Das von einer Leihmutter ausgetragene Fohlen – und sein Züchter

Wer ist der Züchter eines Fohlens, wenn derjenige, bei dem eine in fremdem Eigentum stehende Stute untergestellt ist, diese entsprechend einer Vereinbarung mit der Eigentümerin der Stute auf seine Kosten decken und die befruchtete Eizelle im Wege des Embryotransfers in eine ihm gehörende Austragungsstute einsetzen lässt? Mit dieser Frage hatte sich aktuell der Bundesgerichtshof zu befassen.

Das von einer Leihmutter ausgetragene Fohlen – und sein Züchter

In dem hier entschiedenen Streitfall hatte die Eigentümerin des höchst erfolgreichen Dressurpferdes „Weihegold“ geklagt. Sie brachte die Stute 2011 auf den Hof des beklagten Reitmeisters und vereinbarte mit ihm, dass das Pferd von ihm zur Grand-Prix-Reife ausgebildet wird. Dieser übernahm die Kosten für Pflege, Unterbringung und Beritt. Im Gegenzug räumte die Eigentümerim von „Weihegold“ ihm das Recht ein, alle ein bis zwei Jahre einen Embryo aus „Weihegold“ zu entnehmen, um hierdurch Fohlen zu gewinnen.

2012 ließ der Reitmeister „Weihegold“ durch den Hengst „Apache“ besamen, nach zwölf Tagen die befruchtete Eizelle entnehmen und einer in seinem Eigentum stehenden Austragungsstute einsetzen. 2013 gebar diese Stute das Fohlen. Auf Veranlassung des Reitmeisters stellte der Zuchtverband, ein vereinsrechtlich organisierter Verband von Pferdezüchtern, für das Fohlen einen sogenannten Equidenpass und eine Eigentumsurkunde aus. In beiden Papieren ist der Reitmeister als Züchter eingetragen.

Die Eigentümerin von „Weihegold“ machte nunmehr geltend, nicht der Reitmeister, sondern sie sei als Eigentümerin der genetischen Mutterstute die Züchterin des Fohlens. Sie verlangt von den beklagten Zuchtververband und deren Geschäftsführer, den ausgestellten Equidenpass und die Eigentumsurkunde einzuziehen und unbrauchbar zu machen. Vom Reitmeister verlangt sie die Herausgabe dieser Papiere an den Zuchtverband.

Weiterlesen:
Ein konkurrierender Mops und die Überprüfung der Zuchtfähigkeit

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Münster hat die Klage abgewiesen1, das Oberlandesgericht Hamm die Berufung zurückgewiesen2. Und auch der Bundesgerichtshof gab nun dem Reitmeister Recht und wies auch die Revision der „Weihegold“-Eigentümerin zurück:

Die von ihr geltend gemachten Ansprüche setzen voraus, dass der Reitmeister in den vorgenannten Urkunden zu Unrecht als Züchter eingetragen wurde. Das ist, wie die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei erkannt haben, nicht der Fall. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts, der zwischen der „Weihegold“-Eigentümerin und dem Reitmeister geschlossene Vertrag sei dahingehend auszulegen, dass der Reitmeister Züchter des aus der Embryoentnahme gewonnenen Fohlens habe sein sollen, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Reitmeister wurde durch die mit der Eigentümerin der Stute getroffene Vereinbarung die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen. Er hat die Wahl des Deckhengstes getroffen, die Austragungsstute ausgewählt und erworben, die Deckprämie und die mit Embryoentnahme und -transfer verbundenen finanziellen Belastungen getragen sowie die Tierärzte beziehungsweise Kliniken ausgesucht und beauftragt. Die „Weihegold“-Eigentümerin hat hingegen dem Reitmeister lediglich die Freigabe zur Embryoentnahme erteilt. Bei dem gesamten Vorgang der Erzeugung des Fohlens hat sie kein Mitspracherecht gehabt.

Soweit der Begriff des Züchters in den verbands- und vereinsrechtlichen Regelungen des Zuchtverbandes und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung definiert wird, stehen diese Bestimmungen – ihre Anwendbarkeit unterstellt – der vom Oberlandesgericht Hamm vorgenommenen Auslegung des zwischen der „Weihegold“-Eigentümerin und dem Reitmeister geschlossenen Vertrages nicht entgegen, sie lassen abweichende Vereinbarungen zur Züchtereigenschaft zu.

Weiterlesen:
Auf der Pferdeauktion gibt es keine Verbrauchsgüter

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2020 – III ZR 55/19

  1. LG Münster, Urteil vom 09.05.2018 – 010 O 197/16[]
  2. OLG Hamm, Urteil vom 11.04.2019 – I-5 U 56/18[]

Bildnachweis: