Abbruch einer eBay-Auktion

Der Verkäufer kann eine von ihm initiierte eBay-Auktion abbrechen, wenn er nachträglich einen Irrtum über die Mangelfreiheit der angebotenen Sache entdeckt.

Abbruch einer eBay-Auktion

Der Anbieter eines Verkaufsangebots bei ebay kann nach den im September 2013 auf der Internet-Plattform vorfindlichen Hinweisen sein Angebot unter anderem dann vorzeitig beenden, „wenn Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben“. Danach ist aus der Sicht eines vernünftigen Erklärungsempfängers auf Bieterseite die Angebotsrücknahme jedenfalls dann gestattet, wenn bei Abgabe des Angebots eine fehlerhafte Vorstellung des Anbieters über ein solches Merkmal der Kaufsache vorlag, welches ihre Gebrauchstauglichkeit nicht nur unerheblich beeinflusst und sich daher auf ihren Verkehrswert auswirkt. Das ist bei einem von dem Anbieter erst nachträglich festgestellten Sachmangel in der Form eines Schadens am Katalysator, der sich durch Leistungsabfall und ein Ruckeln des Fahrzeugs bemerkbar macht, der Fall.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Kaufvertrag im Rahmen einer bei eBay durchgeführten Internetauktion durch Willenserklärungen der Parteien – Angebot und Annahme – gemäß §§ 145 ff. BGB zustande. Dabei richtet sich der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (nachfolgend: eBay-AGB), denen die Parteien vor der Teilnahme an der Internetauktion zugestimmt haben1. In die Auslegung der Willenserklärung des Verkäufers ist deshalb die Bestimmung von § 10 Abs. 1 eBay-AGB über das Zustandekommen eines Vertrages einzubeziehen.

Indem der Verkäufer auf der Website von eBay das Fahrzeug mit einem Startpreis von 1 € zur Versteigerung anbot und die Auktion startete, gab er ein verbindliches Verkaufsangebot ab, das sich an den richtete, der innerhalb der auf zehn Tage angesetzten Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgibt2. Wegen der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB ist das Verkaufsangebot des Verkäufers aus Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 BGB) allerdings dahin zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht3. Denn § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB räumt dem Anbietenden unter der dort genannten Voraussetzung das Recht ein, sein Angebot vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen. Ferner regelt § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB, dass bei einer berechtigten Angebotsrücknahme kein Vertrag zustande kommt.

Die Voraussetzungen einer berechtigten Angebotsrücknahme waren in dem hier vom Landgericht Heidelberg entschiedenen Fall erfüllt: Der vom Sohn des Verkäufers am Vormittag des 22.09.2013 festgestellte Schaden am Katalysator des Fahrzeugs, der sich durch Leistungsabfall und ein Ruckeln des Fahrzeugs bemerkbar machte, berechtigt den Verkäufer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB zur Angebotsrücknahme.

§ 10 Abs. 1 S. 5 der eBay-AGB bezeichnet nur vage, dass der Anbieter sein Angebot zurücknehmen kann, wenn er gesetzlich dazu berechtigt ist. Diese Bezugnahme auf eine gesetzliche Berechtigung ist nicht im engen Sinne einer Verweisung nur auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung von Willenserklärungen zu verstehen. Vielmehr sind die Hinweise von eBay, in denen als Gründe zur Angebotsbeendigung aufgeführt sind, dass der Artikel „ohne Ihr Verschulden verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar“ ist oder der Verkäufer „beim Eingeben des Angebots, des Startpreises oder des Mindestpreises einen Fehler gemacht“ hat, heranzuziehen4.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Sinsheim5, das sich insoweit auf bereits früher in der Rechtsprechung entschiedene Fälle bezieht, besteht für den Verkäufer schon aufgrund der vorgenannten Hinweise eine Berechtigung zur Angebotsrücknahme jedenfalls dann, wenn der zu versteigernde Gegenstand einen Mangel aufweist, den der Anbieter nicht zu vertreten hat. Einer solchen Auslegung tritt auch der Bieter nicht entgegen. Wohl aber bekämpft er die weiter gehende Auffassung des Amtsgerichts Sinsheim, wonach es für die Berechtigung zur Angebotsrücknahme ausreiche, wenn der Verkäufer einen bereits bei Angebotseinstellung vorhandenen Mangel erst nachträglich feststellt6.

Dass der Verkäufer zur Angebotsrücknahme berechtigt war unter der Voraussetzung, dass er einen bereits bei Angebotseinstellung vorhandenen Mangel erst nachträglich festgestellt hat, hält das Landgericht im Ergebnis für zutreffend. Es erscheint allerdings nicht zweifelsfrei, ob sich dieses einschränkende Verständnis seines Versteigerungsangebots bereits auf die vorgenannten Hinweise von eBay stützen kann. Immerhin ist unter „Beschädigung“ ein von außen kommendes Ereignis, das sich negativ auf den Zustand der Sache auswirkt, zu verstehen, so dass ein „Mangel“ im Sinne eines in dem zu verkaufenden Gegenstand angelegten oder vorhandener Defekts nicht darunter zu fassen wäre7.

Dies kann jedoch dahinstehen, weil sich die Berechtigung des Verkäufers zur Angebotsrücknahme jedenfalls bei Einbeziehung der weiteren Hinweise auf der eBay-Plattform aus der gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines vernünftigen Erklärungsempfängers ergibt.

Unter der Überschrift „Wie beende ich mein Angebot vorzeitig?“ ist formuliert: „Es kann vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen, zum Beispiel, wenn Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht“. Zwar ist nach dem letzten Halbsatz dieser Formulierung eine Rücknahme des Angebots (nur) wegen einer Beschädigung oder des Verlustes des zu verkaufenden Artikels gestattet, die während der Angebotsdauer eintreten. Ein Mangel ist nicht erwähnt. Gemäß dem ersten Halbsatz genügt jedoch die nachträgliche Feststellung, dass der Anbieter sich beim Einstellen des Artikels „geirrt“ hat. Dies kann ein vernünftiger Erklärungsempfänger – entsprechend der allgemeinen Irrtumsdefinition (vgl. § 119 BGB) – nur dahin verstehen, dass eine Angebotsrücknahme auch dann gestattet sein soll, wenn der Wille und die Erklärung des Verkäufers auseinanderfallen. Ob bei vernünftigem Verständnis bereits jeder (beliebige) Irrtum des Anbieters im Zusammenhang mit dem Angebot genügen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls muss aus der Sicht eines vernünftigen Erklärungsempfängers eine fehlerhafte Vorstellung des Anbieters über eine solche Eigenschaft bzw. ein solches Merkmal der Kaufsache erfasst sein, welches ihre Gebrauchstauglichkeit nicht nur unerheblich beeinflusst und sich daher auf ihren Verkehrswert auswirkt. Denn dem Anbieter, der einen solchen Irrtum nachträglich erkennt, ist klar, dass er – wie im Falle der Beschädigung oder des Verlustes – einem potentiellen Käufer die Kaufsache nicht in dem Zustand wird verschaffen können, den er seinem Angebot bei Abgabe zugrunde gelegt hat.

Landgericht Heidelberg, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 3 S 27/14

  1. vgl. nur BGH, Urteil vom 08.06.2011 – VIII ZR 305/10, NJW 2011, 2643, Tz. 15 bei juris m.w.N.[]
  2. vgl. BGH aaO[]
  3. BGH aaO[]
  4. BGH aaO Tz. 23; LG Bochum, Urteil vom 18.12.2012 – I-9 S 166/12, 9 S 166/12 – LG Bonn, Urteil vom 05.06.2012, Az. 18 O 314/11; AG Menden, Urteil vom 24.08.2011, Az. 4 C 390/10; AG Nürtingen, Urteil vom 16.01.2012, Az. 11 C 1881/11, jeweils zitiert nach juris[]
  5. AG Sinsheim, Urteil vom 30.07.2014 – 3 C 200/13[]
  6. vgl. für eine allerdings ältere abweichende Fassung LG Bonn, Urteil vom 05.06.2012 – 18 O 314/11, mit Verweis auf AG Nürtingen, Urteil v. 16.01.2012 – 11 C 1881/11; LG Bochum, Urteil vom 18.12.2012 – I-9 S 166/12, 9 S 166/12 – sowie zuletzt auch BGH, Beschluss vom 22.10.2013 – VIII ZR 29/13[]
  7. vgl. etwa LG Bochum, Urteil vom 18.12.2012 – I-9 S 166/12, 9 S 166/12 . Tz. 46 in juris[]