Der Arzt und seine Aufklärungspflicht

Ein Patient muss vor einer Operation über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt werden. Dazu gehört auch, dass der Arzt über ein seltenes, den Patienten aber erheblich beeinträchtigendes Risiko des Eingriffs aufklärt. Es ist unzureichend, wenn in einem schriftlichen Aufklärungsformular ohne weitere Erläuterungen im Aufklärungsgespräch der bloße Hinweis „Nervschädigung“ vorhanden ist.

Der Arzt und seine Aufklärungspflicht

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Koblenz in dem hier vorliegenden Fall der Berufung eines Arztes nicht stattgegeben. Der beklagte Zahnarzt setzte der Klägerin im Jahre 2008 zwei Implantate ein. Infolge des Eingriffs leidet die Klägerin unter einer dauerhaften Nervschädigung. Sensibilitätsstörungen und Schmerzen insbesondere beim Kauen beeinträchtigen sie täglich. Die Klägerin hat dem beklagten Arzt u.a. vorgeworfen, sie über die Behandlungsrisiken und Behandlungsalternativen nicht hinreichend aufgeklärt zu haben. Mit Urteil vom 28. März 2012 hat das Landgericht Trier der Klägerin u.a. 7000,- Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Dagegen hat der Arzt Berufung eingelegt.

Nun hat das Oberlandesgericht Koblenz bestätigt, der Beklagte habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, die Klägerin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben. Die Ärztin, die das Aufklärungsgespräch mit der Klägerin führte, habe sich an den konkreten Inhalt des Gesprächs nicht mehr erinnern können.

Und auch durch das schriftliche Formular sei keine hinreichende Aufklärung der Klägerin erfolgt. Zwar stand im schriftlichen Aufklärungsbogen, die Behandlung berge das Risiko der „Nervschädigung“. Daraus erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass die Nervschädigung zu einem dauerhaft verbleibenden Schaden mit nicht mehr zu beseitigenden Sensibilitätsstörungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung der Patientin besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne.

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Wegen der unzureichenden Aufklärung habe die Klägerin – die bei ordnungsgemäßer Information eine andere Behandlung gewählt hätte – in den Eingriff nicht wirksam eingewilligt, was zur Haftung des Beklagten für die schädlichen Folgen der Behandlung führe.

Oberlandesgericht Koblenz, Beschlüsse vom 6. Juli 2012 und 22. August 2012 – 5 U 496/12