der BaFin entstanden sind. Art. 34 Satz 1 GG, wonach der Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der fehlerhaft handelnde Amtswalter steht, grundsätzlich für Ansprüche aus Amtspflichtverletzung haftet, gebietet keine andere Auslegung. Denn Zweck des Art. 34 Satz 1 GG ist es, dem Geschädigten einen liquiden Schuldner zu verschaffen, nicht aber generell eine Einstandspflicht für den Staat aus Amtshaftung zu begründen, die der Refinanzierung im Wege einer Umlage nicht zugänglich wäre. Auch aus dem Recht der Finanzverfassung kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Zwar müssen die Kosten der Verwaltungsführung grundsätzlich aus Steuern und dürfen nur ausnahmsweise aus Umlagen aufgebracht werden. Die besonderen Rechtfertigungsanforderungen für derartige Sonderabgaben sind hier aber erfüllt. Die Amtshandlung, die zur Schadensersatzpflicht der BaFin führte, diente der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, denen die homogene Gruppe der beaufsichtigten Unternehmen und Institute signifikant näher steht als der allgemeine Steuerzahler. Der Umstand, dass die Finanzdienstleistungsunternehmen einer staatlichen Aufsicht unterliegen, erhöht das allgemeine Vertrauen in die Funktionsfähigkeit und Lauterkeit des Kredit-, Versicherungs- und Wertpapiermarkts, wovon die Unternehmen ihrerseits profitieren. Zu den Kosten, die aus dieser Aufsichtsführung entstehen, gehören auch Aufwendungen für Ersatzpflichten. Das Aufkommen aus der Umlage wird auch insoweit gruppennützig verwendet. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob die beaufsichtigten Institute aus der einzelnen Aufsichtsmaßnahme einen Vorteil haben. Entscheidend ist, ob es sich um Kosten handelt, die durch die Aufsichtsführung verursacht wurden.

BVerwG 8 C 20.10 – Urteil vom 23. November 2011

  1. VG Frankfurt/Main, Urteile vom 30.09.2010 – 1 K 1059/10.F, 1 K 1060/10.F und 1 K 1061/10.F[]