Steuerberatervergütung trotz Treuepflichtverletzung

Kann der Vergütungsanspruch eines Steuerberaters für erbrachte Beratungsleistungen unter dem Gesichtspunkt einer schwerwiegenden (Treue-)Pflichtverletzung verwirkt sein? Mit dieser Frage hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen:

Steuerberatervergütung trotz Treuepflichtverletzung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Gedanke des § 654 BGB bei einem Anwaltsvertrag nur dann zum Ausschluss der anwaltlichen Gebührenforderung führen, wenn der Rechtsanwalt sich des vorsätzlichen Parteiverrats im Sinne von § 356 StGB schuldig gemacht – und damit eine dem Tatbestand des § 654 BGB vergleichbare unlautere Tätigkeit „für den anderen Teil“ verwirklicht – hat1. Diese Rechtsprechung geht mit auf die Erwägung zurück, dass das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistung kennt und der Verwirkung des Anspruchs auf Entgelt für tatsächlich geleistete Dienste somit enge Grenzen gesetzt sind2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen lagen für den Bundesgerichtshof die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs des Steuerberaters trotz strafrechtlicher Relevanz seines Handelns nicht vor: Die unerlaubte Verwendung von Mitteln aus dem Vermögen der Beklagten für die Begleichung der Kosten des Erwerbs der Gesellschaftsanteile genügt hierfür – unabhängig von der Frage, ob dadurch die Merkmale einer strafbaren Untreue (§ 266 StGB) erfüllt worden sind – nicht.

Denn diese Handlung stellt sich nicht als eine „Doppeltätigkeit“ des Klägers „für den anderen Teil“, also etwa für Konkurrenten oder sonstige Vertragspartner der Beklagten, dar, wie sie mit dem in § 654 BGB oder § 356 StGB beschriebenen Tatbestand vergleichbar wäre. Auch § 242 BGB fordert in solchen Fällen – unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung – einen Wegfall des Anspruchs auf Vergütung tatsächlich geleisteter Dienste jedenfalls dann nicht, wenn wie hier der Dienstvertrag wegen vertragswidrigen Verhaltens des Dienstverpflichteten gemäß § 626 BGB wirksam fristlos gekündigt worden und der Dienstberechtigte daher gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Vergütung der erbrachten Dienstleistungen insofern nicht verpflichtet ist, als diese infolge der Kündigung für ihn kein Interesse haben3.

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Soweit der Bundesgerichtshof den Vergütungsanspruch von zu besonderer Treue verpflichteten Amtsinhabern – wie etwa den Testamentsvollstrecker4, den Insolvenzverwalter5 oder den Zwangsverwalter6 – bei besonders schwerwiegenden (Treue-)Pflichtverletzungen gemäß oder entsprechend §§ 242, 654 BGB als verwirkt angesehen hat, verhilft dies dem Verwirkungseinwand der Beklagten nicht zum Erfolg, da der Kläger nicht zu dem angesprochenen Personenkreis zählt und seine durch den „Beratungsvertrag Sanierung“ vermittelte Position mit der besonderen Funktion und Stellung der genannten Amtsinhaber nicht gleichzusetzen ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Mai 2011 – III ZR 107/10

  1. siehe BGH, Urteile vom 15.01.1981 – III ZR 19/80, NJW 1981, 1211, 1212 mwN; vom 15.07.2004 – IX ZR 256/03, NJW 2004, 2817; und vom 23.04.2009 – IX ZR 167/07, NJW 2009, 3297, 3300 f. Rn. 37[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2004, a.a.O., mwN[]
  3. vgl. zu Letzterem BGH, Urteil vom 30.03.1995 – IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954[]
  4. BGH, Urteile vom 05.05.1976 – IV ZR 53/75, WM 1976, 771, 772; und vom 13.06.1979 – IV ZR 102/77, DNotZ 1980, 164 f[]
  5. BGH, Beschluss vom 06.05.2004 – IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 131 f.[]
  6. BGH, Beschluss vom 23.09.2009 – V ZB 90/09, NJW-RR 2009, 1710 Rn. 11 ff.[]